Aktuelle News zum Nationalpark, Waldbrand und Waldentwicklung

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Feuerliste 2024

Harzbrand: Und täglich grüßt das Murmeltier äh Totholz

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Ja, es geht wieder einmal um Totholz und natürlich um Waldbrände. Ja, fast alles in diesem Beitrag findet sich schon an anderer Stelle in diesen News. Aber das Thema "Totholz und Nationalpark" kocht durch den erneuten Brand am Brocken im Harz im September 2024 wieder einmal hoch, und das ist gut so. Denn die Rolle des Totholzes ist nach wie vor strittig zwischen Naturschutz und Feuerwehr. Brandlast und Gefahr eines Megafeuers nehmen (nicht nur meiner begründbaren Meinung nach) immer weiter zu, vor allem in unserem Nationalpark. Ich kann den auf dieser Seite zitierten Beitrag (allerdings in Englisch) immer wieder nur empfehlen, er ist keine Übertreibung!

Brand am Brocken

Anfang September gab es abermals einen Großbrand unter dem Brocken im Harz, möglicherweise wieder durch Dampfloks ausgelöst (die selbst bei der zweithöchsten Waldbrandwarnstufe noch fahren durften). Wem die Details nicht mehr geläufig sind: Der böse Krake Google ist Dein Freund.

Wir interessieren uns hier für etwas anderes. Folgendes Bild der ersten Brandnacht kursierte durch viele Medien:
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Wenn man rechts hinter den Feuerschein schaut, sieht man überall Brandstellen, weit verteilt. Und das wurde mir auch um eine Ecke bestätigt: Zumindest am ersten Tag gab es ausgedehntes Flugfeuer. Ich kann es nicht oft genug wiederholen: Das ist der Schrecken aller Feuerwehrleute, denn dadurch kann sich Feuer unkontrolliert und nicht vorhersehbar ausbreiten. Es gibt keine Feuerfront, und die effektive Ausbreitungsgeschwindigkeit hängt praktisch nur noch vom Wetter ab. Die Gefahr, vom Feuer eingeschlossen zu werden, ist beträchtlich (und das passierte ja auch 2022 in der böhmischen Schweiz zu Anfang).

Und ich bin nicht allein mit der Erkenntnis, dass solches Flugfeuer gerade durch dicke Nadelholzstämme entsteht, die ja angeblich nur außen verkohlen (außer auf unzähligen Hektars im böhmischen Brandgebiet, wo von vielen Stämmen nichts mehr übrig blieb). Eine Quelle dazu habe ich bereits in einem früheren News-Beitrag unter der Überschrift "Problematik von Waldbränden auf Kalamitätsflächen" zitiert.

Welches horrendes Problem das Totholzmikado für die Feuerwehr darstellte, wurde oft geschrieben - aber die Rolle für das Flugfeuer scheint immer noch nicht geläufig zu sein. Zum Glück hatte man in Harznähe (Ballenstedt) inzwischen sogar schon zwei kleine Löschflugzeuge stationiert, Hubschrauber waren schnell im Einsatz - und der Lufteinsatz war überhaupt möglich.

Was sagt der Nationalpark zum Totholz?

Ein Jahr vor diesem Brand und ein Jahr nach dem großen Brand 2022 veröffentlichte der Nationalpark Harz ein Schreiben unter der bezeichnenden Überschrift "Fakten" (Quelle). Dort heißt es u.a.:

Die abgestorbenen Fichten – stehend und später liegend – ... sind in vollständig getrocknetem Zustand gemäß Baustoffklasse B2 "normal entflammbar" und stellen keine erhöhte Brandgefahr ggü. lebenden Nadelholzbeständen mit Feinreisig im Geäst, ätherischen Ölen in den Nadeln u. teils dicker Nadelstreuauflage auf dem Boden dar.

Es stimmt ja - ein Kronenbrand im Nadelwald ist viel schlimmer -, aber die Dynamik und Intensität eines Feuers im dichten Totholzmikado bleibt hier außen vor. Doch das Paper enthält noch weitere abenteuerliche Thesen - die Fichten

Das entspricht nicht ganz den Beobachtungen in unserem Nationalpark, und auch die Bilder vom Harz zeigen Anderes. Ich hoffe, die Ansichten im Nationalpark Harz haben sich nach den zahlreichen Protesten und dem zweiten Großbrand wenigstens etwas gemildert. Aber ein weiteres Argument aus dieser Veröffentlichung hörte ich gerade auch aus der Sächsischen Schweiz (Nationalparkverwaltung, evtl. auch Feuerwehr):

Zusätzliche Brandschutzschneisen machen zudem weitere (brand)sensible Bereiche d. Gebietes für Besucher(innen) zugänglich, mit der Möglichkeit des Lagerns u. daraus folgend der großen Gefahr des Entzündens von Lagerfeuern, was bereits im Rahmen der schon bestehenden Infrastruktur ein großes Problem darstellt.

Das wird nämlich auch als Argument gegen die vom Sächsischen Bergsteigerbund geforderten "Schlauchwege", im Harz "Totholzschneisen" genannt, angebracht (und dass sie zu schnell zuwachsen, also Aufwand bei der Freihaltung bedeuten - da sträuben sich mir die Haare). Schlauchwege sollen aber Sackgassen sein in besonders kritische Gebiete, gerade breit und gangbar genug, damit ein Feuerwehrkamerad den Schlauch dort verlegen kann. So könnte man etwas näher an sonst unzugängliche Brandherde kommen. Es hieß, im Brandfall könne man sich schon schnell genug durchsägen. Na, dann mal los.

Was sagen die Fachleute?

Der Forstwissenschaftler Prof.Irslinger hat zur Totholzrolle in "AFZ Wald" schon 2022 in der Rubrik "Meinung" einen kurzen, kritischen Artikel verfasst und schreibt:

Wer allerdings fordert, die Wälder sich selbst zu überlassen, geht einer ökopopulistischen Politik auf den Leim und nimmt noch weit verheerendere Flächenbrände in Kauf.

Und weiter unten heißt es:

Die Brandlast der deutschen Wälder ist insofern mehrfach höher als die der Wälder Südeuropas.

Im Feuerwehrmagazin findet sich in einer Zusammenfassung (Hervorhebung von mir):

Beim Brand unterhalb des Brockens erschwerte Totholz im Nationalpark Harz beispielsweise den Zugang für die Einsatzkräfte. Und in der sächsischen Schweiz bot Totholz dem Feuer reichlich Nahrung.

In vielen deutschen Wäldern bleiben abgestorbene Äste oder Bäume einfach liegen und verrotten. In Südeuropa dagegen entfernen Verantwortliche Totholz möglichst umgehend aus dem Wald. Es sei eine zu große Brandlast, heißt es.

Man schlägt Schutzzonen um Siedlungen vor (so wie bei uns hier geschehen). Aber da gibt es gleich Kontra in einem Kommentar:

Dr. Ulrich Cimolino 6. August 2023, 11:24

Ich habe jetzt den ganzen Artikel (noch) nicht gelesen, aber zu dem Text und Bild oberhalb:
Wo speichern die toten, stehenden Stämme Wasser? Das sind Witwenmacher, sonst nix!
Und kreuz und quer liegende Stämme oder Äste auf Südhängen speichern auch kein Wasser, sondern erschweren der Feuerwehr den Zugang – bis zur Unmöglichkeit, das Feuer dort überhaupt noch ohne gigantischen Aufwand und hohen Gefahren erreichen zu können!
Zwar kann man mit dem Ansatz sicherlich einige Feuer reduzieren, weil es weniger schnell zur Entzündung bzw. Ausbreitung käme, aber das hilft uns nicht, wenn es trotzdem IN den Totholzflächen brennt!

Zur Erläuterung: Die "Witwenmacher" sind Bäume, die beim Brand ohne Ankündigung umstürzen.

Der Autor ist kein Unbekannter, er steht sogar in der Wikipedia als Autor vieler Feuerwehrbücher und als Waldbrandexperte.

Protest vom Feuerwehrmann

Dr.Cimolino schreibt in seinem Artikel "Totholz im Wald: Naturnah, aber brandgefährlich" (Quelle):

Totholz ist für den möglichst naturnahen und ökologisch bewirtschafteten Wald wichtig. Es dient als Dünger für die nachwachsenden Bäume, es bietet Flucht- und Brutmöglichkeiten für allerlei Tiere und es hält auch die Feuchte am und im Boden – solange noch Feuchte vorhanden ist.

Zu viel Totholz in sehr trockenen Lagen kann aber weder richtig verrotten, noch ist es dem Waldbau dienlich.

Ein vollständiger Naturschutz kann einen jahre- oder jahrzehntelangen Totalschaden für die Natur nach Bränden bedeuten!

Gibt es ein Interesse, einen bestimmten Bestand komplett „natürlich“ zu lassen, muss damit gerechnet werden, dass dieser abbrennt.

Wer eifrig diese News verfolgt hat, wird feststellen: Das ist alles nicht neu. Stimmt, aber man muss es leider immer wieder sagen. Denn die Erkenntnisse zu Flugfeuer, Megafeuer, bis in die Tiefe durchgeglühten Boden und Gefahren, wenn man nach einen Großbrand alles sich selbst überlässt, sind bei weitem nicht geläufig und werden teilweise sogar bestritten.

Deswegen ist es gut, dass nach dem Harzbrand die Diskussion wieder hochkommt.

Situation hier

Wie es bei uns aussieht, beschreibt folgendes Bild von Ende 2022 aus dem Großen Zschand:

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Oder noch viel besser meine Bildergalerie Thorwaldexpedition.
Und wie schon oft gesagt: Das bekommt man mit verfügbaren Mitteln und Ressourcen nicht mehr beräumt. Aber vielleicht dient es auch als Warnung an andere Schutzgebiete, dass der Verzicht auf jegliche Eingriffe in eine solche Sackgasse führen kann.

Ein kleines Trostpflaster wären wenigstens die oben erwähnten vorgeschlagenen Schlauchwege für die Feuerwehr. Doch momentan (September 24) ist nicht einmal das gewollt.

Überraschung: Die Lärche ist gar kein Neophyt!

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Ein tschechischer Artikel (Dank dem Tippgeber für den Link!) über Ausgrabungen ist überraschend interessant für uns "Außenstehende", denn er zeigt, dass manche scheinbar unumstößliche Wahrheit im Naturschutz doch nicht so unumstößlich ist. Das hatte ich ja schon im Beitrag Das Märchen vom Urwald ... angedeutet. (Der Artikel ist in Tschechisch, enthält aber am Ende eine ausführliche englische Zusammenfassung.)

Die Lärche als Fremdling im Nationalpark

Lärchenholz ist sehr wertvoll und daher schon lange attraktiv für die Forstwirtschaft. Bei uns gibt es vorwiegend europäische und japanische Lärche, die auch gekreuzt werden. Die japanische gilt laut Wikipedia als nicht invasiver Neophyt, und zur europäischen Art liest man dort "die Lärche ist ausgesprochener Lichtbaum der obermontanen bis subalpinen Höhenstufe."

Kurzum: Wo in einem Nationalpark wie unserem noch Lärchen stehen, hatte der Forst seine Hände im Spiel. Sie ist fremd und könnte vielleicht sogar negativen Einfluss auf andere Baumarten haben. So die Lehrmeinung bisher.

Die Boofe als Fundgrube

In meinem Beitrag zur Exkursion in die tschechischen Brandgebiete hatte ich schon Ausgrabungen in der "Schmetterlingsboofe" im Prebischgrund erwähnt:

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Das Besondere an solchen großen Überhängen ist, dass am Fels die Schichtung des Bodens erhalten bleibt. Man plante Pollenanalysen.

Genau das ist nun geschehen, ebenso an drei anderen Plätzen in Nordböhmen. Pollenanalysen sind eine interessante Methode, denn die Wände der Sporen bestehen aus Sporopollenin, einer chemisch extrem widerstandsfähigen Substanz, die sogar über geologische Zeiträume hin erhalten bleibt. Zudem hat jede Pflanze eine typische Pollenform - man schaue sich nur einmal das Bild in der Wikipedia an. So lässt sich das Vorkommen einer Pflanze noch nach Jahrtausenden nachweisen. Außerdem untersuchten die Forscher noch sog. Phytolite - charakteristische Kieselstrukturen in den Pflanzen, die ebenfalls die Zeiten überdauern. Mittels der Reihenfolge der Bodenschichtung und zusätzlich der Radiokarbonmethode gelang eine recht präzise Altersbestimmung.

Lärchenfund

Die Überraschung war nun, dass sich in allen vier Ausgrabungen in der gesamten Periode seit der letzten Eiszeit Lärchenpollen fanden. Das konnte eigentlich gar nicht sein, denn die Lärche braucht viel Licht und würde von Laubbäumen mit dichter Krone wie z.B. Eiche oder Buche (die allerdings erst viel später einwanderten) verdrängt werden. Dichte Laubbäume dominierten hier jedoch im sog. mittleren Holozän (Holozän = Nacheiszeitalter). Dafür gibt es zwei Erklärungen:

Zwischendurch könnten auch ungünstige Bedingungen für die Lärche geherrscht haben. Dann überlebte sie in Gebieten, wo die Laubbaumkonkurrenz nicht so stark war - also z.B. in den Sandsteinfelsgebieten.

Schlussfolgerungen

Die Autoren schließen aus ihren Erkenntnissen:

Da die Lärche in manchen Gebieten komplett entfernt werden sollte, heißt das: Stop, das kann mehr Schaden anrichten als vermeintlichen Nutzen. Denn der Genpool von Lärchen, die an lokale Bedingungen angepasst sind, könnte so verloren gehen.

Allerdings: Das Word "Klimawandel" kommt im Text nicht vor - die große Unmbekannte ...

Beobachtungen im Zschand: Bodenbrandfolgen und Mikado

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Am 4.8.24 wanderten wir Weberschlüchte, Brandstein und den schönen Bergpfad bis zur Richterschluchtgrotte und die Richterschlüchte zurück. Eigentlich war es eine Geburtstagswanderung, aber man soll ja immer das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Hier also meine Beobachtungen:

Birken nun auch massiv im Mikado

Wie im tschechischen Brandgebiet beobachtet, säen sich Birken massiv auf Brandgebieten aus. Neu für mich ist, dass sie nun erstmals auch im Fichtenmikado massenhaft auftauchen:

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Das ist eine typische Ecke seitwärts vom Großen Zschand, dem zentralen Fahrweg und der einzigen Zufahrt.

Aber man sieht: Nicht überall sind Birken - der Adlerfarn hindert bekanntlich den Rest der Welt am Hochkommen, und wo das Astgewirr zu dicht und dunkel ist, hat sich auch die Birke in ihr Schicksal zu fügen.

Seltsam ist, dass die Großen Röhrkieferschlüchte unten freigesägt wurden:

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Als Weg geht das oben nicht weiter. Hat man hier etwa an die Feuerwehr gedacht? Wäre schön!

Wie sich ein "Prozessschutz-Birkenwald", also Wildwuchs ohne jeden menschlichen Eingriff entwickelt, habe ich noch nicht richtig herausbekommen. Ich weiß nur, dass die Stämme dünn bleiben und sich zum Licht biegen. Weil das Holz nicht genutzt wird, ist das egal, aber zu dünne Birken fallen um, vor allem bei Bodenbrand, wie folgendes Bild vom 6.10.22 in der Nähe vom heutigen Pfad zur Wildnis zeigt:

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Bodenbrand Nähe Spätes Horn

Unterhalb des Späten Horns über den Richterschlüchten, etwa hier, hatte es beim großen Brand 2022 durch Flugfeuer einen großen Bodenbrand gegeben. Am 26.10.22 sah es dort so aus:

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Die Feuerwehr ist dort definitiv nicht hingekommen, man hätte höchstens aus dem Helikopter per Wasserabwurf den Brand eindämmen können. Er ist offenbar aus Mangel an Brandmaterial dann eingegangen (ich kenne noch keinen Bericht). Nun ist es sehr interessant, was mit dem Wald dort passiert. Wurzelbrand vernichtet Bäume, das ist klar. Aber es dauert erstaunlich lange. Letztes Jahr waren die Kiefern immer noch grün. Nun werden viele Kiefern braun, nach zwei Jahren:

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Man beachte, dass dort keine Birken wachsen (zu wenig Licht?), sondern Heidelbeeren - hier ein Foto gleich neben dem Brandgebiet:

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Und weil Heidelbeeren aus bis zu 1m Tiefe wieder austreiben, entsteht zwischen ihren verkohlten Leichen Gleiches neu:

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Braunkiefern

Ein großes Thema für mich sind seit langem sterbende Kiefern, erkenntlich an ihren braunen Nadeln. Diese bleiben - wie ich inzwischen beobachtete - maximal 10 Monate lang am Baum, danach bleibt nur ein unauffälliges Gerippe übrig. Anders gesagt: Kiefern sterben leise, im Unterschied zu den Fichten, die auffällige Totwälder und dann Mikado bilden (Kiefern fallen auch spät um).

Bis auf die Bodenbrandfläche beobachtet man im Nationalpark nur selten braune Kiefern, man muss schon genau hinsehen (ganz im Unterschied zu den Wäldern weiter im Norden, etwa ab Höhe Ortrand, oder im Müglitz- oder Triebischtal). Umso schockierender waren für mich folgende Aufnahmen von der Goldsteinaussicht, also quasi nebenan:

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(Autor: R.Petzold)

Schockierend deshalb, weil wir dort am 22.5. waren und alles ringsum nach einem geeigneten Standort für ein Technikexperiment suchten. Da war noch kein Baum braun, wie mir heute nochmals versichert wurde (ich könnte ja Gedächtnislücken haben, so jung bin ich seit gestern auch nicht mehr).

Zweieinhalb Monate, um von Grün zu Braun zu wechseln. Gehässige Typen würden jetzt unken: So tickt eben der Osten. Aber böser Scherz beiseite, vermutlich ist häufige Trockenheit die Ursache, denn die Bodenauflage auf Riffen ist dünn (besonders an der Kante), und an der Kante scheint die Sonne besonders heftig. Auch ist die Verdunstung dort am stärksten. So meine Theorie. Borkenkäfer (blauer Kiefernprachtkäfer), Schmetterlingsraupen und der Diplodia-Pilz, der bei gesunden Nadeln nichts zu bestellen hat, sorgen dann für den Rest.

Sterbende Riffkiefern sollen auch schon an anderen Stellen im Großen Zschand zu beobachten sein.

Schockierend aber auch, weil: Diese Riffkiefern sind doch "abgehärtet" wie kaum andere Bäume, sie sollen teils extrem alt sein. Das heißt - wenig verwunderlich -, wir haben nun ein Klima, das es seit Jahrhunderten nicht gab.

Ein Artikel in der "Forstpraxis" bestätigt mehr oder weniger die Vermutung, dass die Trockenheit (Klimawandel) die ursprüngliche Ursache für das Kiefernsterben ist. Aber eben nicht in dem Jahr der Trockenheit, sondern auch später!
Auch ein neuer Artikel in waldwissen.net zeigt recht eindeutig den Klimawandel als Ursache für die Schädigungen:

Auslösende Faktoren für das Diplodia-Triebsterben sind nach derzeitiger Einschätzung zumeist Wasserdefizite durch Trockenheit und Hitzeperioden.
... zahlreiche Faktoren als Ursachen:

Wie das weitergeht, interessiert mich schon lange, ich habe noch keine Antwort. Aber wenn nach den Fichten nun auch die Kiefern "drankommen", dann haben wir ein schweres Problem. Denn dass die Buche im Klimawandel nicht mehr der typische Baum sein kann, wissen die meisten Förster seit langem. Dürrer Birkenwald? Was macht der für ein Lokalklima??

Kurzum, es bleibt sehr spannend im negativen Sinne. Nicht nur der Waldbrand ist ein Thema. Für den Tourismus ist momentan der Waldzustand sowieso wichtiger. Wir trafen am Sonntag in Weber- und Richterschlüchten niemand und sahen vom Bergpfad aus nur insgesamt vier Menschen.

Feuer- und Waldbrandliste 2024

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Eingedenk der Statistik vom zweiten Halbjahr 23 und der "Ausbeute" von 2024 schon in den ersten drei Monaten werde ich ab jetzt einen extra Beitrag der Aufzählung aller bisheriger Lagerfeuer und Brände widmen, zweckmäßigerweise den neuesten zuerst. Denn die Idioten werden nicht alle. Man kann es nicht zahmer ausdrücken.

Brand auf dem Pfaffenstein (8.9.24)

Am heutigen Sonntagmorgen brach ein Brand auf dem Pfaffenstein aus, der Glut hinab in Schlüchte in der Nähe des bequemen Aufstiegs fallen ließ. Das zeigt ein Foto, das ich heute früh privat erhielt:
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U.a. die Sächsische Zeitung meldete, dass die Brandstelle in der Nähe des Wilden Turms etwa 300-500m² groß sei.
Etwa 120 Einsatzkräfte, acht Löschfahrzeuge, die ASB-Drohnenstaffel und ein Polizeihubschrauber waren im Einsatz. Sämtliche Wege auf dem und um den Pfaffenstein wurden gesperrt. Die Wasserzuführung war wie immer in diesem Gelände kompliziert. Anfangs musste mühselig mit 20-25kg schweren Löschrucksäcken gearbeitet werden, die die Helfer 20min lang hochtrugen, später wurden Schläuche verlegt und von Tanklöschfahrzeugen im Pendelverkehr gespeist.

Ein 30jähriger stellte sich der Polizei (oder wurde angetroffen oder "gestellt" - widersprüchliche Aussagen) und gab an, illegal oben übernachtet und dabei "einen Gegenstand" angezündet zu haben. Was an manchen Meldungen nicht stimmte, war: Der Pfaffenstein gehört nicht zum Nationalpark, das nächtliche Betretungsverbot greift dort nicht, und es ist auch nicht klar, ob der 30jährige wirklich der "Täter" ist wie angegeben.

Auf jeden Fall wurde das Feuer bis Sonntag abend (8.9.) gelöscht.

Romantikfeuer auf dem Lilienstein (6.9.24)

Auf dem Lilienstein wurde am 6.9. (Freitag) ein Brand entdeckt, der von diesem illegalen Lagerfeuer ausging:

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(Quelle: Pressemitteilung der Nationalparkverwaltung)

Kameraden von vier Feuerwehren waren im Einsatz. In voller Montur mussten sie die 20kg schweren Löschrucksäcke erst auf das Gipfelplateau tragen. Dann seilten sich einige in eine 20m lange und 1m breite Schlucht ab, um Glutnester zu finden und zu löschen. Laut mdr.de brannte es auf 25m².
Seit heute gilt auch ein nächtliches Betretungsverbot für den Nationalpark bis auf weiteres wegen der Trockenheit.
Wer ein Feuer entdeckt, sollte wirklich gleich die 112 anrufen. Und ebenso wichtig ist es, alles dafür zu tun, dass Missetäter geschnappt werden - jeder Hinweis kann helfen.

Romantikfeuer auf dem Langen Horn (22.7.24)

Wie ich erst heute erfuhr, übernachteten Mitte Juli etwa 20 Norddeutsche oben auf dem Langen Horn in den Affensteinen mit Lagerfeuer. Obwohl man sie noch antraf, blieben die Personalien leider unbekannt. Das Feuer hatte sich wie so oft schon in den Boden eingebrannt und musste mit vorhandenen und zusätzlichen Löschrucksäcken der Ranger bekämpft werden. Ein größerer Brand wäre nur extrem aufwändig zu bekämpfen gewesen (Entfernung zur nächsten Zisterne über 2km), und wäre Glut in den Abgrund gefallen ... besser nicht weiterdenken.

Himmelfahrts-"Ausbeute" bei uns und in Tschechien(14.5.24)

In einer Pressemitteilung des Nationalparks vom 14.5.24 werden zwei illegale Feuerstellen und ein Einweggrill erwähnt; die Formulierung "in allen drei Fällen wurde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet" darin klingt so, als hätten sie auch alle Verursacher. 24 "Versuchs-Boofer" wurden des Geländes verwiesen, 8 "Riffschläfer" wurden angezeigt (ja, das ist ein Thema für die Feuerliste). Die Polizei läuft jetzt bei solchen Aktionen mit.

Konkreter wird es in Tschechien: Zwei illegale Feuer, je 400€ Strafe. Warum kann man das bei uns nicht mal sagen? Mindest-Strafhöhe?

Meldung der tschechischen Feuerwehr vom 9.5.24, 20:50 Uhr (Himmelfahrt!):

Feuerwehrleute rückten zu einem Brand im Nationalpark Böhmische Schweiz aus. Das Feuer brach auf einem Felsen in einer Höhe von 15m über dem Parkplatz des Hotels Klepáč aus. Die Feuerwehrleute von der Station Děčín und die Einheit von SDH Hřensko griffen vor Ort ein.
Das Feuer ist gelöscht. Die Einheiten haben den Ort bereits an den NP-Vertreter übergeben, der die Überwachung durchführen wird.

Es ist nicht klar, ob das einer der beiden Brände war - aber 15m über dem Parkplatz gibt es keinen Weg:

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Und ganz in der Nähe, im Himbeergründel (Malinovy důl), war die Initialzündung für den Großbrand 2022.

Feuer oben auf dem Rudolfstein im böhmischen Nationalpark (7.5.24)

Die tschechische Nationalparkverwaltung meldet am 7.5.24 um 22:00 Uhr ein Feuer oben auf dem Rudolfstein, und zwar hier. Das Feuer wurde von Ferne beobachtet. Ranger und Feuerwehr mit der neuen Wärmebilddrohne begaben sich sofort dorthin - das hieß aber, 100 Liter Wasser in Rucksacktragen hoch auf den Felsen zu schleppen. Die Verursacher waren längst verschwunden und das Feuer bereits erloschen, der Stein aber noch 170°C heiß:

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Weder die Schutzhütte noch der Felsen wurden beschädigt. Noch einmal gut gegangen - die Hütte auf dem Marienfelsen bei Jetřichovice war ja vor Jahren durch ein Feuer vernichtet und aufwändig wieder neugebaut worden. Obwohl das nicht unseren NP betrifft, erwähne ich den Vorfall extra, denn ein Brand in diesen Gebieten kann uns schließlich ganz schnell betreffen. Mit etwas Wind hätte dort sehr schnell ein Großfeuer entstehen können, wie das Luftbild vom Mai 2023 zeigt:

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Das Hinterhermsdorfer Gebiet ist 4km Luftlinie entfernt, die Ostseite des Thorwaldgrats 6km. Und das gezeigte Gebiet ist sehr schlecht mit Fahrzeugen zu erreichen, kaum mit Tanklöschzügen.

Feng-Shui-Räucherstäbchen-Brandstifter am Lilienstein (20.4.24)

Es könnte Anfang Februar gewesen sein (Datum nicht angegeben), als eine Gruppe dabei erwischt wurde, am Lilienstein an mindestens sieben Stellen Räucherstäbchen-Bündel im Boden an vorbereiteten Stellen per Lötlampe entzündet zu haben; es sollen Funken geflogen sein und bereits Laub gebrannt haben. Die Verursacher waren uneinsichtig und begründeten ihr Vorgehen mit Feng-Shui und positiver Energie.

Den Text des Artikels kann man mit allen Vorbehalten hier nachlesen, denn er stammt aus der BILD-Zeitung. Doch man hat die Verursacher, bestätigte mir der Pressesprecher der NPV. Ich kann nur hoffen, dass ihre positive Energie durch ein gepfeffertes Bündel negativer Energie seitens der Behörden neutralisiert wird.

Kein Brand, sondern "Brandfolge": 3200€ Strafe

Merkstarke Leser werden es noch wissen: Am Himmelfahrtstag 2023 hatten Betrunkene im Gabrielengrund (Zugang zum Prebischtor) Pyrotechnik gezündet und einen Waldbrand ausgelöst. Das Löschen war wieder einmal sehr aufwändig und teuer - Näheres hier.
Der gefasste 25jährige Deutsche wurde nun in Tschechien verurteilt, und die Strafhöhe lag hart an der Obergrenze: 3200 Euro.

Die Kosten für den Brand dürften vermutlich deutlich höher gelegen haben. Was aber bemerkenswert ist: In Tschechien hält man mit solchen Informationen nicht hinter dem Berg. Bei uns hat man leider oft den Eindruck, dass sich manche Leute überhaupt nicht auf Warnungen und Androhungen hören, "denn es passiert ja doch nichts".

Waldbrand bei Lohmen Nähe Nicolaiweg am 3.4.24

Gleich nach dem (vermeintlichen) Löschen des Brands in den Ochelwänden (nächster Eintrag) durfte die Lohmener Feuerwehr einen 300m² großen Bodenbrand (also "nur" 0.3ha) mitten im Wald löschen, offenbar oberhalb des Nicolaiwegs, abseits aller Wege. Das meldete die NPV am 5.4.24. Entdeckt wurde der Brand nur zufällig durch zwei Praktikanten der Nationalparkverwaltung im Rahmen ihrer Monitoringaufgaben. Nach dem Verlegen von 100m Schlauch und 4h Löscharbeit durch vier Tanklöschfahrzeuge und 20 Feuerwehrleute war der Brand gelöscht. Näheres wird hier stehen, sobald es bekannt wird.

Schwieriger Waldbrand in den Ochelwänden am 3.4.24

Es brannte hier in den Ochelwänden oberhalb des Gipfels Berg-Frei-Turm auf 1ha. Obwohl die Meldung der NPV optimistisch klingt und die NPV dazu durchaus Grund hat, war die Brandbekämpfung leider alles andere als einfach. Das Feuer wurde 11:20 gemeldet, die Feuerwehr war schnell zur Stelle. Es dauerte allerdings bis 15:00 (also über 3h!), bis die 800m Schlauchleitung von der neuen Zisterne in Waitzdorf gelegt waren. Dabei war die Zisterne ein Glücksfall, denn sonst wäre es schwierig geworden mit der Wasserversorgung. 17:20 Uhr wurde das Feuer als gelöscht gemeldet, aber zu früh gefreut: Ein Helikopter mit Wärmebildkamera entdeckte noch zahllose Glutnester, und wenigstens zwei Tage später war man mit 20kg-Löschrucksäcken bewaffnet immer noch in Spalten auf der Suche nach "Hotspots".

Es ist anzunehmen, dass der Brand durch ein Lagerfeuer oben auf dem offiziell gesperrten Riff ausgelöst wurde und den Hang hinabfiel, wie das Wärmebild einer Drohne nahelegt:

Wärmebild
(Quelle)

Auch zeigt ein Foto von dem Riff nach dem Löschen, dass es hier förmlich nach den so beliebten "Romantikfeuern" riecht:

Foto
(Quelle)

Das Feuer hätte man von Rathmannsdorf aus können (Dank an Rolf Böhm für die Recherche - er weiß das :-). Die Rauchsäule war ohnehin weithin sichtbar.

Boofenfeuer am Großen Zschirnstein - März 24

In der Nationalparkverwaltung erfuhren wir, das Anfang März ein Boofenfeuer unter dem Großen Zschirnstein (vermutlich hier) entdeckt wurde. Wie, wissen wir nicht, aber der Entdecker alarmierte richtigerweise die Feuerwehr per Notruf, und die Polizei war auch gleich da. Die Verursacher flohen, doch zwei von ihnen konnten gefasst werden. Es ist nur zu hoffen, dass es keine Schwerverdiener waren, denn in Deutschland richten sich Ordnungsgelder nicht nach dem Einkommen, wie in manchen anderen Ländern üblich. Ich wäre für Beräumung eines größeren Fichtenmikados mit Bügelsäge. Das schafft bleibende Erinnerungen.

Raubrittersignal auf dem Großen Pohlshorn - März 24

Diese Feuerstelle entdeckten wir bei einer Exkursion am 17.3.24 oben auf dem Großen Pohlshorn, das ist hier.

pohlshorn

Wie das rechts unten eingeblendete Bildchen zeigt, hat man die junge Kiefer gleich rechts davon benutzt - die Holzkohle ist demnach nicht alt. Weiter unten auf dem Abstieg findet sich dann massenhaft vertrockneter Adlerfarn, der wie Zunder brennt:

Abstieg_Pohlshorn

Wenn geistig minderbemittelte Raubritter dies als Signalfeuer genutzt hätten, könnte man das ja noch verstehen, aber so ...

Kurzbesuch im tschechischen Brandgebiet - Nachtrag 9.7.

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Am 25.6.24 stattete ich dem tschechischen Brandgebiet einen Kurzbesuch ab, um die Veränderungen der letzten Zeit zu beobachten - es hatte möglicherweise Starkregen gegeben, ich befürchtete Erdrutsche.

Mitte September 2023 bot der Hang von der Straße Hřensko - Mezni Louka unterhalb des Abzweigs zum Gabrielengrund (hier) noch folgenden Anblick:

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Jetzt sieht er so aus:

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Man sieht, das vor allem Birken dort anfliegen. Nun fliegen deren Samen in ebenem Gelände fast alle nur bis ca. 250m weit, wie Forschungen zeigen, und in diesem Umkreis gibt es keine Birken. Allerdings gilt die Zahl für ebenes Gelände, und hier dürften die kleinen Flugsamen von weit oben gekommen sein, wo es noch Samenträger gibt. Daran hatte ich voriges Jahr noch nicht gedacht.

Und im Prebischgrund bot sich Mitte September 2023 noch folgender Anblick:

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Inzwischen sind es deutlich mehr Birken geworden:

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Folgendes fällt auf:

Nachtrag am 9.7.24:

Man muss immer noch staunen, wo die Birkensamen herkommen. In ebenem Gelände fliegen sie ja nur 250m weit, wie oben schon erwähnt, außer bei Sturm (angeblich bis 4km), dann allerdings in einer Vorzugsrichtung. Größere Flugweiten erfordern also samentragende Birken weit oben. Aber wenn man sich einmal den vorderen Teil des Brandgebiets vom Aussichtsturm im Janov ansieht ...

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... oder auch vom Mühlsteig aus ...

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... denn alles, was hier hellgrün erscheint, ist Jungbirke - dann hat man doch Zweifel. Aber die tschechische Nationalparkverwaltung betont:

Regeneration is completely in the hands of nature, with no seeds of birch added by human beings.

Auch Buche, Lärche, Kiefer und Fichte seien dort reichlich vertreten (nach eigenen Beobachtungen allerdings bei weitem nicht überall). Schlimmer sehe es in den Fichtenmikadogebieten aus, wo die Regeneration sehr langsam erfolgt - aber das ist ja nichts neues.

Sensornetzwerk: Fortschritt bei der Waldbranderkennung

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Auch wenn die Verringerung der Brandlast im Nationalpark derzeit ein fast unlösbares Problem zu sein scheint - die möglichst frühe Erkennung eines Waldbrands bleibt unverändert wichtig, denn je früher er erkannt wird (möglichst innerhalb der ersten 30 Minuten), desto einfacher lässt er sich bekämpfen. Und wenn er erst einmal zu groß geworden ist, so wie in Tschechien im Sommer 2022, ist die Feuerwehr ziemlich machtlos - ich kann da nur immer wieder den Megafeuer-Artikel zitieren. Nein, Südeuropa ist nicht weit weg! In diesem lesenwerten Artikel heißt es u.a.:

Die Brandlast der deutschen Wälder ist insofern mehrfach höher als die der Wälder Südeuropas.

Wenn das nicht reicht.

Im SSI-Heft 40 (leider noch nicht online) habe ich in einem längeren Beitrag verschiedene Möglichkeiten der Früherkennung betrachtet, unter anderem auch Funk-Sensoren von Silvanet zur Rauchgasdetektion. Vieles in dem Artikel ist schon veraltet. Insbesondere wurden die erwähnten Sensoren technisch so weiterentwickelt, dass ich meine Zweifel daran wesentlich zurücknehmen muss. Darum geht es in diesem Beitrag. Und um einen Praxistest im Großen Zschand.

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, denn illegale Feuer werden tatsächlich jetzt immer häufiger an versteckten Stellen entdeckt. Das belegt meine Feuerliste 2023 recht eindrucksvoll, und auch 2024 geht es weiter.

Allein diese zwei Feuer sind schon Grund zur Sorge:

Verursacher werden noch selten geschnappt, und wenn, erfahren wir nicht die Höhe der Bestrafung: Dazu müssten höhere Behörden mitspielen. Tun sie aber nicht.

Also bleibt vorerst nur die Schadensbegrenzung. Das heißt, doch nicht ... aber dazu weiter unten.

Das Silvanet-System: Aufbau

Auf der Firmenseite von Silvanet finden sich für Interessierte alle weiteren Informationen (von dort stammen auch die Produktfotos und das folgende Diagramm).

Das Prinzip ist folgendes:

Vor Ort sehen die Geräte dann so aus:

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Arbeitsweise

Die Sensoren detektieren charakteristische Stoffe, die bei Waldbränden freigesetzt werden (Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Wasserstoff, flüchtige organische Verbindungen) und messen ebenso Temperatur, Feuchtigkeit und Luftdruck. Mit einem lernenden Algorithmus (heute als künstliche Intelligenzsimulation vermarktet), der sich an die jeweilige Umgebung anpasst, gelingt es, die Zahl der Fehlalarme auf ein Minimum zu drücken. Das zeigt die praktische Erfahrung, denn das System ist bereits weltweit im Einsatz. Auf der Firmen-Homepage und im Netz wird von Projekten in Libanon, Sizilien, Großbritannien, Kalifornien und Kanada berichtet; in Libanon konnte ein Feuer bereits im Frühstadium erkannt werden.

(Einschub für kundige Zweifler: Wasserstoff beim Waldbrand mag verblüffen, aber so wurde früher Stadtgas produziert: C + H2O → CO + H2, und nicht überall ist ein Sauerstoffüberschuss vorhanden.)

Bei jeder Änderung der Parameter prüft der Sensor zunächst, ob es sich um einen Brand handeln kann. Das hilft Energie sparen.

Wie schnell und aus welcher Entfernung so ein Sensor Feuer riechen kann, hängt natürlich sehr von Lage, Intensität und Luftbewegung ab. Man kann aber z.B. von 100m und wenigen Minuten ausgehen. Der Rekord soll bei 1km Entfernung liegen.

Wichtige Details

Die Funkverbindung geschieht über ein so genanntes LoRaWAN-Netzwerk, das auch für geringen Energieverbrauch entworfen wurde. Silvanet arbeitet bei Frequenzen über 800MHz, das heißt: Man braucht Sichtverbindung zwischen den Knoten. Trockene Blätter und offenbar auch (nicht zu dicke) Baumstämme scheinen wenig zu stören, doch nasses Blattwerk beeinträchtigt den Kontakt erheblich. Zum Glück ist gerade bei Nässe Waldbrand weniger ein Thema.

Der entscheidende Fortschritt gegenüber dem mir früher bekannten Stand ist die Funkreichweite der Sensoren zum nächsten Gateway: bis zu 600m. Die Gateways können Entfernungen von 2-6km überbrücken. Mit solchen Parametern wird sogar bei unserer schwierigen Topografie eine großflächigere Vernetzung denkbar.

Der Alarm läuft dann zentral ein, wo er automatisch an die Akteure vor Ort weitergeleitet werden kann. Solche Entscheidungswege sind für uns Außenstehende unsichtbar, aber ganz wichtig bei der Brandbekämpfung.

Technisch geht sogar noch mehr: Es können Drohnen vor Ort deponiert werden, die ferngesteuert nachsehen, ob es sich um einen Fehlalarm handelt. Keine Option hier, denn es darf nur auf Sicht geflogen werden. Aber Silvanet wird ja nicht nur in Deutschland eingesetzt.

Praxistest, Probleme

Die Nationalparkverwaltung prüft derzeit verschiedene Optionen, und Silvanet ist eine davon. Noch ist nichts entschieden. Aber nach meiner Erkenntnis ist dieses Prinzip selbstvernetzender Knoten in unserer komplizierten Topografie wohl am erfolgversprechendsten. Es wurde ein Pilotprojekt im Großen Zschand gestartet, denn dieses Gebiet ist "berüchtigt" (im Sinne von Brandgefahr) für seine gewundenen, oft unzugänglichen und langen Schluchten. Obendrein gibt es nur noch sehr wenige Besucher dort, die einen Brand melden könnten.

Die oben erwähnte nötige Sichtverbindung ist dabei eine ziemliche Hürde. Das wird jeder einsehen, der das Gelände kennt. Hier ein Foto aus der langen, gewundenen Richterschlüchte vom September 2021:

foto

Inzwischen sind noch mehr Fichten mit geräumigem Astwerk umgefallen und der Dschungel aus Jungfichten noch dichter geworden. Das erste praktische Problem für ein Sensornetzwerk ist daher: An welchem Baum, der in 15 Jahren noch steht, soll ein Gerät gehängt werden (oder an Felsen?), und wie kommt man dort hin? Außerdem dämpfen nicht nur Blätter den Funk, sondern auch Nadeln hochgewachsener Jungfichten.

Man wird also noch lernen und kreativ sein müssen. Zum Glück ist das Umhängen von Knoten technisch kein Problem - nur der Kampf durch den Dschungel.

Des weiteren ist die schlechte Mobilfunkverbindung im Nationalpark kein Geheimnis. Border Gateways müssen also entweder an geeigneten Stellen (die erst einmal zu finden sind) angebracht werden, oder eine teure Satellitenverbindung nutzen.

Weitere Probleme fallen dem Gebietskundigen sofort ein: Feuer auf den meisten Riffen wird so nicht oder zu spät erkannt. Eine Funkverbindung zwischen Riffen und Schlüchten ist fast nie möglich, obendrein sind die meisten Riffe kaum zugänglich. Eine flächendeckende Überwachung im Nationalpark durch Rauchgassensoren bleibt Utopie. Doch in Sachen "Schwerpunkte" sind die Chancen besser.

Vorteile

Lagerfeuer auf Riffen und Aussichtspunkten lassen sich aus der Luft erkennen (nach meiner Meinung am billigsten per Cessna mit Nachtflugerlaubnis und Technik zur Lokalisierung). Früher waren diese "Romantikfeuerer" das größte Problem. Aber gerade beim jetzigen Versteckspiel sind Rauchgassensoren ein Trumpf: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Lagerfeuer in einer versteckten Schlucht Alarm auslöst, ist aus Sicht des Wald-Cowboys nicht mehr zu vernachlässigen. Und es ist kein Problem, Netzwerke gerade in "attraktiven" Ecken zu installieren. Keiner kann sich sicher sein, dass nicht irgendwo in 100m Entfernung ein solcher Sensor im Gelände hängt.

Lange Schluchten sind für die Brandbekämpfung eine wohl eher noch größere Herausforderung als Brände auf Riffen, denn in einer Schlucht kommt ein Brand viel schneller außer Kontrolle und ist dann kaum noch zu bekämpfen. Und im Unterschied zur "Luftüberwachung" arbeiten die Sensoren rund um die Uhr. Lautlos. Und dann sind plötzlich Feuerwehr und Polizei da. Die Chancen, Missetäter zu schnappen, steigen deutlich.

Deswegen sehe ich dieses System inzwischen als wichtige Hilfe mit hoffentlich messbarem Ergebnis. Man könnte damit theoretisch sogar das sehr kritische Gebiet beiderseits des Thorwaldgrats erreichen, wenn man sich einmal die Karte ansieht und Entfernungen misst.

Auch wenn die Kosten für die Einrichtung am Ende locker fünf- oder gar sechsstellig werden sollten: Ein "normaler" Waldbrand kostet üblicherweise 50.000-100.000€, und der 2022 bei uns ca. 10 Millionen (sehr gutmütig gerechnet), wobei der Schaden ohne die Winddrehung nach einem Tag unverhältnismäßig größer gewesen wäre.

Fazit

Illegale Lagerfeuer sind ein immer bedrohlicheres Problem, weil die Brandlast ständig wächst durch die absterbenden Bäume (und die aufkommenden Jungfichten!). Es wurden medienwirksam sehr teure Nachtflüge durch Hubschrauber mit Wärmebildkameras (die eigentlich zur Personensuche gedacht sind) durchgeführt. Das bleibt schon aus finanziellen Gründen ein seltenes Ereignis, und das wissen viele unserer "Pappenheimer" sicher auch.

Eine zielgerichtete Überwachung auf Brände rund um die Uhr in ausgewählten Bereichen, so wie sie jetzt möglich wird, ist ungleich effektiver und billiger. Vor allem steigen so die Chancen deutlich, geistlose Feuerteufel zu fangen und zu bestrafen, auch wenn sich die Strafhöhe wohl noch lange Zeit nur per Buschfunk verbreiten wird.

Auch ist das Silvanet-System keine Neuerscheinung, sondern bewährt sich bereits in der Praxis, und die Rauchgaserkennung kann im laufenden Betrieb verbessert werden - ohne Kraxeleien durch das Unterholz, sondern durch Firmware-Update über Funk.

Das Pilotsystem im Großen Zschand konnte zu unserer Freude mit nur drei Mesh Gateways einen abgelegenen Felskessel (nebst einem langen Tal) anbinden und liefert bereits Daten.
Hoffen wir, dass es nur rauchende Köpfe detektiert, die sich um Brandlastverringerung Gedanken machen.

Wer solch ein Gerät mal in der freien Natur entdeckt: Nein, das ist weder ein Zählgerät noch ein Mikrofon, das unsere Gespräche online an den Verfassungsschutz weiterleitet. Es kann vielmehr dafür sorgen, dass ihr im schlimmsten Fall nicht plötzlich um Euer Leben rennen müsst.

Das Märchen vom Urwald oder: Es bleibt alles ganz anders

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Den Begriff "Urwald" fasste ich noch vor gar nicht so langer Zeit als erstrebenswertes Ziel auf, so wie viele Naturschützer: Ein vom Menschen unberührter Wald, der ja viel stabiler und artenreicher als unsere bewirtschafteten "Holzplantagen" sein soll, Forste genannt.

Dass es mit dem Artenreichtum in unberührter Natur Europas eher nicht so weit her ist, legt ja schon mein Wildnisartikel nahe. Aber die Vorstellung, dass sich ein "unberührter" Wald zu einem bestimmten, stabilen Zustand entwickelt (die sog. Klimaxtheorie), ist genauso irrig, wie man inzwischen weiß. Selbst ganz ohne Klimawandel, der bisherige Überlegungen oft gegenstandslos macht - dazu weiter unten.

Es ist sogar noch verrückter: Nach der letzten Eiszeit vor ca. 12000 Jahren war hier nur eine Art Tundra übriggeblieben mit sehr wenigen Pflanzen- und Tierarten. Und es wären immer noch viel weniger, als wir heute als selbstverständlich annehmen - wäre da nicht der Mensch gewesen.

Solche und mehr überraschende Einsichten verschaffte mir zuerst das Buch

Hansjörg Küster, Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa
Von der Eiszeit bis zur Gegenwart
C.H.Beck München, 2013

Es ist offenbar ein "Grundlagenbuch" mit erheblichem Einfluss, sehr interessant im Detail, aber viel zu lesen. Wir lernen daraus, welch entscheidenden Einfluss der Mensch auf den heutigen Zustand schützenswerter Gebiete hatte. Nein, das soll keinesfalls ein Freibrief für die blinde Ausbeutung der Natur sein - aber der komplette Rückzug aus der Natur wäre eben genauso verkehrt.

Auch der lesenswerte Wikipedia-Artikel zur Geschichte des Waldes beruht offensichtlich auf Erkenntnissen dieses Autors - im folgenden Waldgeschichte-Artikel genannt.

Ich picke mir hier nur das heraus, was mit Wald zu tun hat, sonst sprengt es diesen Beitrag.

Was ist eigentlich "Urwald"?

Die Wikipedia sagt dazu:

Als Primärwald oder Urwald wird von menschlicher Einflussnahme nicht berührter Wald bezeichnet, mithin eine ökologische Klimaxgesellschaft.

Genau genommen gibt es das nirgends mehr auf der Welt, denn der Klimawandel wirkt überall, auch und gerade jetzt im Amazonas-Urwald. Brauchbarer scheint da schon die Aussage im Waldgeschichte-Artikel:

Als Urwälder werden in Mitteleuropa die wenigen verbliebenen Bestände bezeichnet, die nie forstlich genutzt worden sind.

Das heißt: Jagd, Waldweide (Eichelmast bei Schweinen), Pilze und Beerensammeln, Stickstoffeintrag aus der Luft usw. durften den Wald durchaus beeinflussen.

Aber seit wann gibt es solche Wälder?

Vor der Eiszeit: Tertiär

Im Tertiär war es sehr warm und feucht, was eine üppige Fauna und Flora beförderte. Damals entstanden die meisten Tier- und Pflanzenarten, wie wir sie heute kennen. Das soll in diesem kurzen Abschnitt nur erwähnt werden, weil wir später wieder darauf zurückkommen.

Die Wirkung der Eiszeiten

Im Waldgeschichte-Artikel heißt es:

Während Kaltzeiten war das heutige Mitteleuropa größtenteils waldfrei, abgesehen von vereinzelten Waldsteppen und -tundren, so auch während der letzten Kaltzeit. Für vergangene Warmzeiten ist der ursprüngliche natürliche Zustand wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt.

Man nimmt an, dass Wälder durch inzwischen ausgestorbene, große Pflanzenfresser stark gelichtet waren. Das ist die so genannte Megaherbivorenhypothese. Ein heutiges Analogon könnte der New Forest Nationalpark in Großbritannien sein, erwähnt im Update meines Wildnisartikels (ganz am Ende).

Fakt ist, dass durch die aufeinanderfolgenden Eiszeiten fast alle Tier- und Pflanzenarten nördlich der Alpen ausstarben. Nur südlich der Alpen fanden sich noch Restbestände der Tertiärvegetation. Nördlich davon fehlten Buche, Eibe, Efeu, Buchsbaum. In Gletschernähe gab es nur noch Kräuter und Zwergsträucher.

Bei uns entstand die artenärmste Vegetation einer gemäßigten Zone, obwohl die geologische Vielfalt eine sehr große Biodiversität erlaubt hätte. Grund ist, dass die Alpen in Ost-West-Richtung verlaufen und als Sperre wirkten. Ganz anders in Amerika: Dort konnten Pflanzen und Tiere nach jeder Eiszeit wieder nordwärts wandern. Im Verlauf von Jahrtausenden, nicht Jahrhunderten! Das bitte im Hinterkopf haben, wenn da jemand sagt: "Die Natur wird sich wieder erholen."

Eine ungefähre Vorstellung von der Natur damals könnte die Tundra in Skandinavien geben:

foto
(Quelle)

So ungefähr sah es also nach der letzten Eiszeit hier aus, vor vielleicht 11000 Jahren.

Danach begannen sich Birken und Kiefern wieder auszubreiten, denn ihre Samen fliegen gut. Im Norden herrschte noch Tundra vor.

Allerdings konnten sich die Samen, die in Tierfellen oder per Wind wanderten, zunächst schwer entwickeln: Sie mussten sich gegen Gräser und Kräuter durchsetzen, plus Wildverbiss. Es brauchte also sehr lange, bis sich hohe Bäume hier wieder ansiedelten.

Fichten kamen östlich um die Alpen herum nach Norden, die Hasel von Westen. Wo viel Hasel war, kam die Fichte nicht durch. Später kamen Eichen hinzu, verdrängten auch Kiefern auf Sandböden. Am Alpenrand wuchsen Bergulmenwälder.

Küster nennt als "letzte Mohikaner" der Tertiärvegetation hier: Tanne, Fichte, Kiefer, Erle, Birke, Haselnuss, Ulme, Linde, Weide, Eiche, Hainbuche. Wobei die Tanne in den Westalpen "lauerte", die Hainbuche in den Karpaten, Fichte im Schwarzwald und in den Alpen weiter oben. Buchen gab es nur am Südrand der Alpen.

Das alles dauerte so 1000-2000 Jahre.

Buchen, Hainbuchen: Der Mensch greift ein

Ohne steinzeitliche Siedlungen wäre alles in eine ganz andere Richtung gelaufen. Aber zum Bau von Hütten brauchte man lange Stämme und rodete den Wald. Wenn der (übrigens erst vom Menschen geschaffene) Waldrand zu weit entfernt war, zog man weiter und überließ alles sich selbst. Auf den Lichtungen wurde dadurch die Buche dominant, die sogar einen artenarmen Wald schafft, weil sie anderen Bäumen das Licht wegnimmt. Laut dem Waldgeschichte-Artikel soll das vor 4500 Jahren begonnen haben; vor 2000 Jahren war ein Großteil des heutigen Deutschlands mit Buchen bedeckt. Eine Rolle spielte sicher auch, dass sich Buchen mit primitiven Steinäxten zu schwer fällen ließen.

Und das soll unser geliebter Urwald gewesen sein?

Noch etwas ist bemerkenswert: Ohne Menschen wäre es zunächst ein Mischwald geblieben (weitere Entwicklung unklar); nach der Zerstörung entstand ein Buchenwald, der für sehr lange Zeit von Dauer gewesen wäre.

Wohin sich Natur entwickelt, wenn man sie sich selbst überlässt, hängt also vom Ausgangszustand ab. Ein "guter" Zustand (den wir Menschen definieren) stellt sich nicht automatisch ein. Soviel zum oft zitierten Thema Prozessschutz.

Küster schreibt auf S.110:

Vor 4000 Jahren gab es in den Lößgebieten und auch weiten Bereichen der norddeutschen Geest keine großen Urwälder mehr.

Die Beeinflussung durch den Menschen war vielfältig. Man brauchte Holz, kannte aber noch keine Forstwirtschaft, geschweige denn Nachhaltigkeit. Aus Eichen-Buchenwäldern wurden so Eichen-Hainbuchenwälder, weil eine geschlagene Hainbuche (ebenso wie eine Eiche) wieder austreibt.

Schweine wurden in den Wald getrieben, um Eicheln zu fressen. Ziegen fraßen Jungwuchs weg. So entstanden die schönen, "natürlichen" freistehenden Bäume:

foto

Alles Menschenwerk. Durch Beweidung und Ackerwirtschaft wurden Schlehe, Heidekraut, Heckenrosen, Wacholder, Enziane, Orchideen heimisch - der traditionelle Naturschutz versucht also zu konservieren, wofür einst Menschen verantwortlich waren, nicht "die Natur".

Es gibt noch so viele weitere Beispiele. Wer sie wissen will, lese den Küster (den kann man noch online kaufen) oder zumindest den Waldgeschichte-Artikel.

Welcome back

Mit der Industrialisierung wurden die Städte erst einmal hässlich und sehr ungemütlich. Aus dieser Zeit entstand der Drang nach der "unberührten Natur". Doch die war oft noch sehr ungemütlich. Man schaffte sich eine schöne, eigene Natur in den Gärten und Parks. So kamen Rosskastanie, Robinie, Tulpenbaum, Gingko, Japanische Lärche, Mammutbaum, Hemlocktanne, Thuja, Scheinzypresse und noch mehr nach Europa. Zur großen Verwunderung wuchsen sie hier prächtig: Denn viele waren schon im Tertiär hier ansässig (bei viel wärmerem Klima allerdings) und gar nicht so "fremd" wie angenommen.

Vor allem die englischen Gärten waren ein Ausgangspunkt. Durch die britischen Kolonien gelangten alle möglichen exotischen und weniger exotischen Bäume hierher. Und sie blieben.

Naturschutz zu eng gesehen

Das alles wirft doch ein ganz anderes Bild auf "unseren ursprünglichen" Wald. Küster schreibt am Ende seines Buches: "Geschützt werden kann nur das, dessen Entstehung man kennt."

Und am Ende von Kapitel 33 (S.387):

Nationalparks werden als Vorranggebiete für Natur verstanden. Viel weniger Gedanken macht man sich um dort geschaffene einmalige Landschaften, die auch unter dem Einfluss des Menschen zustande kamen.

Naturschutz sollte also mehr "Naturhilfe" statt Konservierung sein, was angesichts des Klimawandels (s.u.) ein ganz hartes Problem ist. Ich wiederhole mich: Von allein wird es die "Natur nicht richten". Für unseren und den böhmischen Nationalpark hieße ein "weiter so" (also totaler Prozessschutz) zwangsläufig wieder Fichtenwald, oder Adlerfarnwüsten ... und mit einiger (viel zu großer) Wahrscheinlichkeit verheerende Waldbrände, wohl noch viel schlimmer als der 2022.

Nein, ich bin kein Ökologe und Allwissender, der jetzt sagen kann, was zu tun ist. Aber man muss sich wohl erst einmal von alten Dogmen lösen. Dass wir die Natur nicht dem rücksichtslosen Raubbau überlassen dürfen, ist klar. Ebenso wenig ist Nichtstun als ultimative Lösung eine Option (was momentan leider für 10% der Landesfläche gefordert wird).

In einem Artikel in der FAZ (zum Lesen Anmeldung erforderlich) heißt es sogar:

Das Nachhaltigkeitsprinzip als Schlagwort der Naturschutzdebatten geht am Kern der Problematik vorbei, meint der Pflanzenökologe und Geobotaniker Hansjörg Küster: Es gebe keine „Normalzustände“ des Klimas oder des Waldes, folglich werden Versuche, Stabilitäten herzustellen, zu einem Kampf gegen Windmühlen. Naturschutz leidet nach Ansicht Küsters zum einen an seiner Bezeichnung: Der Begriff Naturschutz führe zu grundlegenden Missverständnissen – als müsse da etwas in ewig unveränderter Form erhalten werden. Der andere große Mangel liege in einer fehlenden gemeinsamen Wissensbasis; man wisse im Grunde zu wenig über die Situation, von der alle reden.

Offene Frage: Klimawandel

Wer einmal den Wikipedia-Artikel über die Eiszeiten überfliegt, kann nur konstatieren: Unsere heutige Natur ist das, was nach einer endlosen Folge von Katastrophen und Überleben übrig geblieben ist (und wenn man tiefer in die Erdgeschichte eindringt, wird es noch chaotischer). Ein Absatz darin schreckte mich aber auf:

Der seit dem Klimaoptimum des Holozäns herrschende Abkühlungstrend von ca. 0,12 K pro Jahrtausend gilt als Vorbote einer erneuten Kaltzeit. Allerdings könnte diese Entwicklung durch die menschliche (anthropogene) Beeinflussung des Klimasystems signifikant verändert werden."

Gewiss, gewiss. Denn momentan erwärmen wir uns selbst mit z.B. 30K pro Jahrtausend (vermutlich mehr). Die "natürliche Abkühlung" ist im Vergleich dazu vernachlässigbar, aber ein Blick in leicht ergoogelbare Diagramme zeigt: Zu Beginn einer Eiszeit betrug der Temperaturanstieg größenordnungsmäßig maximal etwa 1K pro Jahrtausend. Der gegenwärtige Prozess ist also ohne Beispiel in der Eiszeitgeschichte, schon derzeit -zigmal schneller.

Wenn wir diese Entwicklung überhaupt so weit steuern können, dass sie für uns erträglich bleibt, ist klar: Ohne menschliche Einwirkung wird das "nächste Stadium" nicht so aussehen, wie wir es gern hätten. Bereits Ende dieses Jahrhunderts könnte Zentralspanien Wüste sein. Die natürliche Ausbreitung der Arten ist mindestens eine Größenordnung zu langsam - ich schrieb das schon im News-Artikel "Versuchter Blick in die Zukunft" im letzten Abschnitt "pnV, Klimawandel und Waldumbau". Wenn man die Zeiträume hier weiter oben betrachtet, ist der Unterschied der Geschwindigkeiten (Wanderung der Klimazonen gegenüber natürliche Wanderung der Arten) vermutlich noch viel größer als bei mir angegeben.

Und "Einwirkung von außen" durch den Menschen gab und gibt es ja mehr, als man denkt (Klimawandel, Stoffeintrag). Man muss nur "richtig" einwirken. Aber wie?

Wie es zumindest anders gehen könnte, zeigt folgender

Artikel

über den Zustand der Bäume in deutschen Parkanlagen. Darin heißt es:

Auffallend für die Forscher war, dass die fremdländischen Zukunftsbaumarten, also Arten, die für den Klimawandel in Deutschland favorisiert werden, in der Regel besser abschneiden als heimische Arten. Zu den Baumarten, die Hitzestress und Trockenheit besser vertragen, gehören unter anderem die Flaum- und Zerr-Eiche sowie die Hopfenbuche oder die Silber-Linde.

So ein Flaumeichenwald hat allerdings wenig mit dem romantischen deutschen Wald zu tun:

foto (Quelle: Wikipedia)

Die offiziellen Richtlinien für die Forstwirtschaft stehen dem noch konträr gegenüber. Man fordert heimische Arten, was auch immer das heißen mag. So findet sich in einem mir vorliegenden Entwurf eines neuen Waldgesetzes in §1:

Zweck des Gesetzes ist insbesondere,
...
3. eine nachhaltige Forstwirtschaft zu fördern, die insbesondere die
   Pflege, die Entwicklung sowie die nachhaltige Nutzung klimaresilienter und
   naturnaher Wälder mit standortgerechten, weit überwiegend heimischen Baumarten umfasst,

Wie heißt es doch im Waldgeschichte-Artikel:

Hierbei ist vor allem die zunehmende Trockenheit zu nennen, die bei der derzeit erwarteten Erwärmung besonders Fichte, Kiefer und Buche bis in das Jahr 2100 in Mitteleuropa großflächig kein Überleben mehr ermöglichen wird.

Falls aber einmal die derzeitigen Beschränkungen wegfallen - was tun? Freue sich jeder, der kein Förster ist und Antwort auf solche Fragen finden soll.

Doch es gibt Wissenschaftler, die intensiv nach Lösungen suchen und sogar einen entsprechenden Artensteckbrief (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) erstellt haben. Fest steht, dass ein "klimawandelfester" Baum der Zukunft

Und dann vielleicht noch mit zeitweiliger Staunässe, denn Extremregen gehört ebenso zum Klimawandel. Übrigens auch Sturm.

Obendrein muss auch noch der Boden passen. Die durch die überwiegend basenarmen Kreidesandstein-Verwitterungsböden, durch die Schwefeleinträge der Vergangenheit und den Anbau von Fichtenmonokulturen nochmals versauerten Böden in unserem Nationalpark haben einen pH-Wert von 3, wie mir ein Fachmann verriet. Im Artensteckbrief auf Seite 244 einmal nachgeschaut: Was wächst noch in solchem Tafelessig? Birke und Fichte, na sowas ... (und Adlerfarn, und Heidelbeere). Das ist zwar nicht so schematisch für bare Münze zu nehmen, aber es zeigt doch, was hier los ist.

Ach ja, und dann gibt es ja noch die Waldbrandgefahr ...

Danksagung
Diesen Artikel hätte es nicht gegeben, wenn mir 'Fossil' aus dem Stiegenfreundeforum nicht das Buch geschenkt hätte - und Dr.Rainer Petzold vom Sachsenforst gab mir viele interessante Links und Informationen und damit das gute Gewissen, nicht "herumzuspinnen."

"Nachkontrolle" in tschechischen Brandgebieten

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Wie sieht es in den legal oder halblegal zugänglichen Brandgebieten des böhmischen Nationalparks zwei Jahre nach dem Brand aus? Das interessiert mich sehr, und so schwang ich mich heute früh wieder einmal aufs Rennrad, noch bevor die Himmelfahrtsleichen aus dem Koma erwachten und die E-Biker ihr Frühstücksei verspeist hatten, denn ich fuhr auf dem Elbradweg nach Děčín. Auf dem Rückweg gab es dann den geplanten Abstecher in den Prebischgrund (hier) und den Schwarzen Grund (hier). Ich habe die Bilder einfach mal ohne Ortsangabe in einer

Bildergalerie

zusammengefasst. Das erste Bild ist noch von Rathen, Erinnerung an einen äußerst kritischen Brand vor sechs Jahren - meinen SSI-Artikel dazu gibt es sogar online:

https://bergsteigerbund.de/wp-content/uploads/2023/01/SSI_Heft-35_Unheilvoller-Trend-Waldbraende-durch-Lagerfeuer-auf-schwer-zugaenglichen-Felsenriffen.pdf

Es sind einige Aufnahmen mit Supertele (600mm) dabei, aber das merkt man schon. Einige Bilder werden noch in die interaktive Karte wandern. Interessanter sind meine Beobachtungen:

Zusammengefasst kann man sagen: Es entwickelt sich etwas, aber von "hurra, es wird wieder alles grün" sind wir meilenweit entfernt - es sei denn, man gibt sich mit der Birke zufrieden. Im besten Fall sehen wir nach vielen Jahrzehnten erste Setzlinge von Buchen und Eichen (aber wer bringt die Samen hin? Menschen dürfen es nicht, es herrscht Prozessschutz). Im schlimmsten Fall verdorren viele Birken und machen Sandreißen Platz.

Aber mit Sicherheit werden noch unzählige tote Bäume und auch Felsen die Hänge hinabstürzen.

Erste Luftaufnahmen nach dem Brand (Tschechien)

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Luftaufnahmen, vor allem im infraroten Bereich, waren bisher für den Anteil an Totholz interessant: Lebende Bäume erschienen rot, grau = tot. Solche Fotos hatte ich in diesen News z.B. schon hier ausgewertet.

Allerdings waren die neuesten Aufnahmen - bei uns wie in Tschechien - maximal von 2022, noch vor dem Brand. Luftaufnahmen nach dem Brand wurden zwar längst gemacht, fanden sich aber bisher nirgends im Netz.

Nun ist Tschechien mit gutem Beispiel vorangegangen und hat hochauflösende Bilder vom 4.Mai 2023 ins Netz gestellt (vgl. letztes Kapitel dieser Meldung). Nur im sichtbaren Bereich, aber das ist schon hochinteressant.

Die Aufnahmen sind riesig. Ich habe sie deswegen skaliert und erst einmal nur das Brandgebiet zu einem Bild zusammengefasst. Das sind immer noch 139MB, was bei Manchen sogar den Browser zum Absturz bringen könnte. Also einfach mal von

hier (groß)

herunterladen ("Ziel speichern unter" im Firefox) und dann mit einem geeigneten Bildbetrachter ansehen. Nicht auf dem Smartphone, versteht sich. Dieses Riesenbild braucht auch ordentlich Speicher und Rechenleistung beim Betrachten, Darstellung und Hineinzoomen können dauern.

Wer erst einmal einen Überblick haben will, bekommt ein knapp 10MB großes Bild

hier (klein)

In beiden Bildern habe ich wenig Beschriftung eingefügt, um grob Orientierung zu geben. Die Auflösung ist phantastisch, man kann am Prebischtor und auf dem Weg dahin die einzelnen Leute sehen, muss dazu aber hineinzoomen, bis es anfängt, unscharf zu werden. Man kann in das abgebrannte Haus an der Balzhütte von oben hineinsehen (allerdings nur auf der Webseite, s.u.), man erkennt jeden einzelnen umgestürzten Baum.

Freiluftlabor

Warum sind die Bilder nicht nur für die Neugier so wichtig? Naheliegend: Man erkennt gut, wo es gebrannt hat, ahnt aber auch, wo das Feuer hingekommen ist und wo nicht. Beispiel Prebischtor (gelber Pfeil):

foto

Links der Anweg mit der Haarnadelkurve (die hellen Flecken darüber könnten schon Erosionsflächen sein), wo alles restlos verbrannt ist. Das ist der Touristenweg. Dürfte ein Schock für alle sein, die es noch von früher kennen. Ich habe ja auch genügend Bilder dazu in meiner Wegekarte.

Interessantes Detail: Zwischen den beiden Ästen des Anwegs ist es besonders schwarz, und dort erkennt man viele quer zum Hang liegende verkohlte Stämme (nur im heruntergeladenen Bild, nicht im Browser). Die hat man so hingelegt, um die Erosion zu bremsen. Sonst droht ein Erdrutsch bei Starkregen. Auch oberhalb der Straße wurde das gemacht (beim Abzweig in den Gabrielengrund).

Nicht alles Grün sind Bäume. Es gibt vor allem auf den ebeneren Flächen, wo die Asche den Boden düngte, eine Krautschicht - und leider auch viel Adlerfarn, wie ich vor Ort sah.

Man sieht, dass die Edmundsklamm wie eine Brandmauer wirkte: Südlich davon wachsen noch grüne Bäume. Noch kritischer ist der Große Zschand, genauer die Fortsetzung des Tals nach Süden in Tschechien: westlich davon hat es gebrannt, auf dem Forstweg selbst konnte man ihn offenbar stoppen. Sonst wäre das Feuer in ein ganz kritisches, weitgehend unzugängliches Gebiet vorgestoßen, auch auf unserer Seite (Ziegengrund). Das zeigt selbst dem Unkundigen, wie wichtig ein freigesägter Großer Zschand im Brandfalle WÄRE ... und leider werden immer wieder seltsame Naturschutzargumente vorgebracht, die gegen eine Erschließung wenigstens für die Feuerwehr sprechen sollen.

Man sieht plastisch, dass in Mezna Häuser wirklich mitten im Ort verbrannten - die ganz nah am Brandhang stehen noch. Das Funkenmeer muss verheerend gewesen sein über diese Entfernungen.

Zum Großen Winterberg hin gibt es zunehmend Buchen, daher finden sich dort noch größere Bereiche, die überlebt haben (bis jetzt ... denn Buchen sterben oft auch erst 10-20 Jahre nach einem Brand ab).

Um man sieht, wie schwierig die Situation um Hřensko herum gewesen sein muss. Der tschechische Film zum Brand hieß nicht ohne Grund "Kampf um Hřensko". Der gelbe Pfeil im folgenden Bild

foto

zeigt auf die Tankstelle - gleich dahinter ist alles schwarz verbrannt. Dank Luftbild lässt sich die Entfernung nun besser einschätzen als von der Elbe aus.

Ja, im negativsten Sinne des Wortes wird der böhmische Nationalpark zum Freiluftlabor: Wir sehen, was bei uns passiert wäre, hätte beim Brand der Wind nicht nach einem Tag gedreht. Ich nehme an, dass es bei uns sogar noch schlimmer gekommen wäre, denn unser Gelände ist von der Topografie her noch tückischer. Und wir können weiter beobachten, was nach dem Brand passiert (der Hauptschaden, wie Feuerwehrleute sagen): Was wächst noch, wieviel Erosion setzt ein, gibt es Erdrutsche, was passiert beim nächsten Brand in der neuen Krautschicht mit Totholz drin?

Nicht nur die Brandstellen ansehen

Es gibt aber noch viel mehr zu entdecken auf den Bildern. Wer ihn findet, schaue sich einmal den Tanzplan an:

foto

Links der Aussichtsturm, vor der Gaststätte die Tische.
Nanu, war da nicht mal Wald da? Ja, da war Wald da!

foto

Foto vom 18.11.2018. Kahlschläge - vor allem im böhmischen Nationalpark (z.B. Prebischgrund) - gab es schon vorher, doch dort oben hat der Borkenkäfer den absoluten Notstand ausgelöst. Ist auch kein Nationalpark dort oben.

Das eigentlich Bedrohliche zeigt sich aber eher auf den "heilen" Bildern, z.B. im Khaatal:

Khaatal

Dieses Bild ist wieder knapp 10MB groß, Auflösung 10000x4000 Pixel, also herunterladen und weit hineinzoomen. Dabei wird man zwei Sorten von Bäumen sehen: dunkelgrüne und graue Sterne mit Grünstich. Letztere sind tote Fichten. Nachdem das Auge auf die Farbe trainiert ist, wieder herauszoomen und sehen: Da ist anscheinend nicht nur die Hälfte grau, eher mehr. Solche Gebiete gibt es zu Hauf im Teil östlich des Brands zu entdecken: Entweder schon unzugängliches Fichtenmikado, oder noch Totwald. Da ahnt man, welch irre Brandlast hier lauert. Und nach aktueller Lage in Tschechien darf man auch nicht hinein - Betreten auf eigene Gefahr ist nicht gestattet. Da wird ein Brand auch erst bemerkt werden, wenn bereits eine große Rauchsäule aufsteigt.

Bei Ostwind ziehen sich dann die Flammen in das Hinterhermsdorfer Gebiet, das keineswegs besser aussieht, und dann schlimmstensfalls in die unzugängliche Ostseite vom Thorwaldgrat ... alles Spekulation, aber Katastrophenschutz sollte eigentlich den schlimmsten Fall mit einplanen. Eigentlich.

Fazit

Man kann auch auf Luftbildern im sichtbaren Bereich recht gut Brandflächen und tote Bäume erkennen. Erstmals haben wir einen Überblick über das tatsächliche Ausmaß des Brands. Geht in dem Bild "spazieren", es gibt viele kleine Überraschungen.

Aber gleichzeitig zeigt sich, welch irre Brandlast da noch weiter östlich lauert, und es ist unklar, wie man sie verringern könnte (obwohl in Tschechien manches unbürokratischer als bei uns geht).

Nein, das ist kein Exkurs nur für Freunde böhmischer Landschaften: Wenn es dort brennt und mal kein NO-Wind weht wie 2022, dann geht auch bei uns die Hölle los. Bei uns werden Zisternen gebaut und Zuwege freigesägt, prima! Aber ohne den Blick über Tellerrand, sorry, hinter die Grenze, hat das nur arg beschränkten Effekt. Ich hoffe, ich erfahre noch, wie weit diese Erkenntnis bei uns schon bis in höhere Behörden vorgedrungen ist.

Für die Spezialisten: Surfen im Original

In diesem Artikel habe ich mich aus Speicherplatzgründen bis auf zwei Ausnahmen auf die Brandgebiete beschränkt. Wer mehr sehen will, muss die Originalseite nutzen und kann auch selbst Daten herunterladen. Das ist (leider sehr im Unterschied zur deutschen Seite https://geoviewer.sachsen.de/mapviewer/index.html) nicht schwer und geht auch schnell, zumal man den Service auch noch in Englisch anbietet. Für den Fall, dass das nicht funktionieren sollte, gebe ich noch die tschechischen Bezeichnungen kursiv mit an.

Nun kann man schon verschieben und mit dem Mausrad (!) hinein- und herausszoomen.

"Ortophoto CIR" sind die Infrarotaufnahmen, derzeit nur bis 2021.

Geonamen anzeigen

Um sich besser zurechtzufinden, kann man auch Geonamen im Bild einfügen:

Datum der Aufnahmen ermitteln

Einfach ins Bild hineinklicken, Bereich mit Metadaten wird angezeigt (in Tschechisch). Wenn das nicht funktioniert, dann

Kacheln herunterladen

Das ist etwas aufwändiger:

Das Zusammensetzen der Bilder muss dann mit einem geeigneten Programm erfolgen. Vorsicht: Man braucht viel Speicher (RAM). Unter Linux benötigte ich bereits bei der Kombination per gimp von nur zwei Kacheln á 100MB (!) etwa 20GB RAM. Das ist also nicht die Option. Linuxer können mit convert +/- append waagerecht und senkrecht zusammensetzen. Auch dort brauchte ich schon knapp 30GB RAM für die Kombination von vier Kacheln..

Versuchter Blick in die Zukunft - Update 12.4.24

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Warnung: Das ist viel zu lesen, aber wer sich durchkämpft, tut ein gutes Werk, wenn er Erkenntnisse aus diesem "Sammelartikel" weitergibt.

Neben der Beschreibung des Ist-Zustands und dem Verständnis von Hintergründen sollte man ab und zu doch versuchen, in die Zukunft zu schauen, so schwierig das auch ist. Ich beschränke mich da auf die Nationalparks beiderseits der Grenze, denn im linkselbischen Teil wird nach forstwirtschaftlichen Gesichtspunkten gearbeitet. Dort wurde anders als im Nationalpark gekalkt (nur außerhalb der Felsgebiete, aus der Luft). Ein Mischwald hat dort viel bessere Chancen, und der Wald sieht auch schon ganz anders aus.

Der Status quo

Wenn es um die Zukunft des Nationalparks geht, darf man meiner Meinung nach Waldentwicklung und Waldbrand nicht getrennt betrachten. Dass ein Waldbrand wie der 2022 die Entwicklung der betroffenen Flächen um 100 Jahre zurückwirft (oder die Ökologie dauerhaft verändert), wird jeder Fachmann bestätigen. Und dass das "Natur Natur sein lassen", sprich der Prozessschutz, nicht mehr zu bekämpfende Großfeuer begünstigt, wird aus meinem langen Artikel über Megafeuer sehr deutlich. Momentan sieht es gar nicht gut aus. Am 3.4.24 gab es gleich zwei Waldbrände im Nationalpark, fünf Tage später den nächsten auf der anderen Elbseite - vgl. meine Feuerliste. Und dass die "unberührte" Naturentwicklung schief läuft, schrieb ich oft genug - zu Jungfichten etwa hier, zu Adlerfarn hier.

Ich will hiermit der Nationalparkverwaltung (NPV) keinesfalls Untätigkeit vorwerfen. In Sachen Waldbrandvorbeugung wird offensichtlich getan, was man kann. Zisternen wurden gebaut, und eine hat in der Ochel bereits ihre Nützlichkeit bewiesen, zusammen mit der neuen Wärmebilddrohne (vgl. wiederum die Feuerliste). Rettungswege werden frei gehalten, Löschrucksäcke und Hacken angeschafft, Organisatorisches verbessert. Mehr Ranger erhöhen die Chancen, Waldbrände früh zu entdecken.

Ausreichend Probleme

Es gibt aber Probleme, deren Lösung nicht in der Macht der NPV liegen:

Aber es kommt noch dicker. Unten auf der Thorwaldwiese ist eine Löschwasserzisterne fast fertig, fein. Und nehmen wir an, oben am Fuß der Thorwalder Wände brennt es, nur knapp einen halben Kilometer Luftlinie entfernt - was macht dann die Feuerwehr? Unter diesem Gesichtspunkt haben wir uns einmal die gesamte Ostseite durchgeschlagen, ca. 4km in 3.5 Stunden. Es war eine höllische Expedition, die mit unzähligen Schrammen, Rissen in der Kleidung und einem überreizten Fuß endete. Man schaue sich ruhig einmal die

Bildergalerie Thorwaldexpedition

an - es lohnt sich! Ich habe weder einen Sägeschein, noch bin ich Feuerwehrmann, aber ich vermute: Die Feuerwehr wird da hilflos mit den Achseln zucken. Denn wenn es mal richtig trocken ist und brennt, dann breitet sich das Feuer viel schneller aus, als sich Kameraden mit schwerem Gerät dort durchkämpfen können.

Nicht nur das Mikado ist das Problem, achtet einmal auf die ausgedehnten Jungfichtenteppiche in den Bildern: Die erschweren nicht nur Wegfindung und Durchkommen ungemein (damit habe ich Erfahrung), sondern - wie ich inzwischen weiß - sie brennen bei Hitze auch perfekt, sie sind kaum zu löschen (damit habe ich zum Glück keine Erfahrung).

Als wäre das nicht genug, gibt es da noch das riesige, in großen Teilen kaum zugängliche Gebiet im böhmischen Nationalpark, wo es (noch) nicht gebrannt hat - vgl. den Bericht von unserer Tschechien-Expedition im Februar 24 mit Bildergalerie. Wenn es bei starkem SO- oder Ostwind dort brennt, dann brennt es hier überall. Zumindest sollte man damit rechnen.

Es ist nicht nur wichtig, ob es brennt, sondern was danach passiert. Es gibt Beobachtungen in besonders schwer betroffenen tschechischen Brandgebieten - sogar oben auf dem Grenzweg -, dass der Boden jeden Halt verloren hat und Erosion einsetzt. Das ist nicht neu und kaum noch aufzuhalten. Auf größeren Flächen wächst bis jetzt nur Moos, das den Boden kaum bindet, nur oberflächlich gegen Wasser- und Winderosion schützt, aber keine Sandreißen verhindert.

Erst einmal Ratlosigkeit

Nach unserem Thorwaldabenteuer war ich mit meinem Latein auch erst einmal am Ende. Die Gefahr ist bekannt, nicht nur lokal. Wer die Muse hat (und gut genug Englisch kann), sollte diesen Artikel einmal durchlesen, der ist hochinteressant und enthält Handlungsempfehlungen. Ja, er warnt sogar genau vor unserer Situation hier, ich zitiere aus dem Abstract (eigene Übersetzung):

Waldbrände werden ein immer wichtigeres Problem in Mitteleuropa, obwohl ihre Gefahr nicht so hoch ist wie in Südeuropa. Die Ausnahmen sind jedoch Kalamitätsflächen (Windbruch und Borkenkäfer-Schadflächen), die in Schwere und Bedrohung mit den heftigsten Waldbränden vergleichbar sind.

Die internationalen Autoren sind ausgemachte Experten auf diesem Gebiet. Nochmal zum Mitschreiben: So heftig wie in Spanien oder Griechenland könnte es hier auch brennen. Macht Euch darauf gefasst. Böhmische Schweiz und Harz werden explizit erwähnt.

Handlungsempfehlungen: Löschwasser bereithalten, Wege freihalten, klar. Brandlast senken? Harvester! (Ergänzung von mir: Oder Schreitbagger, die kommen in schwierigeres Gelände, sind aber äußerst knapp, auch das Personal dazu). Und wo Harvester nicht hinkommen? "Die besten verfügbaren Forstarbeiter einsetzen." Abgesehen, dass deren Zahl hier möglicherweise zwei Größenordnungen zu klein für die Aufgabe ist - es gibt Gebiete, wo es für sie zu gefährlich wird, beispielsweise schon am Bergsteig auf den Großen Winterberg, ungefähr hier. Wenn diese Bäume beginnen umzufallen, heißt es erst einmal unbestimmt lange warten (Jahre), Weg ist zu.

Nur einer Behauptung in dem Artikel muss ich widersprechen: Die höchste Brandgefahr besteht keineswegs schon nach 2-3 Jahren. Hier ist die Kalamität schon 5 Jahre alt, ein Ende vorerst nicht abzusehen: Die Brandlast steigt unaufhörlich.

Möglicherweise ist es für diese Tipps hier schon zu spät. Darauf warten, dass das Holz verwittert? Der Artikel enthielt leider eine Überraschung für mich: Verkohltes Holz verrottet viel langsamer! In Japan wird das übrigens mit Erfolg bei Holz-Außenwänden statt Farbe eingesetzt, und wer es wissenschaftlich will: dieser Fachartikel, den ich auch noch nicht durchlas, die Zusammenfassung reicht schon.

Diese Überraschung ist unangenehm: Denn dadurch bleibt uns in den Brandgebieten eine erhöhte Brandlast erhalten. Der zweite Brand im Wald ist oft heftiger als der erste - vgl. Punkt 3 im Blick in die Glaskugel.

Und dann ist da noch das im Megafeuer-Artikel erwähnte Feuerparadoxon: Je effektiver man Brände bekämpft, desto heftiger können sie beim nächsten Mal werden ...

Vor 10 bis 15 Jahren hätte man vielleicht der jetzigen Situation mit erheblichem Aufwand vorbeugen können - wenn man sie so vorausgesehen hätte und auch voraussehen wollen -, aber das wäre politisch sicher nicht durchsetzbar gewesen.

Und wie nun weiter?

Was die Waldbrandgefahr angeht, so fand ich zufällig einen interessanten Artikel über Löschflugzeuge. Ich musste hier in den letzten drei Jahren meine Meinung mehrmals ändern: kleine Flieger scheinen doch sinnvoll zu sein. Ich entdeckte einst die Deutsche Löschflugzeug Rettungsstaffel, die mit Unkompliziertheit, niedrigen Preisen und schneller Verfügbarkeit warb. Dann hieß es: Geht gar nicht in unserem Gelände, bei den nötigen Flughöhen kommt sowieso nur Sprühnebel an. Aber Sprühnebel - immerhin 2t Wasser - hätte den Brand in den Ochelwänden am 3.4.24 vielleicht doch etwas gehemmt, vielleicht wäre nicht so viel Glut in die Spalten gefallen. Interessant auch der Diskussionsbeitrag Nr.10 (im ersten Link in diesem Abschnitt): Das alles hatte in der DDR schon mal recht gut funktioniert, wurde dann aber leider abgeschafft. In Polen sind solche Maschinen meiner Erinnerung nach im Einsatz, und Polen gilt als sehr effektiv in der Waldbrandbekämpfung. Bei uns ist genau ein Flieger stationiert, in Ballenstedt beim Harz.

Andererseits hat das alles nur Sinn, wenn Feuer schnell erkannt werden. Feuerkameras waren der falsche Weg bei uns, das musste ich erkennen. Eine Zoom-Webcam zum Entdecken von Rifffeuern würde die vielen versteckten Feuer nicht finden: Auch das musste ich lernen. Billige Motorsegler können üblicherweise nicht in der Dämmerung fliegen - möglicherweise wäre eine Cessna mit Nachtflugerlaubnis zum Auffinden von Lagerfeuern der billigste Weg. Sie kostet pro Stunde nur 250-300€, ein Polizeihubschrauber 4000€, ganz abgesehen von der Verfügbarkeit. In offiziellen Mitteilungen las ich bisher ausschließlich von Hubschraubern.

pnV, Klimawandel und Waldumbau

Es gibt da noch einen hochinteressanten Vortrag im Netz über die "pnV-Verschiebung" (Quelle). pnV heißt potenziell natürliche Vegetation, also die Pflanzengemeinschaft, für die die lokalen Bedingungen (Boden, Klima) am günstigsten wäre. Das heißt nicht, dass diese "Vorgaben" mechanisch eingehalten werden - weder Kiefern- noch Fichtenmonokulturen sind hier optimal, wachsen/wuchsen aber trotzdem -, aber eine Verschiebung solcher Zonen veranschaulicht sehr gut die Wirkung des Klimawandels.

Und die Kernaussage auf Folie 17 ist:

Damit sollte auch dem Laien klar werden: Wenn der Mensch nicht eingreift, werden Artengemeinschaften massenhaft untergehen. Die Natur kann sich eben nicht von allein "anpassen". Es wächst einfach das, was gerade noch da ist oder "einfliegt". In keinem Fall der "natürliche Mischwald".

Brandgefahr und "Fehlentwicklung" (von unserem Standpunkt aus gesehen, z.B. den Wald für Klima erhalten) der unberührten Natur hier zeigen eigentlich deutlich: Wir müssen doch eingreifen. Wie, wäre auch ganz ohne einschränkende Gesetze und Ressourcen eine offene Frage. Daran würde sich leider auch nichts ändern, wenn der Nationalpark in einen Naturpark umgewandelt würde.

Update 12.4.24

Worauf es ohne unseren Einfluss bestenfalls hinauslaufen würde, zeigt der pnV-Vortrag ebenfalls:

... Hierbei verlieren boreale Nadelwälder deutlich an Fläche, und Buchenwälder ziehen in Skandinavien ein. In Mitteleuropa machen sich mediterrane Flaumeichenwälder breit und in Südeuropa dehnen sich Steppen und Wüsten aus.

Wie ein Flaumeichenwald (oder auch Steineichenwald) aussieht, zeigt Folie 15 des pnV-Vortrags. "Nutzung: Niederwald/Brennholz".

Update 6.8.24

Nicht zu vergessen ist ein bemerkenswert guter Artikel aus Bayern, welche Arten unter welchen Klimabedingungen Chancen haben:

https://www.lwf.bayern.de/boden-klima/baumartenwahl/243914/index.php


Ich hoffe, diesen Beitrag noch dieses Jahr durch ein paar optimistischere Aussagen ergänzen zu können.

Wie weiter mit Waldbrandvorsorge - rettet uns der nasse Winter?

Direktlink zu diesem Beitrag

Um es für Ungeduldige oder Leseschwache kurz und verständich auszudrücken:

Nein.

Die Erklärung ist recht einfach: Ein feuchter Winter begünstigt das Wachstum der Krautschicht (Gras z.B.). Im Dürresommer trocknet diese aus und bildet eine höhere Brandlast.

Selbst wenn also der Grundwasserspiegel endlich steigt und alles schön grün wird im Frühjahr: Entscheidend ist die Verteilung der Niederschläge über das Jahr. Und durch den Klimawandel werden die Winter nässer und die Sommer trockener, also werden die Brände heftiger.

Das erfährt man in einem 48minütigen Podcast mit Alexander Held (vgl.a. hier) vom renommierten European Forest Institute, der sich auch intensiv mit der Waldbrandgefahr im NP Sächsisch-Böhmische Schweiz beschäftigt, und Franz Spendlhofer, Leiter des Sonderdiensts Waldbrandbekämpfung der Feuerwehr Nordösterreich. Fleißige Leser dieser News werden darin viel Bekanntes hören, das Neue erfahren sie teilweise hier.

Zum Beispiel die Tatsache, dass die brennbare Biomasse am Boden (vor allem die Humusschicht) hier höher als im Mittelmeerraum ist. Zum Glück ist sie in Mitteleuropa "in der Regel" feuchter als im Süden - aber immer weniger, wir haben Klimawandel. Zudem haben wir hier dichte Nadelwälder mit sehr viel Totholz, ganz anders als die Macchia im Mittelmeerraum. Das heißt: Bei zunehmender Sommerdürre sind hier noch wesentlich intensivere Feuer zu befürchten als im Süden!

Konzepte und Pläne

Es gibt zum Glück nicht nur Meinungen wie "Natur Natur sein lassen ist das ultimative Heilmittel" oder sogar die, dass Totholz doch feucht sei und die Waldbrände verlangsame. In diesen News sind genügend Gegenargumente zu finden, ich spare mir das hier.

Andere Geister sehen durchaus die Gefahren und überlegen, was zu tun ist. Da gibt es zum Beispiel die umfangreiche (192 Seiten) Strategische Waldbrandkonzeption des sächsischen Innenministeriums (SMI) (vgl. News vom 27.3.23), das für den Katastrophenschutz zuständig ist. Dort heißt es gleich zu Beginn in der Zusammenfassung auf Seite 4:

Infolge Borkenkäferkalamität besteht ein sehr hoher Totholzanteil in den Wäldern. Daraus folgt: Es ist eine große Menge brennbarer und leicht entzündlicher Biomasse in den Wäldern Sachsens. Hinzu kommt eine anhaltende außergewöhnliche Dürre der letzten Jahre.

Und auf Seite 5:

Die Betrachtung von Waldbrandgefahrenklassen allein ist nicht zielführend. Betrachtet werden müssen auch topografische Verhältnisse, klimatische Veränderungen, Brandverhalten in Gebirgslagen und die Wirkweisen der Einsatzmittel der Feuerwehr.

Das ist sehr wichtig, denn bisher war die Sächsische Schweiz widersinnigerweise in der niedrigsten Waldbrandgefahrenklasse C eingestuft - es hätte nicht einmal die nötigen Fördermittel für eine Feuerwachkamera gegeben. Auch wird darauf hingewiesen, dass sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit eines Brandes je 10° Hanganstieg verdoppelt. So etwas kann man gar nicht oft genug betonen gegenüber Experten, die nur Waldbrände aus flachen Kiefernwäldern kennen.

Das Dokument beschäftigt sich intensiv mit technischen Dingen wie Kommunikation und Koordinierung, Ausrüstung, Alarmstufen und Kosten, was nicht Gegenstand dieses News-Beitrags ist.

Alle jene, die sich für den Fortbestand des Boofens einsetzen (was auch für mich eine Hauptbeschäftigung bis vor ca. 20 Jahren war), mag das Zitat auf Seite 54 erschrecken:

Die Wanderungen bzw. Freizeitaktivitäten in der Natur des Elbsandsteingebirges und des Zittauer Gebirges gehen häufig mit Übernachtungen im Freien einher (das sog. „boofen“). Diesen Übernachtungen im Freien eigen ist nicht selten das Entzünden von Lagerfeuern, in dessen Folge durch Fahrlässigkeit immer wieder Brände entstehen, die auch bei kleiner Brandausdehnung und geringer Brandintensität in einer mehrstündigen Belastung der Feuerwehr mit einem großen Aufgebot an Einsatzkräften und Technik münden.

Es geht aber nicht in die Richtung des Boofenverbots (was - wie wir wissen - am Ziel vorbeischießt, denn das schlimmste Problem sind wilde Feuer mitten im Gelände, auch ohne Übernachtung). Das SMI tickt anders; auf Seite 64 heißt es nämlich:

Der Schwerpunkt der Gefahrenabwehr bei Wald- und Vegetationsbränden im Nationalpark Sächsische Schweiz liegt somit primär nicht auf der Brandbekämpfung, sondern im Auffinden, Erkennen und Retten der von einem Brandereignis bedrohten Personen.

Ich erinnere daran, dass beim großen Brand 2022 Touristen von der Umgebung des Prebischtors gerettet werden mussten. Es geht also wirklich auch um unsere Haut, nicht nur um Wandern, Naturgenuss und Bergsteigen.

Genau genommen widerspricht dieser Absatz sogar dem Statement auf Seite 14 unten:

Die vorliegende Konzeption zur Wald- und Vegetationsbrandbekämpfung im Freistaat Sachsen befasst sich schwerpunktmäßig mit dem abwehrenden Brandschutz, also der effizienten und effektiven Brandbekämpfung durch die Feuerwehr im Gefahrenfall.

Angesichts drohender Megafeuer ist ohnehin ein krasses Umdenken nötig - weg von der reinen Feuerbekämpfung.

Auch auf höherer Ebene sind die Probleme bekannt. So heißt es im Arbeitspapier Waldbrandschutz der Länderoffenen Arbeitsgemeinschaft "Nationaler Waldbrandschutz" (Quelle) auf Seite 4 (Punkt F3):

Aufgrund naturschutzfachlicher Zielstellungen (wie z. B. die Aufgabe der forstlichen Bewirtschaftung) nimmt die Brandlast (Totholz) in manchen Waldflächen stark zu. Auch stehen in diesen Gebieten präventive Waldbrandschutzmaßnahmen oft nicht im Einklang mit den Naturschutzvorgaben.

Auf Seite 6 heißt es:

Die aktuellen Ereignisse zeigen völlig neue Größenordnungen, mit denen die tägliche Gefahrenabwehr an ihre Leistungsgrenzen stößt. Hinzu kommen weitere Schwierigkeiten, wie z. B.

Kurzum: Wer denkt, es gäbe "da oben" nur die Prozessschutz- und Feuchttotholzprediger, hat zu wenig gesucht :-)

Was kann man tun? Wie geht es weiter?

Im eingangs genannten Podcast heißt es sinngemäß :

Wir haben keine Zeit mehr, denn die Zersetzung am Boden wird immer langsamer, die Brandlast steigt ständig. Auseinandersetzungen zwischen widersprüchlichen politischen Strömungen ist das Letzte, was wir jetzt brauchen.

Es wurde ja viel getan, wie in diesen News vom 18.1.24 schon beschrieben. Aber, wie ich in meinem Leserbrief an die "Dresdner Neuesten Nachrichten" schrieb (und im News-Beitrag leider nicht erwähnte): Das Wasser muss von den Zisternen irgendwie zum Brandherd kommen, und das ist das Problem. Auf der Thorwaldwiese wird eine große Zisterne gebaut, schön. Der Hintere Thorwaldweg wurde möglicherweise "privat" freigesägt, ein Stück Försters ebener Weg geht durch Buchenwald - auch schön: hier. Und danach sieht es dann so aus:

Thorwald-Ostseite

Das ist kein Einzelfall, so ist es eher normal ab Kleinem Zschand bis hinter zur Grenze. Schlauchwege helfen bei der Bekämpfung, aber man kann sich nicht überall durchsägen.

Obendrein wächst auf den kahlgefallenen Flächen immer mehr Adlerfarn, der vertrocknet wie Zunder brennt. Auch der ist ganz schwer zu bekämpfen. Wir hatten schon einmal in den 80ern brusthohen Adlerfarn. Damals war offenbar der saure Regen schuld. Jetzt möglicherweise die saure Spreu von den Fichtennadeln, die massenweise auf dem Boden ankamen.

Und nicht zuletzt ist da noch das Feuerparadoxon (Überschrift im Megafeuer-Artikel), das grob besagt: Je mehr man Waldbrände bekämpft, desto heftiger werden sie. Die Erklärung dazu im Megafeuer-Artikel.

In vielen Gegenden der Welt werden oder wurden sog. Vorfeuer gelegt - also vorsorgliches Abbrennen (Aborigines in Australien, Indianer früher auf heutigem US-Territorium). Das ist leider keine Option hier. Das Feuer würde sofort außer Kontrolle geraten. Vielleicht bei Schnee nicht, aber das mag ich nicht beurteilen.

Auf die natürliche Zersetzung des Totholzes warten? Das kann dauern. Ein Forschungsprojekt von 2011 gibt für liegende Fichtenholzstämme ein jährliche Zerfallsrate von 0.033 an. Nach 20 Jahren wäre also erst die Hälfte des Holzes verwittert. Die Rate hängt u.a. stark von Trockenheit, Stammdurchmesser und möglichem Pilzbefall ab, dürfte in näherer Zukunft eher niedriger liegen. Egal: Auf den Zerfall warten wäre blinder Optimismus.

Mir fällt nur noch die sibirische Holzziege ein, die brennbare Äste abfrisst:

holzziege

Aber die dürften wir dann wieder wegen der Sanktionen nicht einführen.

Ehrlich gesagt: Es ist alles offen.

Immerhin wird im Podcast auch gesagt: Förster und Feuerwehr müssen zusammen in den Wald. Das sieht bei uns vielleicht besser aus, denn es wurden sog. Brandverhütungsschauen bereits vor dem großen Waldbrand durchgeführt. Über deren Ergebnis weiß ich aber nichts.

Perpektive

Man beginnt wenigstens die Gefahr zu erkennen, das ist schon einmal gut. Man versucht Feuer schnell zu erkennen und einzudämmen. Auch das ist gut. Mit Glück und Wehklagen verringert sich dabei vielleicht schon etwas die Brandlast.

Aber ich fürchte, das wird nicht der letzte Artikel zu diesem Thema sein.

Auch im Winter ist keine Ruhe

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Wer denkt, jetzt wäre Zeit für eine Atempause, denn es hat ja mehr als üblich geregnet, und die Waldbrandgefahr ist minimal, der irrt leider.

Zwei Meldungen belegen dies:

Lagerfeuer vor der Goldsteinaussicht am 28.12.23

Am 28.12.23 wurde ein Lagerfeuer (ob es noch richtig brannte, weiß ich nicht) vor der Goldsteinaussicht gemeldet, ungefähr hier. Die Nationalparkwacht unten am Zeughaus war gerade nicht erreichbar, so war die Wacht aus Schmilka nach etwa 25min am Ort und versuchte, die Glut mit Löschrucksäcken zu bekämpfen (ein Löschrucksack hat 20l Wasser). Das reichte nicht, und sie mussten die Feuerwehr rufen, die - wie ich heute erfuhr - von Bad Schandau mit einem kleinen Einsatzfahrzeug kam. Das ist schon ein Fortschritt, denn ein üblicher Tanklöschzug hätte die knapp 15km lange und teils steile und nicht gerade planierte Anfahrt vielleicht nicht bewältigen können. Die Kameraden löschten dann die Glut mit etwa 2m³ Wasser ab.

Das war mitten in der Kernzone, mitten im Wald - "aber das war doch total ungefährlich, es war doch nass!" Der Bericht belegt das Gegenteil. Glut kann sich tagelang halten und bei Wetterumschlag (Wind, mehr Trockenheit) zum Brand ausarten. Wenn soviel Wasser gebraucht wurde, saß sie schon tief im Boden.

Feuerstelle am Kampfturm

Ein Nationalparkmitarbeiter berichtete von einer frischen Feuerstelle südlich vom Kampfturm, möglicherweise hier. Das war zwar im Sand, doch auch im Sand kann Holzkohle tagelang glühen und bei einem Windstoß freigelegt werden und einen Brand entfachen. Das ist "noch mehr" mitten in der Kernzone, aber der eigentliche Punkt ist: Dieses Feuer wäre fast von nirgendwo aus zu sehen gewesen (vielleicht vom Langen Horn gegenüber: Auf den Graf darf man nicht, und die Gipfel werden sehr selten beklettert).

Fazit

Regelrecht versteckte Feuer (das an der Goldsteinaussicht sah man wenigstens von einem begangenen Weg aus) scheinen zuzunehmen. Daran ist bei der Brandfrüherkennung zu denken. Feste Webcams würden hier längst nicht mehr reichen.

Und es braucht endlich Publizierung der durchaus abschreckenenden Strafen, sofern man mal jemanden erwischt ...

Kritisches Gebiet zwischen Vysoka Lipa und Grenze

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Update vom 16.2.24:
Die Böhmische Straße ist schon in der Nacht vom 26. zum 27.7.22 (also am Tag nach Brandausbruch) per Harvester als Verteidigungslinie freigesägt worden sein. Das ist bemerkenswert, obwohl es bei Flugfeuer wenig geholfen hätte (was man zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste). Quelle z.B.: https://lesycr.cz/tiskova-zprava/celou-noc-vytvarely-harvestory-v-ceskem-svycarsku-protipozarni-pasy-a-pokracuji-podle-zadani-krizoveho-stabu/


Dieser Beitrag wurde in meinem Megafeuer-Artikel mehr oder weniger angekündigt: Dort erschien am Ende ein Infrarot-Luftbild vom böhmischen Nationalpark, das östlich vom Brandgebiet noch mehr Totholz als im Brandgebiet selbst auswies. Da muss man doch selbst nachsehen!

Wenig später veröffentlichte der NP Böhmische Schweiz einen Beitrag und darin eine Karte mit "möglichen touristischen Wegen", die aus zwei Gründen ... sagen wir mal, Aufmerksamkeit verdient:

(Karte)

Ich gehe auf den tollen Rosa-Brillen-Beitrag des Nationalparks hier nicht weiter ein. Das roch aber nach "unzugängliche große Gebiete mit Totholz".

Also nichts wie hin!

Unsere Route startete in Vysoka Lipa, machte einen Abstecher auf den recht schön hergerichteten Schaunstein, ging über die böhmische Straße (Česká silnice) bis zur Grenze in Hinterdittersbach (Zadní Jetřichovice), den Jankeweg (Jankova cesta) bis zur Balzhütte, auf den Rudolfstein und über den Jubiläumsweg und eine "Diretissima" zurück zum Startpunkt (auf der Karte rot eingekreist). Für die Ungeduldigen: Ich habe 51 Bilder in einer

Slideshow

zusammengefasst, die unsere Eindrücke recht gut zeigt. Viele Bilder davon sind in der interaktiven Karte verortet, auch wenn ein paar Koordinaten nicht ganz stimmen.
Ich versuche einmal, unsere Beobachtungen zusammenzufassen.
Generell gilt: Wer lange nicht dort war wie ich, wird die Gegend nicht wiedererkennen. Nur im letzten Teil der Tour erinnerte sie noch an frühere Zeiten.

Böhmische Straße:

Jankeweg:

Rudolfstein:

Jubiläumsweg und "Härte vor dem Ziel":

Der Weiterweg verlief dann relativ normal und schön, ein Felssturz war kein Problem (Bild in der Slideshow). Nur der letzte Kilometer vom sog. Semmelstein bis zur böhmischen Straße verlief dann durch endlose Kahlschläge und Mikado, um in einer Schlamm- und Pfützenorgie zu enden (letztes Bild der Slideshow). War aber auch stimmig und half uns dabei, die Tour in Erinnerung zu behalten.

Was bleibt

Megafeuer - ist die Zukunft schon da?

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Es gibt eine neue Art von Waldbränden, Megafeuer genannt, die sich nicht mehr mit herkömmlichen Mitteln bekämpfen lassen. Bekannt aus Kalifornien, Griechenland und der iberischen Halbinsel, sind sie auch bei uns zu erwarten, wie Spezialisten immer wieder warnen. Vielleicht zählte der große Brand 2022 auch schon dazu.

Hintergründe und Perspektiven diskutiere ich im Artikel

https://www.rotweinundradieschen.de/News/Megafeuer.html

Vorsicht, das ist viel zu lesen, aber beunruhigend interessant :-(

Der Wald der Zukunft

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In der ARD-Mediathek ist bis zum 4.2.26 der 45minütige Film "Wald der Zukunft - Zukunft des Waldes" verfügbar, der für Insider zwar viel Bekanntes bringt, aber doch eine recht gute Übersicht über Waldzustand und Probleme im Klimawandel liefert.

Da ging es nicht einfach um Fichtenmonokultur und Borkenkäfer, sondern auch um Buchen (die nicht mehr Zukunftsbaum sind) und Kiefern (vertrocknen und werden dann krank), das verzögerte Wirken von Dürrejahren (erst 2020 werden Schäden von 2018 sichtbar), von Kiefern mit abgeblätterter Rinde und noch grünen Nadeln (!), und man ahnt beim Nassholzlager ein bisschen die Dimension des Problems. Aber wirklich nur ein bisschen.

Auch das Grundwasserproblem, nicht zuletzt dank Wasserwerken (3.50m unter der Oberfläche ist erst Wasser) kommt dran - also nicht nur Klimawandel.

Besonders interessant: Die pfropfen gute Eichen und Douglasien etc. auf niedrigere Baumarten, damit die Samen dann in erreichbarer Höhe einfacher geerntet werden können. Das geht! Es gibt also für vieles eine Lösung.

Ja, der Film verbreitet nicht nur Pessimismus, sondern zeigt auch ein paar Lösungen. Schon deshalb lohnenswert. Sofern es keinen Waldbrand gibt :-) Aber dort wird ja offensichtlich gut gewirtschaftet.

Waldbrandvorbeugung und -bekämpfung: Ein erstes Fazit

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In diesen News wurde viel zum Ablauf des Waldbrands 2022 geschrieben, zur Bekämpfung, Vorbeugung usw. Inzwischen hat sich viel getan und zum Guten gewendet. Zeit, eine erste Bilanz zu versuchen.

Was schon getan wurde

Was noch zu tun ist/wäre

Das alles klingt so positiv, dass man fast misstrauisch werden könnte. Aber die genannten Dinge sind keine rosa gefärbten Träume, sondern nachprüfbare Tatsachen. Es hat sich sehr, sehr viel geändert seit dem denkwürdigen Juni 2021, als Ministerpräsident Kretschmer im Heringsgrund das Problem zufallender Wanderwege vorgeführt wurde. Erst seit dieser Zeit wurde überhaupt nennenswert freigesägt. Ich selbst warnte im Sommer des gleichen Jahres in einer Biwak-Sendung als Kassandra vor der Katastrophe, wenn es brennt, und dass man dringend Konzepte dafür braucht. Ein Jahr später wurde die Prophezeiung Realität, doch es gehörte gar nicht sonderlich viel Intelligenz dazu.

Verglichen mit diesen traurigen Zeiten sieht es jetzt wirklich sehr viel besser aus, und das darf man ruhig loben. Trotzdem fallen mir auf Anhieb Dinge ein, die noch zu tun sind:

Die Verklärung der Wildnis - Update vom 24.1.24 und 2.2.24

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Nicht nur in Nationalparken, überhaupt im Naturschutz und in der Politik wird das Prinzip "Natur Natur sein lassen" wie ein Allheilmittel betrachtet. Erst in den letzten Jahren begriff ich, wie falsch diese Herangehensweise ist und recherchierte mehr dazu. Daraus entstand ein Beitrag, denn ich auf einer extra Seite unterbringe, damit man ihn leichter zitieren kann:

https://www.rotweinundradieschen.de/News/Wildnis.html

Es ist viel zu lesen, aber fachlich wohl nicht zu schwierig - und enorm wichtig, denn es ist eine Grundlage für das, was schon passiert ist und noch weiterhin passieren wird ... nichts Gutes ...

Updates vom 24.1.24 und 2.2.24:
In der Doku "Englands Wald der Könige", bis zum 23.4.24 noch in der Mediathek abrufbar, wird die Offenland-These aus der Wikipedia sogar noch verstärkt: Der 400km² große New Forest Nationalpark ist der artenreichste in Großbritannien und hat einen "Wald, so wie er früher in Mitteleuropa überall war,", erklärt die Sprecherin. Dort sorgen vor allem freilebende Ponys für einen lichten Wald. Weil Wolf und Luchs fehlen, werden Hengste entnommen (verkauft, nicht erlegt), damit die Herden nicht zu groß werden. Während der Eichelmast werden sogar Schweine in den Park getrieben, und auch Kühe sind dort regelmäßig zur Waldweide. "Nur dadurch kann sich der Artenreichtum erhalten."

2.2.24
Noch besser (und ohne langes Video) wird das in dem Artikel "Die Klima Kuh Teil 2" erläutert - den sollte man sich wirklich einmal zu Gemüte führen, wenn Zeit dafür ist. Er räumt vor allem mit der gängigen Lehrmeinung auf, dass der dichte Wald der "gesunde" Endzustand ist, der sich von allein einstellt - Hauptsache, man lässt die Hände in den Hosentaschen. Nur ein Zitat daraus:

Megaherbivoren-Hypothese heißt die Theorie, nach der die ersten Bäuerinnen und Bauern eben keinen geschlossenen Hochwald in Mitteleuropa vorfanden. Die Megaherbivoren, die großen Pflanzenfresser, hatten schon für Graslandschaften gesorgt. Die Verfechter der Klimaxtheorie, nach der die Sukzession der Pflanzengemeinschaften im Hochwald endet, führen dagegen an: In den Pollenanalysen aus der Jungsteinzeit, die die Paläobotaniker zum Beispiel aus tiefen Torflagen in Mooren holen, fänden sich nur Baumpollen und fast keine Pflanzen des Offenlandes.

Es finden sich in den Pollenanalysen aber regelmäßig die Spuren von Eichen. Dazu hat die Klimaxtheorie dann Mischwälder aus Eichen und Linden, oder Eichen und Buchen erfunden. Solche Wälder gibt es aber nicht. Diese Bäume können nebeneinander nur in offenen Landschaften existieren. Also muss es auch in der Jungsteinzeit vor zwölftausend Jahren in Mitteleuropa solche offenen Landschaften gegeben haben – Weidelandschaften eben, hergestellt von den großen Pflanzenfressern.

Das alles ist das blanke Gegenteil von Prozessschutz, mit erstaunlicher Wirkung!

Unser Prozessschutz hier wird wohl den Brennstoff für ein Megafeuer liefern: https://sciodoo.de/was-ist-ein-megafeuer-bzw-megabrand-und-wie-entsteht-es/ Das fürchte ich. Megafeuer sind solche, die nicht mehr mit bekannten Mitteln gelöscht werden können. Ich vermute, wie hatten im tschechischen Nationalpark bereits ein solches.

2. Gesprächsforum zur Entwicklung der NP-Region - Update vom 25.11.

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Nachtrag vom 24./25.11.: Im mdr ist ebenfalls ein ausführlicher Report nachzulesen, teils mit mehr Erwähnung von Kritik, und auf der Homepage der NPV.

Lust but not least findet sich unter diesem Link eine weitere umfangreiche Besprechung, vor allem auch über das hier nicht behandelte Thema "Wege".

Vorsicht: viel zu lesen, viel Inhalt.

Am 21.11.23 fand im Kulturhaus Bad Schandau das zweite Gesprächsforum zur Entwicklung der Nationalparkregion statt, veranstaltet von der Nationalparkverwaltung (NPV) und dem Landrat (Näheres steht dann in der Pressemitteilung der NPV). Dank günstiger ÖPNV-Anbindung (im Unterschied zu Hohnstein, wo das erste Forum stattfand) war ich diesmal auch dabei und nahm an den Diskussionen zu den Themen Waldbrand und Waldentwicklung teil.

Die Veranstaltung war sehr gut organisiert, die Diskussionen durchweg sachlich und sehr inhaltsreich. Überflüssig zu erwähnen, dass die Zeit nicht reichte. Für jede Diskussionsrunde blieben 50min. Anschließend folgte eine offizielle Zusammenfassung durch die Moderatoren der vier Themenkreise.

Wichtige Gäste, die mit dem Auto anreisten, steckten seit 20min in Königstein im Stau. Daher gab es eine "Vorinformation" zum Thema

Basteikiosk

... schon in vieler Munde durch folgende Pressemeldung:

Pressemeldung

Es geht darum, dass der Inhaber in Rente geht und der Weiterbetrieb aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist.
Ergänzend dazu erläuterte NP-Chef Borrmeister:

Kurzum: Scheint noch nicht in Sack und Tüten, aber man gibt sein Bestes.

Schließlich kamen die

Überraschungsgäste

Als da waren:

Ansonsten sah ich viele Bekannte von der NPV, den Schandauer Bürgermeister Kunack, die Sprecherin der BI Hohnstein Owsian, Bergsteiger und sonstige bekannte Aktive.

Waldbrand

Das war ein relativ kleiner Kreis (gut ein Dutzend Leute), so dass sich jeder sogar selbst vorstellen konnte. Neben dem sehr guten Moderator, dem Innenminister und dem Vortragenden (s.u.) saßen auch Feuerwehr, Förster und Sachsenforst mit am Tisch.

Herr Ritter-Kittelmann, seines Zeichen Amtsleiter für Katastrophenschutz im Landkreis, hielt ein Impulsreferat zur Waldbrandvorsorge und -bekämpfung, das mir recht formal vorkam.

Ich wendete gleich darauf ein, dass mir hier zwei wichtige Dinge fehlen: Brand-Früherkennung und sog. Schlauchwege, die so noch nicht klassifiziert sind. Dazu weiter unten.

Der Innenminister verfolgte die ganze Zeit über die Diskussion sehr aufmerksam und mischte sich oft ein. Das weckt Hoffnungen.

Die Zeit war zu kurz, um auf Drohnen einzugehen zur Früherkennung, vgl. die mdr-Meldung vom Harz.

Waldentwicklung

Diese Runde war etwas größer, den Impulsvortrag hielt U.Borrmeister, Chef des NP. Er zeigte und interpretierte einige Grafiken:

Offizielle Zusammenfassung

Aus den Zusammenfassungen der Moderatoren habe ich mir nur vier Punkte notiert:

Nachschlag

Hinterher konnte ich noch mit einem Feuerwehrmann reden, der einige interessante Dinge berichtete:

Fazit

Die Diskussionen, die ich erlebte, waren durchweg sachlich und sehr interessant. Dass Vieles auf der Strecke bleiben musste, war dem Zeitlimit geschuldet: 3 Stunden brutto für die ganze Veranstaltung. Wir hatten die Möglichkeit, Kritik und Vorschläge einzubringen, und natürlich werden wir alle beobachten, ob auch etwas passiert. Das nennt man übrigens Demokratie. Nicht nur Wahlen.

Brückengrund/Lorenzweg: Sorge um die Brandgefahr

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Wir sind heute nochmals vom Kleinen Zschand den Brückengrund und Lorenzweg gelaufen:

karte

Das ist der zugefallene Forstweg in einem ca. 40ha großen Gebiet nördlich und östlich der Lorenzsteine, die einzig mögliche Zufahrt für die Feuerwehr im Brandfall. Auch zu Fuß kommt man durch das Dickicht aus umgestürzten Fichten, Jungfichten, Feinreisig, Farn und Brombeeren nur sehr schwer durch; von Norden und Westen verhindern Felswände den Zugang, von Süden ein Riff und Fichtenmikado. Andererseits sind die Lorenzsteine ein wichtiges Kletterziel, dort wird auch gebooft. Und der Weg wird ab und zu begangen (das sah man eindeutig), hoffentlich nicht von Rauchern im Sommer.

Es gibt Zweifel, ob Tanklöschzüge über Zeughausstraße/Knorre herankämen (auch sie stehen dann nördlich der Lorenzsteine vor einem Holzverhau), denn möglicherweise steht ein kleiner Fels in der Nähe der Spitzsteinschlüchte zu nah am Weg. Das wäre einmal nachzumessen.

Das Problem ist bekannt. Der Weg könnte mit geringerem Aufwand als manche andere (Königsweg, Thorwalder Reitsteig) freigeschnitten werden, ist aber kein ausgewiesener Wanderweg. Deswegen steht er vermutlich nicht im Brennpunkt, "der Druck ist nicht so groß". Die Frage ist nur, ob das einen Waldbrand interessieren würde.

Wir haben versucht zu zählen, wieviele Bäume man durchsägen müsste, um den Weg für einen Tanklöschzug befahrbar zu machen: Es sind knapp 170. Diese Zahl gibt dem unbedarften Wanderer auch gleich eine Vorstellung, wie sich das "Wandern" auf solchen Wegen anfühlt. Es ist deutlich einfacher als in Rolf Böhms herrlich ironischem Beitrag beschrieben, aber man sollte elastisch sein und reißfeste Kleidung haben. Ich habe die heutigen Bilder in einer

Galerie

zusammengefasst. Bild 2 ist vielleicht der schwierigste Teil, noch am Anfang des Brückengrunds. Bild 4 ist für mich sehr beunruhigend: Der dichte, ausgetrocknete Adlerfarn ist sehr leicht brennbar. Die darin verborgenen dürren Zweige brennen die dickeren und schließlich dicke Stämme an, was das berüchtigte Flugfeuer erzeugen kann. Zumindest sollte man damit rechnen. Auch die Jungfichtenhänge wie in Bild 12 dürften bei Trockenheit sehr gut brennen, und das Feinreisig in Bild 16. Interessant sind Bild 9 und 10: Hier wurde ohne Frage Gelände gangbar gemacht und Holz in Bodenkontakt gebracht (in der Hoffnung, es möge verrotten).

Man macht sich in der Nationalparkverwaltung inzwischen rege Gedanken um den Brandfall und versucht zu tun, was geht: Wege freihalten, Holz zerschreddern, Äste auf den Boden legen, Brände früh erkennen (vorerst durch mehr Ranger). Das kritischste Gebiet östlich des Thorwaldgrats ist da durchaus im Blick - nicht ohne Grund platziert man gerade dort eine mobile Zisterne. Aber hier lauert ein vielleicht ebenso großes Problem, denn Kirnitzschtalstraße, Felsen- und Neumannmühle sind in unmittelbarer Reichweite, und ein böser Brand könnte sogar noch den Kleinen Zschand (Fahrweg) blockieren und damit eine zentrale Zufahrt.

Heißes Versteckspiel: Lagerfeuer mitten im Wald

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Die Nationalparkverwaltung berichtete seit dem Sommer von fünf illegalen Lagerfeuern mitten im Wald (ohne Bezug zu Boofen). Alle wurden nur durch Zufall entdeckt und waren teilweise sogar sehr schwer zu finden. Nur in einem Fall konnten die Verursacher gefasst werden:

30.6., Arnstein

Wanderer meldeten eine Brandstelle oben am Arnstein mitten zwischen Felsen, die aus der Ferne nicht zu sehen war. Feuerwehrleute mussten 100l Wasser in Löschrucksäcken über den steilen Zugang selbst hochtragen. Die Brandfläche von etwa vier Quadratmetern ging eindeutig von einem illegalen Lagerfeuer aus. Wie typisch für solche Situationen, hatte sich der Brand bis zum Eintreffen der Feuerwehr bereits bis in die tieferen Bodenschichten vorgearbeitet. So entstandene Glutnester können sich im Boden fortbewegen und erneut aufflammen.

arnstein arnstein arnstein

17.7., Ostrauer Mühle

Keine drei Wochen später fand man das nächste Feuer am Malerweg mitten im Wald in Nähe der Ostrauer Mühle, wiederum dank Wanderer. Weil zwei Feuerlöscher zu wenig ausrichteten, mussten Feuerwehr und Nationalparkwächter zu Hilfe gerufen werden. Mit 80l Wasser konnte man die heißen Stellen endlich ablöschen.

ostrau

24.7., Schrammsteingrat

Am Jahrestag des Ausbruchs des großen Brands, ein Montag, bemerkten zwei Feuerwehrmänner aus Hamburg auf dem Schrammsteingratweg Brandgeruch und suchten umgehend die Ursache. Sie wurden auf dem versteckten Kletterzustieg zum Gipfel Neptun fündig. Dort hatten Besucher am Wochenende ein Feuer auf der dicken Humusschicht des Waldbodens gemacht und nicht richtig abgelöscht. Im Untergrund brannte das Material weiter und musste im Laufe des Tags von Feuerwehr und Wächtern mit Löschrucksäcken bekämpft werden.

Wenn der Wind nicht günstig gestanden hätte und die Besucher nicht gerade Feuerwehrleute gewesen wären, hätte das vielleicht wieder einen so schwierigen und umfangreichen Einsatz wie beim Brand unterhalb der Schrammsteinaussicht im Juni 2020 erfordert, möglicherweise sogar mit sehr teurer Luftunterstützung.

schramm

12.10., Wurzelweg

Ranger rochen oben am Wurzelweg in Schmilka Rauch und machten sich auf die langwierige Suche nach der versteckten Feuerstelle. Die Glut hatte sich im Laub bereits bergab gefressen. Gemeinsam konnte das Feuer auf einer Fläche von rund sechs Quadratmetern aufgegraben und gelöscht werden. Vermutlich hat die feuchte Witterung Schlimmeres verhindert. Frisch abgesägte Äste in unmittelbarer Nähe der Feuerstelle waren eindeutige Indizien für ein illegales Lagerfeuer. In diesem Fall brauchte es 150l Wasser aus Rucksäcken sowie wieder das Aufgraben mit Hacken und Schaufeln.

wurzel wurzel

17.10., Wehlen

Keine Woche später wurden Polizei und Feuerwehr zu einem Lagerfeuer auf einem Horn oberhalb Wehlen gerufen, neben dem drei dänische Malerwegwanderer zelteten. Sehr leicht hätte der Wind Funken vom Feuer in den Wald darunter wehen können und damit die Häuser an der Elbe unmittelbar gefährdet. In diesem Fall hatte man die Übeltäter und konnte ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten.

wehlen

Nachbetrachtung

Diese kleine Statistik zeigt einmal mehr:

Umso wichtiger sind eine konsequente Bestrafung der leider wenigen erwischten Gokler und die Bekanntmachung der (anonymisierten) Strafe. Gerade bei Letzterem ist reichlich Luft nach oben. Wir werden versuchen mitzuhelfen, diesen Missstand zu reduzieren.

Farn kontra Jungwald - Update vom 13.9.

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Aufmerksamen Beobachtern dürfte nicht entgangen sein, dass sich Bestände von Adlerfarn immer mehr im Nationalpark ausbreiten, vor allem im Gebiet des "Fichtenmikados". Deswegen schlägt noch kaum jemand Alarm - um mal einen Filmtitel zu zitieren: "Es ist nur eine Phase, Hase!".

Solch eine "Farnphase" gab es schon einmal Anfang der 80er Jahre. Damals wuchs der Adlerfarn teilweise mannshoch und machte die Wegfindung zur Knobelaufgabe, so wie auch dieses Jahr den Kletterzustieg zum Schreckensteiner Turm:

Kletterzustieg

Wir vermuteten, der saure Regen hätte das Farnwachsturm so begünstigt und lagen damit nicht komplett daneben. Ihr Rückgang, dachten wir, hing mit der besseren Luft zusammen. Doch inzwischen wuchern die Farnwälder wie nie zuvor.

Farn verschwindet nicht

In Forstartikeln las ich, dass der Adlerfarn aktiv bekämpft werden muss, damit Baumsetzlinge eine Chance bekommen. Man ließ sogar Schulklassen die Wedel umtreten (das hilft zum Glück schon). Na gut, im Forst, und hier im Nationalpark darf doch keinesfalls eingegriffen werden, das wäre ja Frevel am ehernen Prozessschutzprinzip "Natur Natur sein lassen".

Also, verschwindet der Farn wieder von allein? Nein, im allgemeinen erst einmal nicht. Ein Stiegenfreund machte Urlaub im Nationalpark auf dem Darß und fand dort eine Broschüre von 2010, in der auf Seite 50 behauptet wird, dass "der hübsche Adlerfarn ein Relikt aus der Bewirtschaftung ..." sei und eine natürliche Verjüngung nur verzögere. "Wer genau hinsieht, findet unter und zwischen den gefiederten Blättern stattlicher Adlerfarn-Exemplare tapfere Birken- und Buchenschösslinge. Sie überrunden den Farn früher oder später." Fachliche Beratung übrigens u.a. Prof.Biebelriether, ehemals Chef vom NP Bayrischer Wald und gedanklicher Pate für unseren NP.

Wie das Überrunden nach 13 Jahren aussieht, zeigt folgendes Foto, das mir der Stiegenfreund dankenswerterweise zur Verfügung stellte:

NPdarsz

Wissenschaftliche Arbeit zum Adlerfarn

Nun begann ich zielgerichteter zu recherchieren und fand vor allem folgende interessante Arbeit:
(Quelle: https://www.patura-alpina.ch/fileadmin/digiplanalp/documents/boroncyk-etal-2005-adlerfarn-pulsatilla-S33-39.pdf)

Ja, da sind allerhand Fachbegriffe enthalten (ich bin selbst auch weder Biologe noch Forstwissenschaftler), aber die Quintessenz ist doch bemerkenswert:

Farn Richterschlüchte

Nur wenige, sog. euryöke Arten (also sehr tolerante gegenüber den Wachstumsbedingungen) können unter diesem Farn noch gedeihen.

Apropos Brand: Ausgetrocknete Wedel brennen sehr leicht; in https://www.mdbsrl.com/deu/artikel/32/adlerfarne-die-leise-invasion/ heißt es:

Pteridium bildet trockene Wedel, die vor allem in trockenen Jahreszeiten eine erhebliche Brandgefahr darstellen können. Diese Brände können intensiver und schädlicher sein als solche, die in Gebieten mit einheimischer Vegetation entstehen.

Dazu mal ein Standbild aus der Folge 5 der 9.Staffel der Biwak-Sendung des mdr (online bis 8.7.2028 hier ):

biwak

etwa ab Min.16, wo behauptet wurde, Totholz brenne ja nicht.

Bekämpfung

Adlerfarn kann nicht durch Schafe, Ziegen oder Kühe abgeweidet werden, weil die Tiere davon erkranken (im Nationalpark ohnehin keine Option). In Abschnitt 4.2 heißt es:

Da Adlerfarn vor allem auf saurem Untergrund gedeiht, erweist sich das Kalken sauren Bodens als weitere Möglichkeit, Dominanzbestände zu bekämpfen.

Aber auch das geht nicht in Prozessschutzflächen.
Am besten soll Kalkung mit 2-3maliger Mahd wirken, "der Bearbeitung der Fläche mit einer schweren Walze (Bodenverdichtung) und einem geregeltem Weidegang mit einer Mischherde" - Zitat aus einer Arbeit von 1961 ...

Weiter heißt es:

Eine vollständige Beseitigung des Rhizomgeflechts ist mit keiner Maßnahme zu erzielen, die Biomasse kann jedoch deutlich reduziert werden. Hierzu bleibt zu sagen, dass sich nach jeder Maßnahme ein neues Gleichgewicht einstellt, welches ein weiteres Verringern der Biomasse des Adlerfarnes unmöglich macht.

Die Ohren werden spitz bei folgendem Zitat:

Kleinflächige Bestände, die sich nicht weiter ausbreiten, wie beispielsweise Flächen in Fichtenforsten der Dübener Heide, spielen aus naturschutzfachlicher Sicht eine untergeordnete Rolle. Dort werden beim Umbau des Waldes die Adlerfarnbestände gemäht, bis die Buchen groß genug sind und ihn überwachsen. In den dichten Fichtenforsten bildet er sich nicht weiter ausdehnende Bestände und ist aus Sicht der Forstwirtschaft unproblematisch. Diese Fichtenforste sind auch für den Naturschutz unrelevant.

Alles kein Thema in unserem Nationalpark.

Nachtrag vom 13.9.

Auf die Rundmail zu diesem News-Eintrag schrieb mir ein Feuerökologe:

Kein toter Wald beim Rosenberg

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Die Straße von Srbská Kamenice nach Ružova fuhr ich früher oft, nach meiner Erinnerung war hier ein großer Fichtenwald. Seit dem großen Waldsterben war ich nicht mehr dort; höchste Zeit, einmal kontrollzuradeln. Also wie üblich nach Hřensko, über Jetřichovice nach Srbská und dann hoch.

Das Hauptergebnis gleich vornweg: Nein, kein Mikado, kein erschreckender Anblick nebst Waldbrandsorgen. Sondern grüner Jungwald, viele Kiefern und Birken. Ach richtig, dort ist ja gar kein Nationalpark, kein Prozessschutz - dort wird brutal geforstet ☺. Und viele Fichten stehen noch. Hat man es etwa geschafft, befallene Bäume zu entfernen? Fehlschlag für den Katastrophentouristen.

Aber es gab einige interessante Beobachtungen:

Zisternen gehen auch viel billiger - Update zum 4.7.23

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Wie so oft zeigt Tschechien, das einfach nicht so viel Geld ausgeben kann wie wir, dass man Löschwasserzisternen auch viel billiger bauen kann. Wieviel billiger ... erst einmal den folgenden Text von

https://www.idnes.cz/usti/zpravy/decin-ceske-svycarsko-vak-nadrz-voda-hasici-pozar.A230621_142720_usti-zpravy_grr

durchlesen, den ich mit DeepL übersetzung ließ und nachbesserte:

Riesige Säcke sollen bei der Brandbekämpfung in der Böhmischen Schweiz helfen, Schutz vor Vandalen wird angegangen

  1. Juni 2023 14:56

Drei großvolumige Wassersäcke sollen bald in der Böhmischen Schweiz bei der Brandbekämpfung helfen. Eine Firma aus Děčín hat sie nach den Bedürfnissen der Feuerwehrleute hergestellt. Die Säcke sehen aus wie riesige Kissen. Ein in den Sandstein gehauener Tank im Park ist ebenfalls ein Wasserreservoir. Aber sein Standort ist geheim.

Der Sack hat eine Größe von 8,5 mal 6 Metern und ist, wenn er vollständig mit Wasser gefüllt ist, etwa 140 Zentimeter hoch. Der erste Sack soll nächste Woche auf dem Feld aufgestellt werden, die beiden anderen bis zum 1. Juli. Jeder kann 50.000 Liter Wasser fassen, was etwa zwölf kleinen Tankwagen entspricht.

"Wir werden einen Sack in der Nähe von Richters Hütte zwischen den Dörfern Doubice, Kyjov und Brtníky (Zeidler) aufstellen, einen weiteren in der Mitte des Parks bei Dubák in der Nähe von Vysoké Lípa und den dritten unter den Silbermauern, wo das Feuer im letzten Jahr ausgebrochen ist", sagte Jakub Juda von der Nationalparkverwaltung.

"Die Standorte wurden nach Rücksprache mit den Feuerwehrleuten ausgewählt, da es sich um schwer zugängliche Orte ohne Wasserquellen handelt", fügte er hinzu.

Die Wassertanks sind aus frostsicherem PVC-Material mit UV-Filter gefertigt. "Ein leerer Sack wiegt fast 140 Kilogramm und hält Temperaturen von bis zu -30°C stand. Wir haben uns bewusst für die Farbe Khaki entschieden, damit sie im Einsatz nicht so sehr auffällt", beschreibt Lukáš Jabor, der Geschäftsführer von Vaky Jabor in Děčín, die technischen Parameter.

Die Lebensdauer der Säcke beträgt zehn bis fünfzehn Jahre, je nach den Bedingungen, unter denen das Reservoir genutzt wird. "Wir wollen der Parkverwaltung eine silberne Schutzfolie anbieten, um den Beutel abzudecken und so seine Lebensdauer zu verlängern", so der Geschäftsführer.

Bei der Entwicklung der Spezialsäcke arbeitete das Unternehmen mit der Feuerwehr zusammen. "Eine der Anforderungen war zum Beispiel, dass sowohl die Befüllung als auch die anschließende Übergabe an das Tanklöschfahrzeug so schnell wie möglich erfolgen sollte. Deshalb haben wir zwei Löcher zum Befüllen und ein großes zum Ablassen des Wassers vorgesehen. Um zu verhindern, dass die Ventile einfrieren, befinden sie sich über dem Wasserspiegel", so Jabor weiter.

Im Falle eines Brandes wird das Wasser aus den Säcken für die ersten Löscharbeiten verwendet. "Wir betrachten es als eine Ergänzung, die nur die ersten Löscharbeiten abdeckt", sagte Boleslav Lang, Leiter der Feuerwehr in Děčín.

Die Behälter werden von Nationalpark-Rangern kontrolliert. "Unser Hauptanliegen ist es, Vandalen daran zu hindern, die Säcke zu beschädigen. Wir denken daher über technische Maßnahmen nach, um zu verhindern, dass Besucher die Säcke zerstören. Zäune oder die Installation von Fotofallen mit Aufzeichnung sind Optionen. Wir werden auch Informationstafeln aufstellen, auf denen erklärt wird, wie wichtig das Löschwasser für den Park ist", sagte Jakub Juda und fügte hinzu, dass ein Reservoir fast 100.000 CZK (ca. 4000€) kosten wird.

"Wenn jemand ihn absichtlich beschädigt, begeht er eine Straftat. Wir glauben, dass so etwas nicht passieren wird", fügte er hinzu.

Die Parkverwaltung wird ein natürliches, in den Sandstein gehauenes Reservoir als zusätzliches Wasserreservoir nutzen, falls dies erforderlich ist. "Wir haben es mit einer Plane ausgekleidet und befüllt. Er enthält 70.000 Liter Wasser, aber ich werde nicht genau sagen, wo sich der Tank befindet", sagte der Sprecher des Nationalparks, Tomas Salov, und fügte hinzu, dass weitere Wasserreservoirs an verschiedenen Stellen im Wald vorhanden sind.

"Es gibt etwa 15 Tanks, die jeweils 1.000 Liter Wasser fassen. Sie werden für die Beseitigung kleinerer Brände verwendet. Damit überhaupt Wasser zum Löschen vorhanden ist", so Salov.

Bilder von Twitter:
ZisterneImWald
Quelle:
ZisterneTest
Quelle:

Kostenvergleich und anderes

Ich suchte in meine Aufzeichnungen und im Netz und fand in https://www.radiodresden.de/beitrag/zusaetzliches-geld-fuer-loeschwasser-zisternen-im-nationalpark-saechsische-schweiz-776775/ den Hinweis:

Der Freistaat schießt Geld für insgesamt sieben neue Löschwasserzisternen im Nationalpark Sächsische Schweiz nach. Zu den ursprünglich bewilligten 522.000 Euro gibt es mehr als 616.000 Euro dazu.

Also, falls sich das Geld auf alle 7 Zisternen bezieht (von denen eine bisher gebaut wurde), macht das im Mittel ca. 160.000€ pro Zisterne. Und die tschechischen Säcke sind 40mal billiger. Und sie brauchen weder aufwändige Planung noch Baugenehmigung, nur einen ebenen Platz, auf dem sie aufliegen können.

Update vom 10.8.23

Nun hat man erfreulicherweise auch bei uns die Vorzüge solcher Zisternen entdeckt. Geplant war das anscheinend schon länger, nur dachte ich, mit "mobilen Zisternen" seien die roten "Pools" gemeint, die als Zwischenstation für die Pumpen beim Waldbrand dienten. Doch Radio Dresden belehrte mich eines Besseren: Auch bei uns kommen drei "Wassersäcke", zwar nur mit 20m³ statt 50m³ Inhalt, aber ebenfalls ohne die riesigen "Nebenkosten" der unterirdischen Zisternen. Sie sollen später durch teure unterirdische Zisternen ersetzt werden. Die erste liegt bereits auf der Thorwaldwiese, vor dem ohne Frage neuralgischsten Punkt in Sachen Waldbrandgefahr - der Ostseite der Thorwalder Wände. Man will zügig Zugänge von der Zisterne ins Gelände freilegen oder hat es schon getan.

Thorwaldzisterne

Drei versteckte Feuer in 2.5 Wochen

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Eine aktuelle Pressemitteilung der Nationalparkverwaltung ist mir Anlass, auf eine leider nicht ganz neue, aber im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährliche Unsitte hinzuweisen: Es wird nicht nur im Wald gefeuert, sondern offenbar sogar verstärkt an entlegenen Stellen. Das jüngste Feuer vom Sonntag, 23.7., war nah am Schrammsteingrat, und zwar hier - also nicht einsehbar. Zum Glück kamen zwei Feuerwehrleute aus Hamburg vorbei, die der Brandgeruch alarmierte - und sie fanden die versteckte Brandstelle. Das Löschen ging nur mit Löschrucksäcken. In jedem stecken 20kg Wasser, die es über die bekannten Leiterwege auf den Gratweg hochzutragen gilt. Ansonsten bliebe als Erstangriff nur ein Helikopter mit der Gefahr, dass das abgeworfene Wasser die Glut aufwirbelt und in den Hang darunter wirft. Das ist oft ein Argument gegen solche Einsätze, in diesem Fall vielleicht auch.

Ein kurzes Video, das ich erhielt, zeigt die noch qualmende Stelle. Ja, das kann tagelang im Waldboden weiterkokeln! Unter der Oberfläche ist noch genügend Hitze, wie dieses Bild aus der Pressemitteilung zeigt.

Ohne die aufmerksamen Wanderer (und die günstige Windrichtung!) hätte es leicht anders kommen können: Es wird spätnachts windig, der Schwelbrand flammt auf, und der Schrammsteingrat steht plötzlich in Flammen. Dann geht es nur noch aus der Luft, mit nach unten fallender Glut ...

Lagerfeuer am Arnstein

Am 30.6. erst entdeckten Wanderer ein noch schwelendes Lagerfeuer fast oben auf dem Arnstein (Pressemitteilung hier ). Hier hieß es die Löschrucksäcke durch diesen Anstieg hochtragen, etwa 100kg Wasser insgesamt. Man begreift schnell, dass man hier mit Schläuchen und Pumpen nicht so einfach weiterkommt, denn der Aufstieg schlängelt sich steil im Kreis nach oben und ist eng.

Feuer auf der Carolaaussicht

Weiterhin erfuhr ich kurz danach von einem "Romantikfeuer" (wie ich diesen Ausdruck hasse!) auf dem Carolafelsen. Ja, der ist felsig, hat aber genügend Humus in den Spalten und jedes Potenzial, einen Brand an völlig unzugängliche Stellen zu tragen. Der verheerende Brand in den Affensteinen 2006 lässt grüßen.

Feuer am Malerweg

In einer weiteren Pressemitteilung vom 12.7. wird von einem Feuer ungefähr 2m abseits des Malerwegs berichtet, etwa hier. Das könnte auch eine Zigarettenkippe gewesen sein, wurde vermutet. Der Schwelbrand wurde von zwei aufmerksamen Wanderern bemerkt, die vorher in der Ostrauer Mühle einkehrten und noch die Rechnung hatten. Auf dieser stand die Telefonnummer, und so waren schnell Leute mit zwei Feuerlöschern zur Hand. Das reichte aber nicht, es brauchte noch Nationalparkwacht und schließlich die Feuerwehr.

Schlussfolgerungen

Idioten wird es immer geben, das ist nichts Neues. Überraschend und unangenehm ist deren Häufung. Gegen die "Romantikfeuer" auf Riffen wettern wir ja schon lange: Es gibt doch nichts Schöneres, als abends auf hohem Felsen bei einem kleinen Feuer in den Sonnenuntergang zu schauen. Und am nächsten Tag bei der Abreise mit viel Glück noch einen echten Tanklöschzug zu Gesicht zu bekommen.

Aber seid versichert, Ihr tollen Naturliebhaber: Es wird Jagd auf Euch gemacht, nicht nur von der Nationalparkverwaltung mit Polizei und Hubschraubern (teurer geht es nicht). Auch der SBB (Sächsische Bergsteigerbund), überhaupt die übergroße Zahl der Wanderer und Kletterer hier haben ein vitales Interesse daran, diese Landschaft zu erhalten und so etwas wie den Ausnahmezustand letztes Jahr nicht noch einmal erleben zu müssen. Ja, die Gefahr wäre sogar ohne Totholz krass, der Klimawandel lässt grüßen.

Weil beim Brand 2022 so Mancher auf gepackten Koffern saß mit der Angst im Nacken, sein Heim zu verlieren, ist es nicht ausgeschlossen, dass es bei ihm zu einer Kurzschlusshandlung kommt, falls er Euch beim heimeligen Kokeln mal erwischt. Ehrlich, wir haben alle Angst. Und der öffentliche Druck, den Rechtsrahmen für die Strafhöhe erwischter Missetäter auszuschöpfen, ist vermutlich groß.

Das musste mal gesagt werden.

Waldbrand Gohrischheide nach einem Jahr

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Am 20.7.23 konnte ich die Gohrischheide nördlich von Zeithain mit dem Rennrad umrunden, musste mich dabei natürlich auf Straßen beschränken. Das war 2022 der seit 30 Jahren größte Waldbrand in Sachsen. Dort erfasste er etwa 550ha, zusammen mit Brandenburg 800ha.
Ich selbst konnte vom Brandgebiet nur den Teil bei Kosilenzien sehen, der hier liegt. Von der Straße von Lichtensee im Südosten bis Kosilenzien im Norden habe ich 13 Bilder zu einer
Galerie
zusammengefasst.

Ein Luftbild von einem Teil des Brands findet man hier.

Meine Beobachtungen

Weitere Brandflächen

Man kann auf munitionsfreien Waldwegen an andere Brandgebiete herankommen. Das verbot sich für mich wegen der Tourlänge und des Rennrads. Interessant ist, was im Bericht der Expertenkommission zu den Bränden 2022 in Sachsen auf S.38 steht:

... Dies ist allerdings auf den großen Waldbrand in der Gohrischheide
zurückzuführen, bei dem überwiegend birkenreicher Pionierwald
betroffen war.

Hier sollte es bei allen klingeln, die sich über sprießenden Birkenwald nach einem Brand freuen.
Etwas genauer heißt es auf S.60:

Vom Brandgeschehen betroffen waren überwiegend nutzungsfreie, rund
30 Jahre alte Sukzessionswälder mit Gemeiner Kiefer, Hänge-Birke
und Espe als führende Baumarten.

Auch das sollte nicht verwundern: Natur Natur sein lassen heißt eben auch, die Brandgefahr zu erhöhen.

mdr-Film "Lebensretter" über die Feuerwehrleute beim Großbrand 22

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Zwar war ich erst etwas misstrauisch, weil die Serie manchmal ein bisschen plakativ herüberkommt, aber der Film "Lebensretter" über die Feuerwehrleute beim Waldbrand 22 in der sächsisch-böhmischen Schweiz

https://www.mdr.de/tv/programm/sendung-863894.html

hat mich doch sehr beeindruckt. Das ist unbedingt sehenswert. Es geht wirklich nur um die Feuerwehrleute, nicht um Totholz, Prozessschutz, Borkenkäfer und all die leidigen Themen. Ich wusste nicht, dass Kräfte aus Großschönau mit in Mezna waren (wo drei Häuser abbrannten), und sie beschreiben eindrucksvoll, wie sie letztendlich um ihr Leben rannten und kaum noch Luft bekamen (und übrigens mit ihren tschechischen Kollegen nicht per Funk kommunizieren konnten).

Der bekannte Feuerwehrchef Kai Bigge aus Schandau gibt offen zu, dass er in den ersten acht Stunden einfach nicht Herr der Lage war - keiner kannte sowas. Am Großen Winterberg erst Fehlalarm, dann doch Alarm, und auf einmal raste aus dem Qualm eine Feuerwalze auf sie zu. Auch dort rannten und fuhren sie um ihr Leben.

Ach ja, ganz amüsant: Bigge wurde als Luftbeobachter hinzugezogen, er sollte sehen, ob die Wasserabwürfe vom Hubschrauber treffen. Kein Problem, er stellt sich eben irgendwo hin und beobachtet. "Nein, Du fliegst mit!" Noch nie Heli geflogen, aber das geht schon irgendwie. "Nein, nicht im Sitz, sondern auf der Kufe an der offenen Tür!" Er meint, dass die Abdrücke vom Festkrallen an der Schwelle vermutlich noch heute sichtbar sind.

Wichtig auch die Beschreibung des Feuersturms, der dort entstand. Es war eben nicht einfach Wind. Das ist so wichtig! Und wie das Feuer sprang, und wie sie es dann doch in den Griff bekamen.

Ich werde das Gefühl nicht los, dass die "Weitergabe" solcher Emotionen auch in sehr absehbarer Zukunft sehr wichtig sein wird ...

Exkursion in die Brandgebiete im böhmischen NP

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Update 26.6.: Die große Boofe heißt laut https://www.rotofo.de/boehmen/fels2_5.htm Schmetterlingsboofe. Und an den 10.000 Bäumen, die für den Hauptteil des Gabrielensteigs gefällt werden müssten, gibt es Zweifel. Ebenso kann die Verkehrrsicherungspflicht nicht ganz so rigide sein wie behauptet - auf https://www.npcs.cz/de/bezpecnost wird auf das Begehen auf eigene Gefahr hingewiesen.

Am 24.6.23 veranstaltete das Nationalparkzentrum in Bad Schandau eine Exkursion in die Brandgebiete im böhmischen Nationalpark unter dem markanten Titel "Vom Gabrielensteig aus in den Feuerkessel geschaut". Es war ziemlich schwer, sich anzumelden und vor allem den Treffpunkt zu erfahren (es soll alles besser werden, wurde mir versichert), aber ich schaffte es zur richtigen Zeit dorthin.

Die Führung übernahm entgegen der Ankündigung der bekannte Fotograf Václav Sojka, Petr Bouška von unserer Nationalparkverwaltung übersetzte. Da alle Teilnehmer ordentliche Schuhe an hatten und nach Meinung der Veranstalter rüstig genug wirkten, trat Plan B in Kraft, der deutlich besser als Plan A (zum Prebischtor) war: Viel querfeldein und über umgestürzte Bäume durch das Brandgebiet, durchaus anspruchsvoller, aber umso interessanter. Mit einem Ranger ist das außerhalb der Kernzone eben möglich. Eine unkommentierte Galerie von Bildern der Tour sollte man sich auf jeden Fall anschauen!

Wir liefen hinter dem Abzweig zum Gabrielensteig ein Stück Straße, dann den Torgrund hinein auf eine Höhe, dann querfeldein und recht steil am Hang zu einem riesigen Überhang (dazu weiter unten, Bild 17 in der Galerie), hinab in den Prebischgrund, wo der Brand am schlimmsten wütete, und danach von der Straße aus querfeldein bergan zum Mühlsteig und diesen zurück.

Wir erfuhren doch viele interessante Details über den Brand und bekamen eine gute Vorstellung davon, wie die Natur auf den Brand reagiert. Das ist teilweise besser als gedacht, teilweise wie erwartet. Eigene Kommentare in eckigen Klammern. Ein grober Überblick:

Zum Brand und dessen unmittelbare Folgen

Botanische Entwicklung

Es war interessant und erfreulich zu sehen, was so alles wuchs - nicht überall natürlich. Auf der ersten Höhe über dem Torgrund blieb die Asche liegen und wurde nicht weggespült, Nährstoffe drangen in den Boden ein und brachten doch eine vielfältige Krautschicht hervor. Dank lebender Birken in der Nähe wuchsen auch sehr viele kleine Birken, typische Pionierpflanzen. Bild 7 gibt eine grobe Vorstellung von dem Eindruck, den man dort hat. Das "obligatorische" wetteranzeigende Drehmoos - die orangen "Golfschläger" in Bild 5 - findet man natürlich auch, unten an der Straße nur bei Staunässe (durch den Brand gibt es derzeit oben mehr Nährstoffe als unten).

Die extremen Farnwälder - nur als Beispiel in den Bildern 9, 26 und 30 - dürften andere Vegetation erst einmal unterdrücken. Wie lange, ist unklar. Aber man will unbedingt Natur Natur sein lassen.

Große, einzelne Buchen werden absterben, aber vermutlich vorher noch einmal Bucheckern verstreuen. Wie diese in solchem Gelände hochkommen? Die Praxis wird es zeigen.

Erosion

Trotz der heftigen Regenfälle diese Woche beobachtete ich keine deutliche Erosion. Es ist offen, wie weit die verkohlten Stubben den Hang stabilisieren. Vorerst kein Alarm.

Mezna

Die Funken flogen aus dem Brandgebiet etwa 200m weit in den Ort. An einer Stelle entzündeten sie eine Hecke, an einer anderen eine Grube mit Laub. Dadurch brannten Häuser "in Ruhe" ab, denn der Ort war evakuiert. Doch die Einsatzkräfte zogen sich auch wegen der Rauchentwicklung zurück, die Einwohner hätten noch weniger machen können. Wassermangel gab es natürlich auch - später verlegte man unglaublich dicke Schläuche längs der Straße [die mit den großen Somati-Pumpen befüllt wurden - die haben wir bestimmt nicht].

Das Thema Funkenflug kam eigentlich nur hier mehr zur Sprache. Und bei uns könnte der "Flugrekord" bei 2.3km liegen ...

Die Boofe

Bild 17 zeigt einen riesigen Überhang, zu dem kein Weg (mehr) führt. Je näher der Sand an der Wand, desto weniger wurde er im Laufe der Geschichte "umgeschichtet". Bei ersten Untersuchungen fand man in nur 1.30m Tiefe Spuren aus der Bronzezeit sowie Knochen von Schafen oder Ziegen. Dort gab es offenbar eine Waldweide, die ältesten Spuren der Zivilisation dort, übrigens die gleiche Zivilisation wie der bronzezeitliche Wall am Pfaffenstein.

Man wird dort weiter untersuchen und auch einen Pollenspezialisten hinzuziehen, der Rückschlüsse auf die Vegetation ziehen kann. Der Sand scheint mindestens 5m tief zu sein.

Gabrielensteig, Edmundsklamm und Verkehrssicherung

In Tschechien [jedenfalls dort, wo man Gesetze wirksam kontrolliert] herrscht im Unterschied zu uns strenge Verkehrssicherungspflicht. Das heißt, man darf nicht auf eigene Gefahr in den Wald gehen, was teils zu unsinnigen Baumfällungen führt (wir bekamen ein Beispiel am Mühlsteig gezeigt). Um den Gabrielensteig wenigstens bis zum Prebischtor offiziell begehbar zu machen, mussten ca. 1000 Bäume gefällt werden [sicher vorwiegend verbrannte], beim Weiterweg bis Mezni Louka wären es 10000. Das ist weder vom Aufwand noch vom Schutzziel her machbar. Es können immer wieder Bäume von oben herabfallen [Wurzelbrände, so wie bei uns kürzlich in der Richterschlüchte, etwa hier].

[Ergänzung: Ein "Augenzeuge" von Herbst 22 und Januar 23 bezweifelt stark, dass 10.000 Bäume oberhalb des Stücks Prebischtor - Mezni Louka absturzgefährdet wären. Das müsste man genauer untersuchen. Vielleicht helfen dabei Luftaufnahmen, die dieses Jahr hoffentlich aktualisiert werden.]

Über der Edmundsklamm gibt es sehr große Hänge mit verbrannten Bäumen, die unberechenbar herunterfallen. Dort kann man aus technischen Gründen nicht hinein, über eine Wiedereröffnung braucht man vorerst nicht zu reden.

Fazit: Solange sich die Gesetze nicht ändern, sieht es sehr schlecht aus schon für den Gabrielensteig. Übrigens ist auch die Sucha Kamenice (hoch zum Belvedere, das auch nur noch Hotel ist) gesperrt - ob sie jemals wieder offiziell begangen werden darf?

Natur Natur sein lassen

Es gab Diskussionen von Teilnehmern, hier einzugreifen. Doch das scheint vorerst nicht in Sicht. Man pocht auf 100%igen Prozessschutz, sofern nicht von "oben" andere Anweisungen kommen. Ich erfuhr jedoch, dass z.B. bei Doubice schon Waldränder in Ortschaftsnähe gerodet werden.

Die Brandgefahr ist vorerst nicht im Fokus. Wenn in 10-20 Jahren eine dichte Krautschicht gewachsen ist, kann der nächste Brand dank alten Totholzes viel heftiger werden, wie wir inzwischen wissen. Um den Feuerwehrchef von Hřensko, Jan Kosik, nochmals zu zitieren ( News vom 13.3.23):

Bedenken Sie, dass 1.100 Hektar des Nationalparks abgebrannt sind und etwa 7.000 weitere noch stehen.

Und ob auf die Farnwälder noch etwas anderes folgen wird als Farnwald: Wird sich zeigen. "Die Natur ist schlauer als wir." [Nein, die ist weder schlau noch dumm, die macht einfach, berücksichtigt uns dabei aber in keiner Weise. Deswegen findet sie auch keine "beste Lösung" - dieser Begriff ist ohne Bedeutung. Und sie entwickelt sich auch nicht automatisch zum "natürlichen Gleichgewicht" - deren gibt es nämlich viele, Steppe und Wüste sind mögliche andere Optima neben Hochwald!]

Ausblick

Noch vor dem nächsten Brand und lange vor der stabilen Weiterentwicklung nach dem Brand wird sich die Auswirkung auf den Tourismus zeigen. Im Unterschied zu uns lebt die Gastronomie in Hřensko noch bestens (in Janov wohl schon nicht mehr so), man agiert schnell und flexibel und macht gute Werbung.

Aber de facto darf man nur noch 3.5 Wege laufen: Den gelben von Hřensko hoch nach Janov (wenig begangen), von dort die Klamm queren mit einem Abstecher zur kurzen Kahnfahrt in der wilden Klamm (das ist der halbe Weg), dann hoch nach Mezna (Gastronomie trotz Brands) und den Mühlsteig hinab. Und dann natürlich zum Prebischtor hin und zurück.

Das Klettern im Brandgebiet ist jedenfalls bis auf Weiteres nicht möglich. Man konzentriere sich auf die hinteren, legalen Teile des Nationalparks zu legalen Zeiten.

Entwicklung auf Thorwalder Reitsteig und in Richterschlüchte

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Der Thorwalder Reitsteig im Großen Zschand (für Ortsunkundige: hier - vom Start am Hochhübelweg bis zur Hickelhöhle) war nach ziemlichem Hin und Her 2022 freigesägt worden. Wie es dort noch im April 22 aussah, zeigt diese Galerie eindrucksvoll.

Nun wollte ich nachsehen, was sich inzwischen geändert hat. Es war interessanter als erwartet. Um es vorwegzunehmen: Der Unkundige freut sich, weil ja alles "so schön grün ist", der Betrachter mit Vorkenntnis schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. Und wir wissen noch nicht, in welche Richtung es weitergeht, man kann nur vermuten.

Die Tour und fehlendes Begängnis

Ich bin von der Neumannmühle am Zeughaus vorbei und den Hochhübelweg zum Reitsteig gelaufen, diesen bis zur Hickelhöhle, die Hickelschlüchte hinab, anschließend den Großen Zschand zur Richterschlüchte und diese hoch zum Großen Winterberg.

Es war an diesem Samstag vormittags schönes Wetter. Trotzdem stieg ich als Einziger an der Neumannmühle aus. Auf dem großen Parkplatz standen 9.30 Uhr zwei Autos. Das hätte es noch vor fünf Jahren nicht gegeben, dieser Platz war immer schon am Vormittag prall gefüllt.

Zwei Radfahrer sah ich bis zum Zeughaus (ein Bergsteiger), und bis zur Hickelhöhle lief ich allein. Zwei Wanderinnen folgten in Abstand auf dem Reitsteig, macht ca. 0.5 Leute/km. Zur Hickelhöhle kamen drei Leute (man kann von dort aus weiter), und insgesamt 5 Leute kamen die Richterschlüchte herunter. Erst auf dem Großen Winterberg sah ich mehr Touristen, weil dort der Kiosk (dieses Jahr noch) offen hat, und auf dem Bergsteig hinab nach Schmilka. Aber viel, viel weniger als früher.

Diese Einsamkeit lässt mir die Haare zu Berge steigen, wenn ich an einen versteckten Brand denke. Wir brauchen automatisierte Branderkennung, und zum Glück weiß man das "da oben" wenigstens, auch wenn die Lösung noch offen ist.

Die Galerien

Die Bilder werden zwar alle in die interaktive Karte eingetragen, doch ich habe sie zusätzlich zu einer Galerie zusammengefasst.

Die wenigen Bilder zu Richterschlüchte und braunen Kiefern finden sich in dieser Galerie.

Die Erläuterungen folgen weiter unten.

Der Große Hochhübelweg

Wie dieser Weg noch am 3.3.23 aussah, zeigt dieses Bild aus der interaktiven Karte. Er wurde zweimal freigesägt, was damals vermutlich mehr mit Jagd als mit Wandern zu tun hatte.

Das Gewirr aus Baumstämmen und Ästen vom letzten Jahr hat sich nun in ein echtes Dickicht verwandelt. An Bäumen wachsen dort überwiegend Birken und Jungfichten, ansonsten - leider - Farn und Brombeeren. Durch Brombeerhecken kommt auch keine Feuerwehr ohne großen Zeitverlust mehr durch, und Farn nimmt allen anderen Pflanzen das Licht weg und erhöht ausgetrocknet überdies die Brandgefahr. Ebenso hilft eine Motorsäge in undurchdringlichem Jungfichtendickicht kaum (ich weiß noch nicht, was die Feuerwehr in diesem Gelände machen könnte), Birken brennen übrigens auch ganz gut.

Aber wenn es nicht brennt, sind Birken gute Pionierpflanzen. Doch da sind die drei anderen "Mitspieler" vor.

Oben schaute ich kurz nach dem zugefallenen Forstweg zum Backofen (Impression hier) - nichts verändert.

In der neueren Galerie sind die ersten drei Bilder vom Hochhübelweg.

Der Reitsteig

Der ist gut laufbar, und weil die meisten Bäume umgefallen sind, hat man überraschende Fernblicke. Ich sah erstmals das Klingermassiv von Norden (Bild 17 in der Galerie). Und es gab Heidelbeeren in Massen. Spätestens Ende Juni sind die zuckersüß. Am Wegrand darf man die offiziell pflücken, das reicht zum satt werden. Leute, lauft hin, der Pfad wächst teilweise zu!

Wo etwas gewachsen ist, dominieren eindeutig Farn und Jungfichten, danach Birken. Der Farn bildet bereits geschlossene, große Flächen, auf denen erst einmal nichts anderes mehr wachsen dürfte. Er "sät" sich allerdings nicht so großflächig aus wie die Birken mit ihren Flugsamen (bis zu 250m weit). So erklärt sich das seltsame Bild 16 aus der Galerie, wo nur ein "Farnkeil" auf einem kahlen Hang wächst. Die vegetationslosen Hänge sind nicht verschwunden, es hängt wesentlich von der Lage ab, so mein Eindruck.

Summa summarum: Es wird grüner, aber das dürfte nichts mit einem naturnahen Mischwald zu tun haben. Buchen nur kleine, und denen geht es ohnehin nicht gut. Wäre ich Förster, würde ich mich über "Natur Natur sein lassen" vielleicht mit Bauchschmerzen freuen, denn so kann ich nicht für unvermeidliche Fehlentscheidungen verantwortlich gemacht werden.

Hickelschlüchte

Dort wird gerade gearbeitet, die toten Bäume stehen alle noch wie im Vorjahr. Die letzten beiden Bilder der Galerie. Das letzte Bild zeigt wieder mal eine perfekte Brandlast. Hier fehlt der Mann mit der Säge (nein, ich gendere hier bewusst nicht!).

Großer Zschand

Ja, es ist mehr grünes Laub rechts und links da, doch die beängstigenden Haufen von Feinreisig, fein in Wandfalten gelegte Bäume mit Ästen (Kamineffekt) - alles noch da. Und keinerlei Funkempfang. Der erste war in der Richterschluchtgrotte ... aus Tschechien (man sehe sich das in der Karte an und staune).

Richterschlüchte, Wurzelbrände

Gut gangbar, inzwischen unten grüner - Jungfichten, Jungfichten. Die toten Bäume stehen noch, Treppen wurden fein saniert.
Doch in der Richterschluchtgrotte die erste Überraschung: Eine Kiefer mit Wurzelbrand war aus großer Höhe herabgestürzt (Bild 1 in der zweiten Galerie). Das werden wir noch viel erleben, und Bild 2 aus dem oberen, steileren Teil zeigt, dass auch Wanderwege betroffen sind. Es hat großflächige Wurzelbrände gegeben. Ich weiß nicht, wie weit die Bilder 12 und 13 der zweiten Galerie damit zusammenhängen, das müsste man vor Ort untersuchen.

Die Bilder 3 bis 10 der zweiten Galerie zeigen Blicke vom Richterschluchthorn, hier. Das orange Moos - Nahaufnahme in Bild 4 - hat den lustigen Namen Wetteranzeigendes Drehmoos, das man auch in den tschechischen Totalbrandgebieten sieht, aber nur an den wenigen Stellen mit Staunässe.

Hier gab es viel Nässe, denn dort wurde massig Wasser abgeworfen. Monate nach dem Brand versank man noch in einer weichen Masse. Deswegen wundert es nicht, dass nun allerhand Pflänzchen sprießen - kann jemand das aus Bild 8 bestimmen? Ja, und es zeigt sich Erosion (Bild 10, schlecht sichtbar). Das wird von der TU Dresden untersucht und verfolgt.

Braune Kiefern

Man sieht es eigentlich nur, wenn man danach sucht - braune Kiefern. Bild 11 in Galerie 2 (ungefähr hier) zeigt so ein Beispiel. Aber auch am Reitsteig, auf dem Teichstein, überall. Man suche nach der markanten rotbraunen oder gelblichbraunen Farbe, ganz anders als tote Fichten.

Die roten Nadeln bleiben nicht allzu lange an den Bäumen, danach fallen sie nicht mehr auf. Deswegen ist es so schwer, das Ausmaß zu schätzen. Zumindest für Laien. Und für den Forst ist es mühsame Datenerfassung. Es kommt auch nicht wie so eine Welle bei den Fichten. Aber wenn uns hier auch noch die Kiefern wegsterben, dann gute Nacht.

Fazit

Es wird grüner, aber Birken und Jungfichten dominieren als Bäume. Letztere sind ein Problem. Den Rest der Flächen erobert vor allem der Farn, so schlimm wie Anfang der 80er, als der saure Regen den sauren Boden noch mehr versäuerte. Und Heidelbeeren, deren Wurzeln bis zu 1m tief reichen können und die sehr robust sind.

Keine "Antwort" auf den Klimawandel. Wir schauen zu und hoffen dass Brände klein gehalten werden können. Mit und ohne Brand wird es spannend.

Der Brandstifter 2022 vom böhmischen Nationalpark

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Der tschechische Rundfunk veröffentlicht auf seiner Seite

https://www.irozhlas.cz/zpravy-domov/zhar-ceske-svycarsko-pozar-hrensko_2306130600_job

einen umfangreichen Artikel über den Mann, der den großen Brand im Juli 2022 gelegt hat. Im folgenden eine Übersetzung des Artikels (mittels DeepL, leicht nachbearbeitet).

Er brachte Alkohol und einige Späne mit und fand einen geeigneten Platz.

Der Brandstifter beschrieb, wie er das größte Feuer in der Tschechischen Republik gelegt hat

Der Mann, der verdächtigt wird, das Feuer im Nationalpark Böhmische Schweiz gelegt zu haben, beschrieb der Polizei, wie er Alkohol und Holz in den Wald brachte und nach dem besten Ort suchte, um das Feuer zu legen. Radiožurnál hat neue Details über den mutmaßlichen Brandstifter erfahren, der laut Polizei den größten Brand in der tschechischen Geschichte im vergangenen Juli und mehrere kleinere Brände im April dieses Jahres vorsätzlich gelegt haben soll. Der 36-jährige Mann arbeitete früher als Parkwächter. In der Vergangenheit war er wegen versuchter Vergewaltigung verurteilt worden.

"Mein Sohn hat psychische Probleme", berichtete ein Mann aus Rumburk in der Region Děčín, als er am 4. April auf die Polizeiwache kam, um das Verschwinden seines 36-jährigen Sohnes Jiří L. zu melden. "Ich mache mir Sorgen um ihn, er hat sich nie so verhalten", sagte er den Beamten.

Zwei Tage bevor sein Vater ihn als vermisst meldete, hatten die beiden einen Streit. Der Vater erzählte der Polizei, sein Sohn habe das Aquarium und den Herd in seinem Haus beschädigt, einen Drohbrief geschrieben und sei verschwunden.

Wie sich später herausstellte, war Jiří L. zu dieser Zeit im Nationalpark Böhmische Schweiz unterwegs. Er selbst schilderte dann gegenüber der Polizei, wie er am 3. April nach 15 Uhr auf einen Jagdsitz im Revier Vlčí hora geklettert war und dort eine Matratze in Brand gesetzt hatte. Er kletterte hinunter und sah zu, wie das Feuer aufflammte und den gesamten Sitz in Brand setzte.

Am nächsten Tag, dem 4. April, besuchte er seinen Onkel, von dem er sich 200 Kronen für Lebensmittel geliehen hatte, und ging wieder in den Park. Im Wald in der Nähe des Aussichtsturms von Dymník zündete er das Heu in der Vogelfutterstelle an und ging weiter. Nach Mitternacht erreichte er die Erholungshütte auf dem Wolfsberg, brachte Alkohol und trockenes Heu in das frei zugängliche Nebengebäude und zündete ein Streichholz an.

Das Feuer griff auf das Nebengebäude und die gesamte Hütte über und breitete sich von dort auf den nahe gelegenen Aussichtsturm aus, wo es die Verkleidung, die Fenster und die Treppe beschädigte. Mit einem Streichholz verursachte Jiří L. einen Schaden von zwei Millionen an der Hütte und weitere zwei Millionen am Aussichtsturm.

In der Nacht vom 8. auf den 9. April steckte er dann zwei weitere Objekte auf dem Vlčí hora und in Doubice in Brand. Er fand immer etwas, um das Feuer zu entfachen. In einer der Hütten zündete er eine Matratze an, in der anderen Teppiche. Als er an der Vogelfutterstelle oberhalb von Kyjov vorbeikam, zündete er auch diese an. Diesmal benutzte er eine Zeitschrift, die er in seinem Rucksack trug. Das hat der Mann selbst gegenüber der Polizei ausgesagt.

Schließlich gestand er, im vergangenen Juli im Nationalpark Böhmische Schweiz Feuer gelegt zu haben.

In der Nacht vom 23. auf den 24. Juli legte er an einem Ort namens Malinový důl (Himbeerbergwerk) ein Feuer, und seine Aussage zeigt, dass er dies mit Absicht tat. Wie er der Polizei sagte, brachte er Alkohol mit und begoss die Stelle, die er für "am besten geeignet für ein erfolgreiches Feuer" hielt.

Er war zuverlässig, vielleicht zu zuverlässig

Die Beamten bearbeiteten den Parkbrand vom letzten Jahr und die kleineren Brandanschläge vom April dieses Jahres getrennt. Sie waren überzeugt, dass sie von jemandem gelegt wurden, der mit dem Nationalpark vertraut war. Deshalb suchten sie auch nach Verdächtigen unter aktuellen und ehemaligen Parkmitarbeitern.

Außerdem suchten sie nach dem vermissten Jiri L. und veröffentlichten die Information, dass er vermisst wurde. "Als ich auf dem Facebook-Profil der Polizei sah, dass nach ihm gesucht wurde, teilte ich diese Information mit der Öffentlichkeit in unseren sozialen Netzwerken, weil wir ihn kennen und es mir wichtig erschien", sagt Jan Kolář, der Bürgermeister von Krásná Lípa in der Region Děčín, wo Jiří L. herkommt.

Die beiden Suchen - nach dem Brandstifter und dem vermissten Mann - führten zum Ziel, als die Ermittler herausfanden, dass Jiří L. früher im Nationalpark gearbeitet hatte. Er hatte dem Park bei der Beseitigung nicht einheimischer Bäume geholfen und war bis 2018 mehrere Jahre lang als freiwilliger Ranger tätig.

Zwischenzeitlich war er dort 2013 kurzzeitig als professioneller Ranger beschäftigt, als er für einen Kollegen in Elternzeit einsprang. Zu dieser Zeit bewachte er den Park gemeinsam mit Václav Nič.

"Damals war er ganz normal, er ging sogar mit den deutschen Wächtern auf Schicht und war absolut zuverlässig, vielleicht zu zuverlässig", erinnert sich Nič und fügt ein Beispiel hinzu: "Wir rissen einen Kastanienbaum heraus, der sich am Prebischtor ausgesät hatte. Und Jirka machte das so konsequent, dass er von der Klippe oberhalb von Hřensko stürzte, und es rettete ihn, weil er hinter einem Stall in einen Haufen Pappkartons fiel."

Gemeinsam erlebten sie einige dramatische Momente. Im Januar 2013 erwischten sie einen Mann, der in eine Hütte im Nationalpark einbrach. Der Einbrecher floh vor ihnen und schoss auf sie, als er davonlief.

In der Hütte hinterließ er ein Glas Marihuana, "mehrere Patronen mit scharfer Munition" und Notizen, auf denen stand, er wolle seinen Psychiater ermorden. Anschließend versteckte er sich anderthalb Monate lang im Wald, bevor die Polizei ihn erwischte.

Nič erinnerte sich an eine weitere Besonderheit: "Jirka war bei Mädchen sehr schüchtern."

Versuchte Vergewaltigung einer Kollegin

Václav Nič weiß nicht, warum Jiří L. 2018 gehen musste, und der Sprecher des Nationalparks Böhmische Schweiz Tomáš Salov will es nicht verraten. Er sagte nur, dass professionelle und ehrenamtliche Ranger mehrere Bedingungen erfüllen müssen. "Und er hat einfach seine Berechtigung verloren, als freiwilliger Ranger zu arbeiten", sagte Salov.

Zu den Bedingungen gehören eine gute Gesundheit oder auch Straffreiheit. Und genau diese hat Jiří L. damals verloren. Im Januar 2018 verurteilte ihn das Bezirksgericht in Decin wegen versuchter Vergewaltigung zu einer Bewährungsstrafe von zweieinhalb Jahren.

Der Vorfall ereignete sich am 21. Juli 2017, als Jiří L. neben seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Nationalpark-Ranger im Weißlicht-Zentrum für Drogenabhängige in Rumburk arbeitete. An diesem Tag griff er eine Kollegin an und versuchte, sie zu vergewaltigen; die Frau konnte ihm schließlich entkommen.

Der Leiter des Zentrums, Vít Jelínek, war damals anwesend, wollte sich aber jetzt nicht dazu äußern. "Ich werde nichts über unsere ehemaligen Mitarbeiter sagen", sagte er auf Nachfrage von Radiožurnál.

Er kannte die Details

Aber zurück zu den Bränden im Park. Die Kriminalpolizei hat ein psychologisches Gutachten angeordnet, um herauszufinden, ob Jiří L., der zugegeben hat, die Brände gelegt zu haben, alles erfunden hat und ob er zurechnungsfähig ist.

Der Mann kam für einige Zeit in ein psychiatrisches Krankenhaus in Horní Beřkovice. Als die Polizeibeamten seine Aussagen untersuchten, stellten sie fest, dass er während des Verhörs Details erzählt hatte, die nur der Täter wissen konnte. Ende Mai erhoben sie Anklage gegen ihn, und das Gericht schickte ihn in Untersuchungshaft.

Beim letztjährigen Brand im Nationalpark verbrannten ein großer Teil des Waldes, acht Häuser im Dorf Mezná, kilometerlange Holzwege und Geländer, Futterstellen und Sitzgelegenheiten, eine Kläranlage, Wanderpavillons, Kinderspielplätze in Schluchten, Lehrtafeln und Sensoren für die Bewegungen der Wanderer sowie Stahlnetze zum Auffangen herabfallender Steine und kleinerer Felsblöcke oberhalb von Hřensko.

Die Funktion der Barriere wurde durch die Hitze beeinträchtigt, sie muss repariert werden. "Andererseits schützten diese hochbelastbaren Barrieren Hřensko vor dem Feuer, indem sie verhinderten, dass brennendes Holz zwischen die Häuser fiel. Sie haben also auch während des Brandes ihre Funktion erfüllt. Und auch jetzt, da die Hänge durch das Feuer destabilisiert sind, fallen dort immer wieder kleinere Steine herunter und Hřensko ist vor all dem geschützt", so Salov.

Es ist nicht klar, warum Jiri L. den Park in Brand gesetzt hat. Sein Anwalt, Jan Menš, wollte die Fragen von Radiožurnál nicht beantworten. "Wegen des Nationalparks kann ich leider nicht mit Ihnen sprechen, weil ich gesetzlich verpflichtet bin, meine Vertraulichkeit zu wahren, also leider kein Kommentar", sagte er.

Ein Reporter von Radiožurnál hat den Vater von Jiří L. in einem kleinen Holzhaus in Rumburk ausfindig gemacht. "Er war etwas nervöser", sagte er über die angeblichen psychischen Probleme, über die er im April bei der Polizei sprach, als er das Verschwinden seines Sohnes meldete. Bis heute ist er von der Unschuld seines Sohnes überzeugt. "Er hat nichts angezündet, ich halte das für Unsinn. Ich werde mich nicht mit Ihnen darüber streiten", sagte er.

Waldbrände anderswo und Schlussfolgerungen für uns

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Update 15.6.23: Der Brand in Jüterbog gilt nun als gelöscht. Dafür brennt es in Mecklenburg-Vorpommern vor allem in Lübtheen, wo Ortschaften in Gefahr sind. 2019 brannten dort fast 1000 Hektar an der gleichen Stelle, doch feuchte Wiesen schützten die Gemeinde Amt Neuhaus vor dem Feuer. Ein Satz in der aktuellen Meldung stimmt nachdenklich: Nun galt die Lage jedoch als kritischer als vor vier Jahren, weil im Wald viel totes Holz lag, das den Brand anheizte. Daher bestand die Gefahr, dass die Flammen sich nach Niedersachsen ausbreiten könnten.
Das bestätigt wieder einmal die sog. positive Rückkopplung aus diesen News vom 21.4.23 Der zweite Brand kann heftiger sein als der erste.

Update 13.6.23: Laut einer dpa-Meldung ist der Brand in Jüterbog, nachdem sich die Einsatzkräfte und Hubschrauber bereits zurückgezogen hatten, wiederum aufgeflammt. Etwa zwei Hektar stehen in Flammen. Glutnester, Wind und Unzugänglichkeit verhindern, dass der Brand endgültig als gelöscht erklärt werden kann. Nur Regen kann hier helfen, der nicht in Aussicht ist.

Update 10.6.23: In Jüterbog sind nun über 700ha von den Flammen betroffen, drei Hubschrauber (mit 1800l Wasser) sind im Einsatz. Der Wind facht das Feuer immer wieder an, auch an bereits gelöschten Stellen. Der Rauch ist noch in Dutzenden Kilometer Entfernung zu riechen. Drei Bilder eingefügt:

Solche Flammen und dieser Rauch entstehen nur bei einem Vollbrand, wenn also Boden und Baumkronen gemeinsam brennen:
jueterbogVollbrand.jpg
Es sind riesige Flächen verwüstet:
jueterbog.verbrannt.jpg
Hier sieht deutlich, dass Stämme von Totholz brennen:
jueterbogTotholzbrand.jpg

Update 8.6.23: Die betroffene Fläche im Waldbrandgebiet Jüterbog hat sich auf 656ha verdoppelt. Ich vermute den Wind als Hauptursache.

Es gab bzw. gibt seit Anfang Juni 23 drei Waldbrände, deren Verlauf und Bekämpfung durchaus lehrreich ist für die Waldbrandproblematik im Nationalpark: In Oberlichtenau zwischen Pulsnitz und Königsbrück, am Brocken und (zur Stunde immer noch) im ehemaligen Truppenübungsplatz Jüterbog, der kritischste und größte Brand.

Oberlichtenau

Am 1.6.23 brach dort ein Brand aus, der sich durch die Hanglage und Winde sehr schnell auf ca. 5ha ausbreitete. Der Bericht der Feuerwehr ist unter https://feuerwehr-pulsnitz.de/einsaetze/waldbrand-oberlichtenau-richtung-bischheim_1054/ zu finden, und das fünfte Bild der Galerie
hier
zeigt: Es war ein ehemaliger Kahlschlag mit jungen Bäumen.

Probleme: Man kam an den Brandherd nur sehr schwer heran (Hanglage, steil); das Wasser musste aus 5km Entfernung herangeschafft werden, die Tanklöschfahrzeuge kamen nur bis zum Fuß des Hangs (im NP ist das in der Regel noch schwieriger), es lag reichlich Dürrholz auf dem Boden. Ein Lufteinsatz entfiel auch aus Kostengründen.

Der Einsatz dauerte 31 Stunden und beschäftigte 16 Freiwillige Feuerwehren sowie das THW, das nachts die Fläche ausleuchtete. Erstmals (?) kam hier auch eine Wärmebilddrohne zum Einsatz, um Glutnester aufzuspüren.

Lehren für uns:

Brocken

Am 4.6. brach auf dem Königsberg, einer benachbarten Kuppe des Brockens im Harz, auf etwa 2ha ein Brand aus. Es handelt sich um eine alte Brandstelle - Quelle hier. Unklar blieb, ob ein Glutnest der Verursacher war. Das Feuer wurde wegen der schweren Erreichbarkeit mit zwei Hubschraubern und einem Löschflugzeug, das erstmals in Reichweite stationiert war, bis zum 5.6. gelöscht. Etwa 100 Besucher mussten vom Brocken per Bus evakuiert werden. Link zu einem Bericht: https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/magdeburg/harz/feuer-waldbrand-brocken-geloescht-100.html

Lehren für uns:

Jüterbog

Dieser Brand auf dem munitionsbelasteten Truppenübungsplatz brach am 1.6.23 aus und dehnte sich nach einigen Tagen auf 326ha aus: https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2023/06/waldbrand-jueterbog-feuerwehr-munitionsbelastung-walentin.html
Zu beachten ist:

Die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg, der die Fläche gehört, erklärt:

Durch das Verbrennen der Humuslage und des Baumbestands wird das gesamte Waldsystem praktisch auf null zurückgesetzt. Es gehen bis zu 120 Jahre an Wachstumsgeschichte und Wildnisentwicklung verloren.

Der Waldbrandexperte Ulrich Cimolino sagte:

Notwendig ist darüber hinaus die Beschaffung geschützter Fahrzeuge. Deutschlands öffentliche Feuerwehren verfügten bisher im Gegensatz beispielsweise zu Tschechien nicht über derartige Fahrzeuge, die an Standorten von Bundeswehrfeuerwehren stationiert werden könnten.

Ich erinnere an die Tatra-Löschzüge aus Tschechien, die 21m³ Wasser fassen (unsere üblicherweise 3m³, ein sog. Bambi-Bucket an einem Polizeihubschrauber 0.5m³), und deren gepanzerte Fahrerkabinen die Explosion einer Panzermine (6kg TNT) aushalten. Es ist das erste Mal, dass ich auf deutscher Seite davon las.

Man sorgt sich auch sehr, dass nach leichtem Regen die Waldbrandwarnstufe auf die 3 reduziert werden würde, "was der Realität nicht gerecht wird".

Lehren für uns:

Der Brand bei Jüterbog wird wohl noch lange andauern, es folgt ggf. ein Update.

Neuer Brand beim Prebischtor, Waldbrandbekämpfung dort und hier

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In diesem Beitrag geht es um zwei scheinbar wenig zusammenhängende Dinge: einen neuen Waldbrand in Tschechien und die Feuerwehrausstattung bei uns. Und doch ist es sinnvoll, beides zusammen zu betrachten.

Was ist geschehen?

Am Himmelfahrtstag hat es ab 14:00 am Anweg zum Prebischtor (von Hřensko aus) auf einer Fläche von etwa 12x100m² gebrannt, offenbar hier. Das verblüfft zunächst, denn der Gabrielengrund ist doch "komplett ausgebrannt", wie man denken könnte - Bilder auf meiner interaktiven Karte zeigen es, wie z.B. hier vom 10.5.23, also aktuell.
Stimmt aber nicht ganz - hinten liegt nämlich Feinreisig ("Geäst") herum, und es stehen tote Fichten da, wie das Foto vom Einsatz zeigt (Quelle: tschechische Feuerwehr). Die Bäume wurden frisch gefällt, rechts erkennt man noch Spuren vom Bodenfeuer (das einige Meter hochschoss) und einen Feuerwehrmann. Ein besseres Bild vom Brandherd war im Sachsenspiegel vom 19.5.23 zu sehen - hier.

Ich habe kein Bild dazu, aber die SZ (Sächsische Zeitung) vom 19.5.23 früh schreibt:

Die dunkel aufsteigende Rauchsäule war schon von Mittelndorf aus gut zu sehen. Erinnerungen an den Sommer 2022 wurden schnell wieder wach.

Ein tschechischer Löschhubschrauber, aus Prag gerufen, kreiste und war von Deutschland aus gut zu sehen (kam aber nicht zum Einsatz). Die SZ schrieb:

Und auf den Parkplätzen entlang der Panoramastraße zwischen Lichtenhain und Altendorf kam langsam Unruhe auf.

Die Ursache des Brands klärt u.a. ein mdr-Beitrag auf: Es war Himmelfahrtstag, unten in Hrensko kaufte man Pyrotechnik und wollte diese gleich beschwipst im verbrannten Tal testen, wo ja bekanntlich gar nichts mehr passieren kann. Ein Augenzeuge berichtet dort:

Er sei mit seiner Freundin im Wald unterwegs gewesen, als er die Explosionen von Feuerwerkskörpern hörte. "Bei der zweiten Explosion haben wir auch die Funken fliegen sehen", sagte der Mann. Als er dann über die Kuppe gelaufen sei, habe er gesehen, wie mehrere Männer versucht haben, das Feuer zu löschen. Den Angaben zufolge hat es sich um zwei unabhängige Brandherde gehandelt.

"Leider haben die Männer, statt Erde drauf zu werfen, alles vom Boden gegriffen, was sie zu fassen bekommen haben. Da war jedoch hauptsächlich Laub dabei."

Es gibt Telefotos von den Beteiligten, die die tschechische Polizei erhielt, und sie nahm auch einen 25jährigen mit 1.6 Promille vorläufig fest (der Festgenommene, nicht die Polizei!).

Gegen 17:00 war der Brand "lokalisiert", womit vermutlich "begrenzt" gemeint ist, und am nächsten Morgen konnte nach nochmaliger Kontrolle mit Wärmebildkamera gemeldet werden: Brand gelöscht.

Es ist beachtlich, wie viele Fahrzeuge schnell vor Ort waren - dieses Bild - ebenfalls von der tschechischen Feuerwehr - gibt eine Vorstellung davon; die Angaben schwanken zwischen 9 und 15 Tanklöschfahrzeugen, laut SZ auch von uns (laut anderer Quelle kamen sie aber nicht zum Einsatz):

Auch Feuerwehren aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge waren mit ihren Tanklöschfahrzeugen vor Ort, so unter anderem auch aus Sebnitz und Neustadt sowie Freital und Graupa.

Dass so schnell ein Löschhubschrauber von Prag vor Ort war, spricht auch für gute Organisation. Mich beeindruckte der im mdr-Beitrag gezeigte Tankwagen. Den könnten wir vielleicht auch gebrauchen; beim Großbrand in Rathen 2018 kam ein Jauchewagen zum Einsatz.

Zum Himmelfahrtstag bei schönem Wetter waren natürlich unzählige Touristen aus Deutschland unterwegs. Das Gelände musste großräumig abgesperrt werden; ich sah in einem Video Wanderer nach dem Löscheinsatz zwischen Feuerwehrleuten talabwärts laufen.

So weit, so gut oder auch schlecht. Es muss aber noch eine Nachlese kommen.

Schlussfolgerungen

Fakt 1: Idioten gibt es immer.

Mit der gleichen Gewissheit wie die, dass die Jugend seit 2000 Jahren verdorben ist, dürfen wir davon ausgehen, dass es immer Leute geben wird, die bei extremer Waldbrandgefahr Lagerfeuer machen, Kippen in trockenes Gras werfen, absichtlich Feuer legen oder eben sogar Silvesterraketen mitten im trockenen Wald starten.

Es ist selbstredend nötig, Feuerverbote auszusprechen, zu kontrollieren und empfindlich zu bestrafen - wobei es bei der Publizierung der Strafen in Deutschland noch hakt, obwohl das sehr wirksam wäre (ich nehme an, im obigen Fall werden wir die Strafhöhe erfahren, das läuft in Tschechien anders). Ja, und bei extremer Trockenheit kann man sogar Betretungsverbote aussprechen.

Aber das senkt die Wahrscheinlichkeiten nur und verhindert nicht, dass Verbote übertreten werden. Beim letzten Betretungsverbot des Walds wegen Trockenheit war die Akzeptanz äußerst dürftig, und außerdem ist das auch nicht wirksam zu kontrollieren.

Es ist also Unsinn zu glauben, man könne das Waldbrandproblem auf diese Weise lösen (offenbar ist z.B. der NABU dieser Meinung, jedenfalls in seinen öffentlichen Erklärungen klingt es so). Man muss vor allem Feuer so schnell wie möglich erkennen und eindämmen, was in unserem Gelände sehr schwierig ist (News v. 19.4.23 und 27.3.23).

Beim oben genannten Waldbrand passte es zusammen: Besonderer Blödsinn wie Feuerwerk im Wald ist am Himmelfahrtstag weitaus wahrscheinlicher, und gleichzeitig gibt es viele Augenzeugen, die einen Brand früh erkennen und melden.

Fakt 2: Wenn es gebrannt hat, kann es trotzdem wieder brennen.

Der Brand zeigt eindrücklich: Es hat wenig zu sagen, dass das Frühjahr ziemlich verregnet war. Das Feinreisig über dem Boden trocknet schnell aus (vor allem bei Wind) und fängt wieder Feuer. Eine ungünstige Konstellation, und schon hat man wieder einen Kronenbrand am Steilhang, der nicht zu löschen ist. Diesmal ging es glimpflich aus.

Auch gibt es keine "Waldbrandsaison" mehr, wie Feuerökologen immer wieder betonen. Es kann immer brennen, wenn so viel trockenes Material herumliegt.

Und dass nach einigen Jahren der zweite Brand sogar noch heftiger sein kann als der erste, kann man in den News vom 21.4.23 nachlesen.

Fakt 3: Man hat schnell und effektiv reagiert.

Mein Eindruck ist, dass der Löscheinsatz sehr gut lief - umgehend "Löschangriff", sehr viel Technik vor Ort, Kontakt zu deutschen Feuerwehren, und nicht zuletzt hielt man offenbar Massen von vielleicht nicht immer nüchternen Himmelfahrtstouristen fern. Davon kann man sicherlich lernen. Andererseits - der Brand wurde umgehend gemeldet, es gab Telefotos von Tätern (?), der Brandherd war gut zugänglich, und es blieb beim Bodenbrand. Muss nicht immer so glatt laufen.

Pläne in Deutschland

Das in den News vom 27.3.23 vorgestellte strategische Waldbrandkonzept des Innenministeriums macht Hoffnung. In den "Dresdner Neuesten Nachrichten" (und gewiss auch anderswo) vom 19.5.23 folgen nun konkrete Zahlen gleich auf Seite 1, die aufschlussreich sind. Es gibt eine Wunschliste für Sachsen, die ich hier einmal zusammenfasse:

Außerdem soll Sachsen noch 9 "Katastrophenschutzfahrzeuge" bekommen, von denen 3 kurz vor der Auslieferung stehen, 6 weitere folgen dieses Jahr.

Der erste von 3 bestellten leistungsfähigen Hubschraubern (die bereits vor dem Brand 22 geplant wurden) soll nun allerdings erst 2024 geliefert werden, und dann müssen die Piloten dafür noch geschult werden. Weil das alle lange dauert, sollen alte Hubschrauber außenlastfähig gemacht werden.

Und es gibt zwei Lkw der Bereitschaftspolizei als "Führungszentrum", auch für "Flugfunk", länder- und behördenübergreifend. Dort gab es anscheinend erhebliche Mängel. Innenminister Armin Schuster sagte explizit:

Was wir verbessern müssen, ist die Stabsarbeit auf allen Ebenen. Der Nachholbedarf ist, je höher du gehst, erkennbar größer.

Soviel zu den Plänen. Einiges ist aber schon da! Das Umweltministerium hat die Nationalparkverwaltung mit folgenden Dingen aufgerüstet:

Das macht in der Summe 140.000€. Ein Waldbrandschutzkonzept soll bis Sommer fertig sein.

Und die erste Löschwasserzisterne an der Kreuzung Ziegenrückenstraße/ Knotenweg ist fertig (50m³), 6 weitere sollen folgen, aber - verglichen News vom 19.4.23, Update vom 3.5. - es hängt noch mit der Finanzierung sowie elementarer Ausstattung der Feuerwehren (geeignete Kleidung, Stiefel, Trockenleitungen).

Auch wenn das alles noch 1-3 Jahre dauern sollte: Es passiert etwas. Doch auch hier soll eine "Nachlese" folgen.

Schlussfolgerungen

Fakt 4: Die Planung zielt in die richtige Richtung.

Ohne den großen Brand von 2022 wäre vermutlich kaum etwas passiert. Die Feuerwehr war generell nur ungenügend auf Vegetationsbrände vorbereitet, die Technik eher für Wohnungsbrände gedacht. Dafür reicht ein Tanklöschzug mit 3m³ Wasser, und eine dicke Schutzkleidung rettet Leben in der Flammenhölle, ebenso die bis zu 16kg schweren Atemschutzgeräte. Aber bei einem Waldbrand sind 3m³ sofort alle (abgesehen davon, dass die Tanklöschzüge im Nationalpark gar nicht zu den meisten Brandherden kommen können), die dicke Kleidung ist zum Dauereinsatz in der Hitze total ungeeignet - beim Riffbrand in Rathen 2018 standen viele Kräfte im T-Shirt da -, und mit solch schweren Atemschutzgeräten kann man sich in unserem Gelände nicht bewegen. Es fehlte auch komplett an kleinen, geländegängigen Fahrzeugen.

Das hat man nun nicht nur erkannt, sondern will es auch konkret abstellen - teilweise zumindest.

Allerdings ... wenn man die Soll und Ist einmal vergleicht, also Wunschliste kontra Anschaffung, dann sieht es noch sehr dürftig aus. Wenn die eine Wärmebilddrohne beim Brand ein Problem hat ... und ein Multicar mit Wassertank ist auch keine Fahrzeugflotte. Bei allen guten Absichten: Wenn es schon diesen Sommer brennt und der Brand zu spät entdeckt wird und/oder zu schwer erreichbar ist (leider eine realistische Annahme), dann sieht es nur etwas besser aus als im Vorjahr.

Es ist also noch ein langer Weg zu gehen.

Fakt 5: Es dauert wieder - hoffentlich nicht zu lange

Dass bisher nur eine Zisterne von sieben angekündigten gebaut wurde und dazu an der am leichtesten zugänglichen Stelle, ist keine Ruhmestat. Eine Zisterne an Thorwaldwiese (so zumindest ein Plan, den ich sah) oder am Eingang zur Hickelschlüchte (so eine andere Information) wäre ein echter Gewinn in einem ganz kritischen Gebiet. Anscheinend steht noch nicht einmal die Finanzierung dafür. Und der vom Einsatz her dringend nötige Grenzübergang hinten im Zschand ... anderes Thema bitte.

Man kann nur hoffen, dass Kontrollflüge mit der Drohne auch ohne Waldbrand genehmigt werden - bisher verbietet das die Gesetzeslage. Man verzeihe mir meinen Pessimismus, ich lasse mich gern positiv überraschen.

Und dann sind sich Behörden auch untereinander nicht einig. Der mdr Sachsenspiegel vom 17.5.23 berichtete über die Fertigstellung der einen Zisterne, wozu Innenminister Schuster und Umweltminister Günther persönlich erschienen waren. In der Frage der Wasserversorgung schloss der Beitrag mit den Worten:

Ob sich die Minister auch dafür zu einer geräuscharmen Allianz zusammenfinden, wird sich noch zeigen.

Fakt 6: Da ist noch was zu tun

Und hier sind wir endlich beim Zusammenhang mit dem Himmelfahrts-Brand angelangt. Bei so guter Erreichbarkeit des Brandherds und diesen Besuchermassen hätte man das in unserem Nationalpark hoffentlich auch so schnell hinbekommen. Vielleicht wären nicht so viele Tanklöschfahrzeuge in kurzer Zeit am Ort gewesen, vielleicht hätte man nur kleinere Pumpen gehabt - aber der Brand war nicht so gewaltig.

Doch die Gefahr bei uns ist ganz anders. Ich denke da immer wieder an die fast unerreichbaren Gebiete östlich des Thorwaldgrats als schlimmstes Beispiel - so wie auf https://rotweinundradieschen.de/Pathpics/jup2/vordPechZu.jpg sieht es auf einem beträchtlichen Teil der Fläche aus; man schaue dazu einmal in die interaktive Karte bei den roten Markern. Von diesem Foto-Ort sind es 1.7km bis zur Kirnitzsch - davon ist auf 700m Strecke freizusägen. Und wenn es 200m rechts oder links davon plötzlich brennt (Flugfeuer!), muss sich die Feuerwehr vielleicht sogar erst einmal zurückziehen, denn das ist alles ebenso ungangbar.

Drei Polizeihubschrauber mit je 500l Wasser und weitem Flugweg bis zur Elbe: Könnten die dort viel bewirken, vorausgesetzt, sie erkennen überhaupt etwas aus der Luft? In Tschechien war das z.B. im Gabrielengrund anfangs offenbar nicht möglich. Die Tschechen reden über 3m³ Wasser pro Hubschrauber.

So schön die jetzigen Pläne und Beschlüsse auch sind: Sie reichen nicht, wenn es dieses oder nächstes Jahr an der "falschen" Stelle brennt. Und das Himmelfahrtsfeuer lehrt uns, dass wir uns dabei nicht einmal auf vorher nasses Wetter verlassen können.

Nicht kleckern, sondern klotzen, hieß es doch Anfang der 90er Jahre. Das wünsche ich mir hier auch und bleibe doch noch ein klein bisschen optimistisch.

Auswertung des Brandes im Nationalpark Böhmische Schweiz und Lehren für die Zukunft

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WARNUNG: Dieser Beitrag ist sehr lang, aber wenigstens die ersten Bilder sollte man sich mit Erklärungen einmal ansehen.

Am 3.4.2023 fand in der Abgeordnetenkammer des Parlaments der Tschechischen Republik ein Seminar zum Titelthema statt:

https://www.pozary.cz/clanek/270386-ucastnici-seminare-vyhodnoceni-pozaru-np-ceske-svycarsko-a-pouceni-pro-budoucnost-zpusob-vedeni-narodnich-parku-je-neudrzitelny/

Daran nahmen Wissenschaftler, Juristen und Vertreter der Nationalparkgemeinden teil. In diesem langen, inhaltsreichen Beitrag bringe ich "Rosinen" aus den vier verlinkten Beiträgen, die inhaltlich wohl die besten Informationen bisher zum Brand dort liefern - und überaus wichtig für uns hier sind. Doch zuvor ein Zitat aus der Webseite, das zeigt, wie scharf im Nachbarland die Philosophie "Natur Natur sein lassen" von Fachleuten kritisiert wird:

Den Veranstaltern des Seminars zufolge hat die derzeitige Politik des Umweltministeriums die historischen Erfahrungen und Kompetenzen im Bereich der Bewirtschaftung von Waldlandschaften im Grunde genommen verworfen und stattdessen die Nichteinmischung und Störung gefördert, die als einziger Weg zum Schutz der Natur und der biologischen Vielfalt angesehen wird.

Als Ergebnis dieser Politik gab es zu Beginn des Nationalparks Böhmische Schweiz eine wunderschöne Waldlandschaft, gefolgt von unkontrolliertem Holzeinschlag und einer Überpopulation von Schädlingen, und in der letzten Phase brannte ein großer Teil des Parks nieder.

Die hinzugezogenen Wissenschaftler, die eng mit dem Umweltministerium verbunden sind, erklärten später, dass das Feuer für das entstehende Leben unvermeidlich und sowohl für den Naturschutz als auch für neue wissenschaftliche Forschungen gut geeignet sei. Diese Methode des Umweltschutzes ist rundweg abzulehnen.

Nur ein funktionsfähiger, ausgewachsener Wald bewahrt ein günstiges Umfeld für alle Bestandteile des Ökosystems, einschließlich des Menschen. Aufgrund seiner einzigartigen Rolle im großen und kleinen Wasserkreislauf und seiner Fähigkeit, CO₂ zu binden, ist ein solcher Wald auch die beste Verteidigung gegen den Klimawandel und die einzige Möglichkeit, die edlen Ideen des GreenDeal zu erfüllen.

Die Art und Weise, wie sich der Staat um die Natur kümmert, darf nach Ansicht der Organisatoren nicht dazu führen, dass der Wald unnötig zerstört wird, dass große Trockenwaldflächen entstehen, dass die Landschaft überhitzt und austrocknet, dass die Brandgefahr logischerweise zunimmt und dass die Gesundheit von Menschen und der Schutz von Eigentum in völlig inakzeptabler Weise gefährdet werden.

Die Teilnehmer fordern außerdem die Wiederherstellung sicherer Wege und die Freigabe der notwendigen Mittel für die Sanierung von instabilen Felsen und umsturzgefährdeten Bäumen.

...

Sie wiesen auch auf die wissenschaftlich nachgewiesene Übertragung von Borkenkäfern über Distanzen von mehreren zehn Kilometern hin. Sie halten den konsequenten Schutz und die Förderung von Altwäldern auch bei konventioneller Waldbewirtschaftung für unabdingbar.

Schon die hervorgehobene Aussage im letzten Absatz ist eine Überraschung: Von deutscher Seite hörte ich bisher nur, dass Borkenkäfer "in der Regel" nur bis 500m weit kommen, was mir zweifelhaft erschien.

Nun zu den einzelnen Beiträgen.

Der Brand im böhmischen Nationalpark

von Vladimír VLČEK, Generaldirektor des Feuerwehr-Rettungskorps der Tschechischen Republik (hier)

Dieser Beitrag enthält gleich auf den Folien 12 und 14 zwei sehr bemerkenswerte Grafiken - die Ausbreitung des Brands in der Anfangsphase. Am 24.7. sah das noch "normal" aus:

Ausbreitung 24.7.22

In pink der Stand um 9:40, in blau der fünf Stunden später: Das Feuer ist in Richtung Hrensko gekrochen, aber es zeigt sich ein isolierter, neuer Brandherd über der Edmundsklamm. Das erste Anzeichen für Flugfeuer, was die Bekämpfung so schwierig machte.

Die Überraschung ist das Bild vom Folgetag:

Ausbreitung 25.7.22

Am Morgen hatte sich der Brandherd über der Edmundsklamm erheblich ausgeweitet (rot), 3.5 Stunden später weiter nach Osten mit neuen, kleinen Herden durch Funkenflug (grüne Markierung). Aber nach weiteren 5 Stunden traten überall neue Brandherde auf (braune Linien), die sich 7 Stunden später zu einem riesigen Feuer vereinten, das sich Mitternacht schon bis zur Grenze ausbreitete. Vor allem der Sprung zwischen 10:00 und 15:00 (grün zu braun) zeigt, dass es bei Flugfeuer keine Feuerfront gibt und das traditionelle Vorgehen hier versagen muss.

Solch eine Information hätte ich gern auch von unserer Seite. Möglicherweise waren zu diesem Zeitpunkt bei uns noch weder Drohnen (nicht vorhanden) noch Helikopter im Einsatz (ich lasse mich gern berichtigen).

Das Flugfeuer erklärt auch die "unlogischen" Schäden im Ort Mezna:

Schäden in Mezna

Rot markiert sind die drei komplett zerstörten Häuser, gelb die mit Schäden. Die Verteilung ist wie bei einem Luftangriff mit "dummen" Bomben. Ich konnte das am 10.5.23 selbst sehen, und zwar am Wendekreis in Mezna:

hier

Links daneben eine geöffnete Gaststätte mit Besuchern.

Obwohl das lang ist, hier eine Aufzählung der eingesetzten Luftfahrzeuge:

In der Zeit vom 24. Juli 2022 - 12. August 2022:

Am 26. Juli 2022 stellte die Tschechische Republik einen Antrag auf internationale Unterstützung im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union:

Gebote gingen am 26/07/2022 von 3 Staaten ein:

Am 28. Juli 2022 bot die Slowakei einen weiteren Hubschrauber an:

Am 28.07.2022 forderte die Tschechische Republik 3 weitere Flugzeuge mit einer Mindestkapazität von 3.000 Liter Wasser an wegen des Abgangs der italienischen Canadair.

Ich wünsche mir, dass von deutscher Seite auch einmal so detaillierte Informationen geliefert werden. Oder weiß ich nur noch nichts davon?

Auf Folie 32 legt der Autor dann los (NP = Nationalpark):

Die teilweise mangelhafte Umsetzung der Brandschutzprinzipien im NP hatte erhebliche Auswirkungen auf die Brandausbreitung. Der NP definierte in seinen Unterlagen Anforderungen, erfüllte diese aber nicht selbst (Nutzbarkeit von Löschwasserquellen, Straßenräumung usw.). Der NP führte Maßnahmen durch, die letztlich den Einsatz von Feuerwehrleuten einschränkten (z. B. Fällen borkenkäferbefallener Bäume).

Der NP hat keine Maßnahmen ergriffen, um die langfristigen Witterungsbedingungen und das erhöhte Brandrisiko zu berücksichtigen:

Auch von rechtlicher Seite gibt es Kritik (S.33/34):

Die Rechtsvorschriften gehen nicht ausreichend auf die Frage des Brandschutzes in Wäldern ein.
Es gibt kein einheitliches System zur Risikobewertung.
Klare Regeln für die Einrichtung von Brandschneisen sind nicht festgelegt, Schnittstellen zwischen Wald und bewohnten Gebieten, Löschwasserversorgung, Zufahrten, Brandfrüherkennung und -bearbeitung, Dokumentation der Brandbekämpfung.
Es müssen Änderungen der Rechtsvorschriften auf der Grundlage von Analysen und Erfahrungen aus dem Ausland erfolgen. Zu diesem Zweck sollte eine interministerielle Arbeitsgruppe gegründet werden.

Es ist notwendig, die Art und Weise der Brandbekämpfung aus der Luft zu modernisieren. Der derzeitige Einsatz von AN2-Flugzeugen ist im Hinblick auf die Kapazität (1.000 Liter Wasser) und die geringe Zuverlässigkeit des Flugzeugs ineffizient.
Ausweitung des Systems der Brandbekämpfung aus der Luft auf bewirtschaftete Wälder. Einrichtung eines Luftbrandbekämpfungsdienstes zur Bereitstellung von Löschflugzeugen Hubschrauber mit der Fähigkeit, mit einer Wassermenge von 3.000 Litern Wasser oder mehr zu löschen.
Nutzung der Beteiligung der Tschechischen Republik an dem Rettungssystem (EU-Kofinanzierung bis zu 75 %).
Neues Konzept für den Flugdienst der Tschechischen Republik (wird dem BRS vorgelegt).

Ich entschuldige mich schon jetzt für die langen Zitate - aber sie zeigen, was man eigentlich alles machen müsste ...

Problematik von Waldbränden auf Kalamitätsflächen

von Roman Berčák, Czech University of Life Sciences Prague (hier)

Dieser Autor sieht seine Aufgabe in der Aufklärung über Ausbreitung und Bekämpfung von Waldbränden (vgl. Originalarbeit ). Dem Leser dieser News wird vieles davon bekannt sein, aber endlich fand ich die Bestätigung einer eigenen Vermutung:

Die Verbrennung größerer Materialien (Baumstämme) und deren Abbau führt auch zur Freisetzung heißer, unvollständig verbrannter Stücke, die vom Feuer nach oben mitgerissen werden.

Das beobachtete ich aufmerksam beim Wintersonnenwendfeuer auf der Kleinen Liebe im Dezember 22: Erst als die dickeren Hölzer richtig brannten, begann der intensive Funkenregen. Flugfeuer entsteht durch dickes Holz, nicht durch Feinreisig (dürre Äste), wie man glauben könnte! Und das zeigt, welche große Rolle das Fichtenmikado bei der unkontrollierten Brandausbreitung spielt! Diesen Gesichtspunkt vermisste ich in allen Studien, die ich bisher sah.

Auf Folie 15 schreibt der Autor sogar, dass dieser Funkenflug "wahrscheinlich einer der größten Antriebsmotoren des gesamten Brandes, insbesondere im Bereich der Prebischtors" gewesen ist.

Und auch er kritisiert den Prozessschutz ("Natur Natur sein lassen"):

(Letzteres muss nicht für unsere Region zutreffen - zum einen wachsen überall Jungfichten auf dem sauren Boden, zum anderen ist ein Folgebrand oft schwerer als der erste, vgl. diese News vom 21.4.23).

Zur Schwere des Brandes berechnet er: "Durch die Kalamität kann eine Fläche ca. 5mal mehr Brandenergie freisetzen."

Schließlich geht er auch auf die höhere Ausbreitungsgeschwindigkeit auf Kahlschlägen ein, mit der wenigstens auf deutscher Seite begründet wurde, dass Totholz den "Waldbrand verlangsamt" (was übrigens bewusst unscharf formuliert ist):

Warum kann ein Kahlschlag schneller brennen?

Abschließend fast er zusammen, was Brände in Schadgebieten (Sturm, Borkenkäfer) ausmacht:

Trockenes Holz brennt nicht

von Kolář, hier

Nähere Angaben zum Autor fand ich nicht, aber der Titel sagt bereits, worum es geht: Auch in Tschechien behaupten Wissenschaftler, Totholz sei doch feucht und brenne nicht (der Autor zitiert hier öfter einen Prof.Hruška).

Er schätzt die Kosten für den Brand auf 225 Millionen Kronen (entsprechend ca. 9 Mio. €), wobei Kosten durch Militärtechnik usw. nicht berücksichtigt sind; der Verlust für Unternehmer dürfte sich eher auf das Doppelte beziffern. Und der für den Tourismus 2 Mrd. Kronen, entsprechend 80 Mio. €.

Zum Argument "Kahlschläge hätten das Feuer sich noch viel schneller ausbreiten lassen" merkt er nur an: "Kahlschläge hat auch niemand gefordert."

Fazit

In diesem Seminar wurde offenbar Klartext geredet. Es wurden auch abweichende Meinungen vorgetragen (ein Bericht von einem Feuer 2005 in der Hohen Tatra wirkte mir eher in Richtung Prozessschutz), aber das "Kommunique" oben ist eindeutig. Wir können vom Nachbarland lernen, wie man mit Information umgeht, was ein nicht kontrollierbarer Brand anrichtet, und wie offene Auseinandersetzungen mit dem Prozessschutz- Konzept klingen.

Blick in die Glaskugel: Waldbrände im Klimawandel

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Update vom 1.5.23 am Ende des Textes

Das ist einmal keine aktuelle Nachricht, sondern die relativ verkürzte Wiedergabe des inhaltsreichen und überaus interessanten Übersichtsartikels Wildfire-Driven Forest Conversion in Western North American Landscapes von 23 Autoren, erschienen in BioScience, Oxford Press 70 (2020) S.659–673.

Man kann ihn von
https://academic.oup.com/bioscience/article/70/8/659/5859066
herunterladen oder gleich hier (7.5MB).

Das ist keine leichte Lektüre. Ich mute dem Leser auch einige englischsprachige Zitate zu.

Es geht darum, welche Rolle Waldbrände vor allem im Klimawandel spielen und welche Folgen sie haben. Zwar bezieht sich der Artikel auf die USA, aber er mahnt ein Denken in größerem Zeitrahmen an, beschränkt sich nicht einfach auf "Brand verhindern/erkennen/bekämpfen, aufforsten, Waldumbau", so wie die bisherigen Beiträge in diesen News.

In den USA wird Forschung zu umfangreichen Waldbränden offensichtlich sehr intensiv betrieben (man denke nur an Kalifornien) - davon können wir lernen.

Es sind überraschende Erkenntnisse enthalten: So kann Feuer das nächste Feuer verstärken - ohne Frage auch für uns hier ein wichtiger Punkt. Gleichzeitig wird betont, wieviele offene Fragen es noch gibt und wieviel es noch zu forschen gibt. Auf jeden Fall ist Umdenken gefragt: "The implicit assumption that the future will reflect the past is a questionable basis for land management" (S.667 ru = rechts unten).

Ich versuche hier nur, einige "Rosinen" herauszupicken. Die Seitenzahlen beziehen sich auf die PDF, und Angaben wie "ru" bedeuten "rechte Spalte unten". Eigene Bemerkungen habe ich mit R.W. gekennzeichnet.

1. Wie laufen Brände ab

Nein, hier geht es diesmal nicht um Totfichten und Feuerausbreitung an Hängen und Flugfeuer, sondern es werden lange Zeiträume und naturnahe Wälder betrachtet. Aus Kasten 1 auf S.661:

Der Fachbeitrag beschäftigt sich nun vorwiegend mit dem als fire-driven forest conversion bezeichneten Wandel: Wie verändert sich ein Wald dauerhaft durch einen Brand? Dazu im nächsten Kapitel.

2. Änderung der Vegetation

Die Veränderung durch einen Brand kann als zweistufiger Prozess beschrieben werden:

Der vorherige Wald entsteht dann nicht mehr durch die brandbedingten Änderungen und/oder durch Einflüsse der Vegetation nach dem Brand (siehe Kap.3).

Ein Brand kann zu feuerresistenterer Vegetation führen (z.B. in einem lichten Kiefern-Birkenwald, in dem Kiefern mit dickerer Rinde und höherer Widerstandskraft überleben), oder aber zu weiteren Feuern - siehe folgendes Kapitel. Das alles hängt von vielen Faktoren ab.

Schon der Mangel an Saatgut ist bei großen Bränden ein kaum lösbares Problem. Abb.4 auf S. 663 zeigt eine riesige Fläche mit Krautschicht und Büschen 15 Jahre nach einem Brand. Es zeigte sich, dass Samen typisch nur bis 50m Entfernung von lebenden Bäumen verfügbar waren (und die leichteren Birkensamen kommen nur 300m weit, vgl. diese News vom 3.4.23). Pappel- und Weidensamen fliegen zwar weiter, doch sie brauchen in der Regel Nässe.

(Im steilen Gelände wie bei uns kann nach einem schweren Brand die Erosion sogar noch den Renaturierungsmaßnahmen zuvorkommen - R.W.)

3. Rückkopplungseffekte

Die Sache mit dem "Wiederbegrünen" ist im Detail sogar noch deutlich komplexer.

Hier gibt es noch zu forschen. Man hat diese Entwicklung in vielen Fällen gesehen, weiß aber nicht, wie lange sie anhält. Und man kann den Einfluss von Nässeperioden noch nicht abschätzen.

(Wir wissen aber, dass abgestorbene Feinwurzeln eines Baumes dessen Tod bedeuten, auch wenn es danach wieder nass wird - Gleiches gilt für Bodenbrände, R.W.)

Man spricht in solchen Fällen von positiver Rückkopplung:

Beispiel: In Kalifornien waren zwischen 2000 und 2010 Folgefeuer teilweise noch schwerer als die ursprünglichen. Hochinteressant ist die Abb.7 auf S.665: Die Jahreszahlen im linken Bild zeigen Brandwiederholungen in den einzelnen Flächen. Im Bild auf der rechten Seite brannte 1994 die Vegetation links des Grats komplett ab und hinterließ Strauchvegetation, die dann 2008 einen schweren Brand ermöglichte und auch die Bäume auf der rechten Seite komplett vernichtete.

Es gibt aber auch negative Rückkopplung:
Dann verringert das Feuer die Brandlast und verzögert die Rückkehr des Waldes, so wie er vor dem Feuer war. Das kann durch langsameres Wachstum verursacht werden, oder durch einen Artenwechsel, wie etwa dem Übergang vom Nadelwald zu Birken und Espen in der borealen Zone. Dann können sich Samen ausbreiten, keimen und überleben.
Leider, so schreiben die Autoren, sind solche Effekte im allgemeinen temporär. Sie können durch "brandfreundliches Wetter" oder generell durch häufigere Brände wegen des Klimawandels zunichte gemacht werden (S.665).

Die weitere Entwicklung nach einem Großbrand hängt also vom Forsttyp und der Rückkopplung ab. Man hat versucht, den Rückgang des Waldbestands in verschiedenen Regionen zu prognostizieren. Die Werte schwanken von 6% in der Sierra Nevada in Kalifornien bis hin zu 50% in Alberta in Kanada. Die Autoren betonen aber, wie unsicher solche Prognosen sind.

Fest steht, dass es bei Mangel an Saatgut auf jeden Fall eine "Entwaldung" gibt. Wir wissen sicher, dass die Temperaturen im Mittel weiter ansteigen werden, jedoch nicht, wie sich der Niederschlag verhalten wird. Relativ sicher ist aber die geringere Schneelast und somit auch eine negative Auswirkung auf das Grundwasser.

Man weiß auch, dass lichtere Wälder größere Feuer erschweren.

Auf dem Gebiet häufig wiederkehrender Feuer wird intensiv geforscht.

4. Folgen eines Brands

Zu den "lokalen" Auswirkungen wurde nun schon viel gesagt, aber zunehmende und größere Brände haben auch globale Auswirkungen:

Die größte Unklarheit bei den Folgen ist nach Ansicht der Autoren: Wie soll die Gesellschaft darauf reagieren? Sie sprechen sich deutlich für eine enge Zusammenarbeit zwischen Forschung und Management aus, wobei sie nicht den Druck seitens Wirtschaft und Bevölkerung vergessen.

5.Schlussfolgerungen (R.W.)

Die vielleicht wichtigste Schlussfolgerung, die auch die Autoren sinngemäß so sehen, ist:

Wir sollten nicht nur an Branderkennung und -bekämpfung, die Reduzierung der Brandlast und die Beseitigung der Folgen denken, sondern daran, dass ein Wandel unvermeidlich ist und die Waldbrände leider auch. Wir müssen lernen, mit der Ungewissheit zu leben, also bereit sein, frühere Entscheidungen zu korrigieren.

Natürlich muss man Feuer bekämpfen, niemand will Dörfer und Städte brennen sehen. Aber der Wald wird und muss sich ändern. Vielleicht ist im zukünftigen Klima der Hochwald nicht mehr stabil, sondern wir werden Niederwald und andere Pflanzen haben, mit Rückwirkung auf das lokale Klima. Das ist offen.

Der Übergang zu diesem verschwommenen Ziel ist herausfordernd. Wir wollen dabei Schaden so weit wie möglich begrenzen - dazu braucht es Waldbrandmanagement. Und vielleicht lichtere Wälder, natürlich mehr Mischwald. Doch damit verschwinden Waldbrände noch nicht.

Vielleicht braucht es auch strategisch angelegte Feuer, um Großbrände zu vermeiden, so wie die Aborigines in Australien seit Jahrtausenden regelmäßig Unterholz verbrennen. Seitdem das aus "Naturschutzgründen" verhindert wurde, gibt es verheerende, riesige Brände und Millionen verkohlter Tiere.

Natürlich ist es vollkommen unklar, wie man im Gelände unseres Nationalparks begrenzte Feuer entzünden könnte. Schon der Gedanke daran ist momentan noch ketzerisch. Ich vermute aber, wir müssen noch viel mehr umdenken, als dieser Artikel hier ahnen lässt ...

Update (1.5.23)

In einem "Unverkäuflichem Privatdruck" des bekannten Fotografen Frank Richter wird erwähnt, dass 1993 das Horn hinter dem Fensterturm im Großen Zschand abbrannte (S.104). 30 Jahre später haben es selbst Heidel- und Preiselbeere noch schwer, dort zu wachsen, sogar das Heidekraut ist dürftig entwickelt. Nur ein paar junge Fichten haben sich angesiedelt, deren Zukunft fraglich ist. Das Beispiel zeigt deutlich, dass Brände auch hier gravierende Veränderungen zumindest für sehr lange Zeit bewirken können (30 Jahre nach dem großen Brand von 1842 gab es immer noch riesige, freie Flächen, wie zumindest ein Bericht zeigt). Diese Tatsache wird der Entwicklung am Wildnispfad am Reitsteig gegenübergestellt: Zu behaupten, die erfolgreiche Sukzession dort wäre verallgemeinerbar, ist unrealistisch!

Positives und Ungewisses zu Waldbrandvorsorge und Wegen - Update

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Seit ca. 30 Jahren gibt es sog. Informationstreffen der Nationalparkverwaltung (NPV) mit Bergsport- und Naturschutzverbänden, schon seit langem im 2-Monate-Rhythmus. Das dient - wie der Name besagt - dem Informationsaustausch, aber es werden auch Fragen gestellt.

Obwohl es kein öffentliches Protokoll wie z.B. bei der AG Wege gibt, sind die Informationen in der Regel nicht geheim. Da beim letzten Treffen im April neue und erfreuliche Töne zu hören waren, sollten einige Dinge ruhig bekannt werden, nebst dem aktuellen Stand.

Update vom 27.4.23:

In einer Pressemitteilung der Nationalparkverwaltung
https://www.nationalpark-saechsische-schweiz.de/aktuelles/news/gemeinsame-drohnenuebungen-zur-frueherkennung-von-brandherden-im-nationalpark/
erfährt man, dass mit der unten genannten Wärmebilddrohne bereits praktische Übungen und Experimente zur Branderkennung durchgeführt werden. Das ist in jedem Fall ein wichtiger Fortschritt, auch wenn noch nicht klar ist, wo, wann und wie (auf Sicht oder nicht) die Drohne fliegen darf.

Update vom 3.5.23:

Im MDR-Sachsenspiegel vom 3.5. wird von der ersten Zisterne an der Kreuzung Ziegenrückenstraße/Knotenweg berichtet (50m³, 200.000€). Die ist nun fertig, erfreulich. Weniger erfreulich, was der Hohnsteiner Bürgermeister Brade dazu erzählte:

Vielleicht lassen sich Zisternen auch billiger bauen, aber ich fürchte, das verhindern wie üblich entsprechende Vorschriften zuverlässig.

Waldbrandvorsorge

Eines ist klar: Zaubern kann niemand. Aber man bewegt sich schon mal in die richtige Richtung, soweit eben möglich. Ich hoffe, später konkrete Beispiele zeigen zu können.

Früherkennung von Bränden

Das ist technisch ein kniffliges Problem, das auch im strategischen Waldbrandkonzept (vgl. diese News vom 27.3.23) betont wird (vgl.a. meine Überlegungen zur Vorsorge, diese News vom 30.12.22).

Brandbekämpfung

Zuwege

Überflüssig zu sagen, wie wichtig die schnelle Erreichbarkeit von Brandherden ist. Das war eines der ganz großen Probleme beim Brand 2022, und es bleibt ein Dauerproblem. Aber man kann es lindern.

Spontan fallen mir vier Bereiche ein, in denen es nach jetzigem Stand für die Feuerwehr kritisch wird:

"Unsere Wege"

Waldbrände sind unberechenbar. Man kann für den Feuerfall also nicht einfach ein perfektes "Spinnennetz" wie oben erwähnt planen. Es ist eben auch wegen des Waldbrands wichtig, so viele Wege wie möglich begehbar zu haben. Daher erfreuen uns die Mitteilungen:

Fazit

Es ist Bewegung in die Sache gekommen, sehr erfreulich. Bei aller möglicher Kritik muss man immer bedenken: Die Kapazitäten sind beschränkt. Manches geht einfach nicht mehr (z.B. die Äste aller liegenden Bäume im Großen Zschand schreddern). Vieles wird gemacht. Und bei manchen Dingen werden wohl die Mühlen der Bürokratie in gewohnter Weise verlässlich langsam mahlen.

Wild bremst Waldumbau im Nationalpark Berchtesgaden

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Der Nationalpark Berchtesgaden wird derzeit als Musterbeispiel für das Modell "Natur Natur sein lassen" gepriesen. Das sieht der bayerische Oberrechnungshof anders: Das Wild verbeißt die Jungpflanzen für den nötigen Umbau zum "standorttypischen Mischwald" derart, dass das Geld für die Pflanzungen praktisch zum Fenster hinausgeworfen wird:

https://www.n-tv.de/regionales/bayern/Rechnungshof-zu-Nationalpark-Zu-viel-Wild-zu-hohe-Kosten-article23986617.html

(Danke an Rainer für den Tipp!).

Das ist für "Auskenner" nicht neu - Waldumbau ist schwierig. Auf Kahlschlägen drohen Jungpflanzen in der Sonne zu verbrennen, von Gras und Brombeeren/Farn überwuchert zu werden sowie nicht zuletzt von Wild und auch Mäusen verbissen zu werden. Die Maßnahmen zum Verhindern sind teuer: Zäune, Jagd, Freihalten von Jungpflanzen, Ansitze für Raubvögel (billig) oder gleich Gift gegen Nagetiere (das z.B. Gartenschläfer sterben lässt).

Eine gesunder Mischwald mit Bäumen verschiedenen Alters kann sich gut verjüngen, sofern der Klimawandel nicht dazwischenfunkt. Ansonsten braucht es eben doch das Eingreifen des Menschen, sogar intensiv. Fachleute kritisieren den sog. Prozessschutz ("Natur Natur sein lassen") schon lange als romantische Utopie.

Hütte am Wolfsbergturm abgebrannt, Turm beschädigt

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Auf https://www.pozary.cz/clanek/270343-chatu-u-rozhledny-na-vlci-hore-u-krasne-lipy-zachvatily-plameny-vyhlidkovou-vez-hasici-uchranili/ (leicht selbst zu übersetzen mit DeepL) wird berichtet, dass heute 2.30 die private Hütte am Wolfsbergturm in Flammen stand und auch die Außenwand des Turms mit brannte. Der Brand wurde 5.34 bemerkt. Es gibt sofort Bilder davon auf der Seite, zwei hier:

Brand Hütte Brand Turm

Feuerwehreinheiten aus sieben Orten rückten an, die Hütte war nicht zu retten, der Turm ist außen beschädigt. Dort hoch kann natürlich kein Tanklöschwagen fahren, entsprechend schwierig waren die Löscharbeiten. Aber immerhin haben sie ein Allradfahrzeug, das Material hochbringen konnte. Wer den Weg kennt - staun.

Die Ursache ist noch nicht klar, um 12:35 war das Feuer gelöscht.

Ich hoffe, der Turm bleibt nicht für längere Zeit gesperrt. Im Aufgang war übrigens die beeindruckendste Galerie tschechischer Aussichtstürme, die ich bisher sah.

Blick in die Glaskugel: Wald nach dem Brand

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Ein Foto vom Horn über der Richterschlüchte (das mit dem Richterschluchtturm an der Seite), das ich gestern erhielt, erstaunte mich:

richterhorn

Die höhere Auflösung findet sich in richterhorn.

Korrektur: Ich dachte, das Grüne sei Farn. Das Bild war zu unscharf. Es ist nur Moos. Aber das, was jetzt kommt, stimmt trotzdem noch :-)

Ich beobachte ja schon lange, wie an vielen Stellen der Adlerfarn als erstes Grün erscheint, und eifrige Leser wissen, dass das kein neues Grün ist, sondern dass überlebende Rhizome in 50-60cm Tiefe wieder ausgetrieben haben (die Vermehrung über Sporen geht viel langsamer und ist an Jahreszeiten gebunden). In dieser Gegend warfen Hubschrauber Unmengen Wasser ab (und später wurde garantiert vor Ort per Schlauch gelöscht), wodurch der Boden nicht komplett durchbrannte.

Im böhmischen Nationalpark gab es offenbar viele Schlüchte, in denen man auch aus der Luft nicht mehr löschen konnte wegen der extremen Rauchentwicklung (ein Video aus einem Helikopter zeigte das eindrücklich). Dort glühte der Boden bis "unten" durch, und so sah es am 22.2.23 im Prebischgrund aus:

prebischgrund

Dort wächst nur noch etwas Gras, wo sich im Tal Grundwasser staut, ansonsten zeigt sich lediglich Moos nach dem Regen.

Farn kontra neue Bäume

Naturschützer, Gärtner und viele Forstleute meinen nun, dass sich ja alles schnell von selbst begrünen wird. Jein. Gerade dort, wo das "hoffnungsvolle Grün" in Form von Farnwedeln auftaucht, wird es erst einmal nicht so schnell gehen. Denn Adlerfarn nimmt Jungpflanzen einfach das Licht weg und hindert ihr Wachstum auch noch mit speziellen Ausscheidungen. Ich fand nun endlich die richtige Stichwortwahl für Google: Farn im Forst. Den Artikel unter

https://www.wald.rlp.de/de/nutzen/naturnahe-waldbewirtschaftung/literatur/?download=qd_forstinfo3_01.pdf&did=213&cHash=a28d22e110d27ec0cf3a5db0ceb2b483

habe ich hier heruntergeladen. Es reicht, "Problemfall Adlerfarn" auf der zweiten Seite zu lesen. Zitat von der ersten Seite:

Ziel muss es sein, die Konkurrenzvegetation in ihrer Höhe unter der Terminalknospe der erwünschten Jungbäume zu halten, dies aber nicht auf der Fläche, sondern am Punkt – dort wo es zählt. Die Kenntnis der Sukzessionsdynamik erlaubt eine treffsichere Einschätzung, ob in der gleichen Vegetationsperiode oder im Folgejahr ein erneutes Überwachsen der Terminalknospe zu erwarten ist.

Terminalknospe: Wikipedia Ist einfach die Knospe an der Zweigspitze. Wird sie überwuchert, stoppt das Wachstum.

Niedertreten des Farns ist eine bewährte Strategie, aber das widerspricht im Nationalpark ja auch dem "Natur Natur sein lassen". Auch woanders finden sich gleiche Hinweise:

https://www.landtreff.de/mal-wieder-kampf-gegen-adlerfarn-t39457.html

Eindrucksvoll dort das Bild https://www.landtreff.de/resources/adlerfarn/18318 - dort haben es (noch) einige Triebe bis über den Farn geschafft.

Der Farn wird bis zu 2 m groß und legt sich dann auf die Seite, da die Stengel die Last nicht mehr tragen können.

Es sieht so aus, als könnte der Zustand ohne menschlichen Eingriff dauerhaft sein: https://www.forestbook.info/news/was-tun-gegen-die-schlagflora/ Zitat:

"Lediglich die Brombeere und der Adlerfarn können derart mächtig heranwachsen, dass eine Bekämpfung notwendig wird."

Aber man findet nicht, was ohne Eingriff passiert, denn so etwas gibt es nur in Prozessschutzzonen, also etwa im Nationalpark.

Farn braucht Wasser, doch nicht allzu viel - sonst würde er auf Riffen nicht wachsen.

Fazit: Wir wissen vermutlich nicht, ob die Farnwälder ohne Eingriff länger als ein paar Jahre Bestand haben, aber Grund zum Jubel sind sie keinesfalls.

Birke

Dort, wo kein Farn ist, könnten Birken erst einmal die Vorherrschaft übernehmen. Ihre Samen fliegen weit, aber nicht so weit, wie oft behauptet wird. Im Thüringer Wald hat man in über 700m Höhe bergauf und bergab die Ausbreitung untersucht:

https://www.researchgate.net/profile/Katharina-Tiebel/publication/344784864_Verjungung_auf_Storungsflachen_1_Wie_weit_fliegen_Birkensamen

Viel mehr als 300m Flugweite sollte man nicht erwarten, obwohl in dieser Höhe der Wind kräftiger weht. Das ist also kein Problem bei den (noch!) kleinen Brandflächen auf deutscher Seite. In Tschechien auf den riesigen Brandgebieten sieht das leider anders aus, und wir werden es beobachten und davon berichten.

Birken werden bei unseren armen Böden und zunehmender Trockenheit nicht alt. In der Konkurrenz mit anderen Baumarten (sofern vorhanden) um Wasser verlieren sie den Kampf, wie an zahlreichen Hängen z.B. bei Obervogelgesang zu beobachten. Natürlich geben sie als Pionierbaumarten dem Boden Halt und verschatten etwas, aber das Ergebnis in unserem Fall ist offen.

Weitere Baumarten mit Flugsamen sind Weiden und Pappeln. Diese müssen natürlich erst einmal vorhanden sein. Und dann ist die Frage, wie sie mit den hiesigen Verhältnissen und extremer Sommerdürre klar kommen.

Fazit: Birken werden sich in Teilen als erste Bäume ansiedeln, aber sie sind keine Hexenmeister.

Erosion

Wer das obige Bild vom Prebischgrund im böhmischen Nationalpark ansieht, bemerkt erste helle Flecken an den Hängen: Erosion. In der Literatur zu Waldbränden wird sie als großes Problem nach schweren Bränden beschrieben, es gibt sogar Ratschläge wie "macht der Mure den Weg frei". Nach dem großen Waldbrand 1842 im Großen Zschand hatte man die Hänge umgehend mit Faschinen gesichert und gepflanzt (auch das geht nicht in der Prozessschutzzone). Noch nach 30 Jahren konnte man über große, weite Flächen hinwegsehen.

Die Straßensperrung in Hrensko (diese News vom 1.3.23) ist so eine unerwartete Auswirkung. Nüchtern betrachtet, könnte es in mehr als 200-300m Entfernung von den nächsten Birken zum Wettlauf zwischen Erosion und Wiederbegrünung kommen. Das Ergebnis ist offen.

Ausblick

Kleine Brandflecken wie etwa am Goldsteig oder in den Meilerschlüchten werden sich schnell begrünen, sofern nicht ohnehin schon Grün da ist. In den Richterschlüchten etwa hier

https://rotweinundradieschen.de/Pathpics/schwarzweberrichterlorenz/35789_brandjortan2.jpg (Ort: GPS 50.89625,14.28466)

werden die Bäume nach dem großflächigen Bodenbrand (der gegenüber vom Goldsteig aus noch unsichtbar ist) fast alle umfallen. Was dann passiert (Erosion?), ist offen. Auf den großen Brandflächen (Täler in Tschechien) wird es garantiert Erosion geben. Dass der einzige Zustieg zum Prebischtor derzeit nur von Freitag mittag bis Sonntag möglich ist, hat genau damit zu tun (in der restlichen Zeit Sanierungsarbeiten, Hänge sichern). Fast alle Bäume oberhalb der Totalbrandflächen sind braun und werden umfallen, da die Wurzeln im Bodenbrand zerstört wurden (und die Kiefern im felsigen Gelände nicht tief wurzeln können). Dabei werden sicherlich Bäume dabei sein, die im Herbst noch grün aussahen.

Für realistischen Katastrophenschutz muss man auch mal den Teufel an die Wand malen (so ganz falsch waren frühere Prognosen ja nicht). Wenn das komplett unzugängliche Gebiet zwischen Saupsdorfer und Stimmersdorfer Weg östlich der Thorwalder Wände (ca. 3km²) so abbrennt wie in Tschechien, wird es ganz schwierig mit der Begrünung. Ob das dann irgendwann eine Heide mit Niederwuchs wird, und was der Klimawandel bis dahin mit der Landschaft anstellt, ist ein Blick in die Glaskugel. Und meine ist gerade in der Werkstatt zum Ölwechsel.

Strategische Waldbrandkonzeption des Innenministeriums

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Update 28.3.: Fußnote zum Totholz auf S.11

Am 24.3. hat das SMI (Innenministerium) auf

https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/1064418

eine "strategische Waldbrandkonzeption" vorgestellt, die ohne Frage auf den Erkenntnissen der Expertenkommission (vgl. Passwort-News vom 18.3.23) basiert und hier heruntergeladen werden kann:

https://www.medienservice.sachsen.de/medien/medienobjekte/586026/download

Das sind allerdings 192 Seiten, die erst einmal gelesen werden wollen, und natürlich interessieren uns Verwaltungsinterna weniger (obwohl wichtig, und gut, dass man z.B. auf Kommunikation der einzelnen Bereiche achtet - allein bei 22000 FFW-Einheiten in Deutschland kein Pappenstiel). Aber man sieht auf Anhieb, dass das eine ganz, ganz andere Welt ist als das unselige "Müller-Gutachten". So heißt es im Konzept gleich auf S.4

Infolge Borkenkäferkalamität besteht ein sehr hoher Totholzanteil in den Wäldern. Daraus folgt: Es ist eine große Menge brennbarer und leicht entzündlicher Biomasse in den Wäldern Sachsens. Hinzu kommt eine anhaltende außergewöhnliche Dürre der letzten Jahre.

Gerade in Sachen Totholz gab es in letzter Zeit viele irreführende und sogar falsch verallgemeinerte Informationen ("Totholz ist feucht und verhindert Waldbrände"). Da ist die Fußnote auf S.11 doch Musik in den Ohren der Kritiker solchen Unfugs:

Der Begriff Totholz unterliegt keiner exakten Definition. Liegendes Totholz umfasst Holzreste, darunter Feinmaterial wie z. B. Reisig oder dünne Äste, aber auch stärker dimensioniertes Holz in Form von z. B. Wurzeln oder ganzer Stämme. Vertikal stehendes Totholz kann in Form ganzer Stämme in Erscheinung treten. Totholz kann einen wesentlichen Beitrag zur Brandintensität leisten und muss daher in jeglicher Gefahrenbetrachtung (z. B. in Regionalen Waldbrandplänen oder Besonderen Alarm- und Einsatzplänen) zwingende Berücksichtigung finden.

Entscheidend auch der Hinweis auf S.5:

Die Betrachtung von Waldbrandgefahrenklassen allein ist nicht zielführend. Betrachtet werden müssen auch topografische Verhältnisse, klimatische Veränderungen, Brandverhalten in Gebirgslagen und die Wirkweisen der Einsatzmittel der Feuerwehr.

Der Nationalpark Sächsische Schweiz bedarf einer gesonderten Betrachtung infolge spezieller Gefahrenmomente durch den Tourismus.

S.18:

Für das Gebiet des Nationalparks Sächsische Schweiz ist die Verwendung eines vollautomatisch wirkenden Waldbrandfrüherkennungssystems bzw. eines optischen Sensorsystems eindeutig empfohlen.

S.47:

Zudem ist die populäre Annahme, dass sich Brände in Wald- und Vegetationsgebieten vornehmlich im Frühjahr und den heißen Sommermonaten ergeben, aus Sicht der Feuerwehr nicht mehr als allgemein gültig anzusehen.

S.52:

Feuerwehrtechnische und -taktische Problemstellungen wurden - sich wiederholend - bei einem Waldbrand im Nationalpark Sächsische Schweiz im August 2018 deutlich, als ein Wald- und Vegetationsgebiet nahe dem Basteifelsen im Umfang von ca. 15.000 m² verbrannte ... Die Löscharbeiten wurden aufgrund schwieriger Zugangs- und Zufahrtsmöglichkeiten als Folge der besonderen Topografie und Gesteinsformationen stark erschwert. Neben fernmeldetechnischen Problemen mussten die Einsatzkräfte, die nicht über besondere oder zweckmäßige persönliche Schutzausrüstung verfügen, zeitlich und technisch aufwendig gegen Absturz gesichert werden. Zudem konnte die unerschöpfliche Löschwasserentnahmestelle „Elbe“ infolge des Höhenunterschiedes von ca. 194 Metern erst genutzt werden, nachdem eine Löschwasserförderung über lange Schlauchstrecken aufgebaut wurde und hierzu schweres Material und Einsatzmittel zu Fuß über weite Wege transportiert werden musste, da eine Zuwegung nicht gegeben war. Im Weiteren musste z. B. Löschwasser, teilweise in Kanister umgefüllt, von den Einsatzkräften über Felsvorsprünge und zerklüftete Steilhänge mittels Rückentragegestellen ... zur Einsatzstelle getragen werden.

Ende Juli bzw. im August 2022 zeigten sich die gegebenen technischen und taktischen Schwierigkeiten erneut bei einem Brandereignis im Nationalpark Sächsische Schweiz, welches sowohl auf Seiten der Tschechischen Republik als auch auf Sächsischer Seite letztlich nur mit einem Großaufgebot an Personal und Einsatzmitteln bekämpft werden konnte ...

Sehr, sehr positiv ist, dass man endlich von der formalen Waldbrandgefahrenklasse Abstand nimmt, die hier überhaupt nicht passt. So ist der Nationalpark nur in der niedrigsten Klasse C eingestuft, und deswegen hätte es auch keine Fördermittel für Feuerkameras gegeben (nebst Personalkosten). Und der Sachsenforst soll den Hut aufbekommen in Sachen Waldbrandfrüherkennung, oder zumindest ein zentrales Gremium.

Ich selbst bin natürlich noch beim Lesen, diese Meldung wird später vielleicht mal mit mehr Inhalt an die Spitze rücken. Aber die vielen Fans der Community können sich schon mal darauf stürzen :-)

Älterer Artikel zum Brandgebiet in Tschechien - angeblich 45mal mehr Blei in der Asche als zulässig im Prebischgrund

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Schon am 2.9.22 erschien ein Artikel zum Waldbrand im böhmischen Nationalpark im "LandesEcho - Das Magazin der Deutschen in der Tschechischen Republik":

https://landesecho.cz/unterwegs/boehmische-schweiz-100-millionen-kronen-fuer-den-wiederaufbau/002282/

Das Bild dort kam mir sofort bekannt vor, es ist der gleiche Grund wie auf diesem Bild hier:

Totalbrand im Prebischgrund

Und den Ort konnte ein Insider nun auch bestimmen - etwa hier, nämlich im Prebischgrund. Das ist also das Tal, in dem von liegenden Bäumen nur noch Aschestreifen übrig blieben.

Die Hauptsache an dem Artikel sollt aber etwas Anderes zu sein. Der Wald hat über Jahrzehnte fleißig Schadstoffe gesammelt, sicher vor allem vom Chemiegebiet in Usti, das für seinen Dreck berüchtigt war. Und nun stellt sich heraus, dass dort bis zu 900µg/kg Blei in der Asche gemessen wurden, was nicht nur eine "ziemlich hohe Kontamination" darstellt (wie es im Artikel heißt), sondern den zulässigen Maximalwert von 20µg/kg um den Faktor 45 überschreitet.

Edit: Diese Angaben sind fragwürdig, wir recherchieren noch. Offenbar wurde sogar µg mit mg verwechselt. Sobald Näheres bekannt ist, erscheint es an dieser Stelle als Update.

Durchaus möglich, dass es noch andere, interessante Analysen folgen. Keine Ahnung, ob man dort noch Pilze essen sollte (sammeln ginge ja noch), sofern dort mal wieder welche wachsen. Das dauert noch etwas.

Tschechisches Gegenstück zum mdr-Film über den Waldbrand: Kampf um Hrensko

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Das tschechische Fernsehen hat eine gut 90minütige Dokumentation über den Waldbrand im böhmischen Nationalpark gesendet:

https://ct24.ceskatelevize.cz/regiony/3536451-od-uhaseni-pozaru-v-ceskem-svycarsku-uplynuly-dva-mesice-udalosti-priblizuje

Ab ca. Minute 7 geht ein reichlich 20minütiger Film los, der sich lohnt.

1.UPDATE: Nun ist der Film auch auf Youtube zu sehen, und zwar hier:

https://www.youtube.com/watch?v=oW5zO94PA5w

Von dort kann man ihn auch herunterladen (ca. 350MB).

2.UPDATE: Ein Screenshot vom Vollfeuer im Ausgangspunkt Malinovy Dul (Himbeergründel) etwa bei Minute 2:30 --

Vollfeuer Malinovy Dul

Dies allen hinter die Ohren, wie es aussieht, wenn man sich zurückziehen muss.

Der mdr-Film war gut, aber der hier kann auf ungleich mehr Material zugreifen (wobei die meisten Filmaufnahmen beim mdr auch aus tschechischen Quellen stammen).

Natürlich ist dieser Film in Tschechisch, doch schon die Bilder allein sind ungemein beeindruckend und interessant. Insider werden vieles schon kennen, aber es ist auch eine Masse Neues dabei: Bilder vom Kampf um Mezna (den sie aufgeben mussten), und auch eine kurze Luftaufnahme eines zerstörten Hauses inmitten unverbrannter anderer. Soviel zum Argument "ich wohne ja nicht am Waldrand". Auch der Feuerwehrkommandant von Hrensko, Jan Kosik, kommt zu Wort - das ist der, der so ungeheuer wütend auf den Nationalpark ist. Wer den Film sieht, versteht, warum.

3.UPDATE: Ein Tschechischkenner übersetzte mir aus dem Film, dass die Feuerwehrleute teilweise 24h am Stück im Einsatz waren und manchmal kaum noch Luft bekamen. Sie zogen sich zwischendurch von Mezna zurück, weil nicht klar war, ob liegen gebliebene Fahrzeuge den Rückweg blockiert hatten. Vor allem machte ihnen der Wassermangel zu schaffen.

Der Film gibt eine ungefähre Vorstellung davon, woran wir hier vorbeigeschrammt sind und warum ich mich so hektisch gebärde: Nach dem Brand ist vor dem Brand. Und ich weiß nicht - bei uns könnte es schlimmer kommen. Denn in Tschechien ist die Feuerwehr zentral organisiert (https://de.wikipedia.org/wiki/Feuerwehr_in_Tschechien) und in Strukturen eingebunden: "Der Feuerwehr-Rettungskorps ist wichtigster Bestandteil des integrierten Rettungssystems"

In Deutschland (https://de.wikipedia.org/wiki/Feuerwehr_in_Deutschland) gibt es reichlich 22.000 Einheiten freiwilliger Feuerwehren in 16 Bundesländern mit verschiedensten Strukturen und Zuständigkeiten und 110 Berufsfeuerwehren (nebst anderen, nicht viel größeren).

Im Falle einer Katastrophe, wo es um Reaktion binnen Stunden geht, habe ich so meine Zweifel, ob man hier ausreichend schnell reagieren könnte. Und die Ausstattung der tschechischen Feuerwehren, die ich im Film sah, ist teils beeindruckend. Können wir da mithalten bei Drohnen, schweren Tanklöschfahrzeugen, großen Pumpen? Die haben eigene Quads, kleine und geländegängige Löschfahrzeuge und sogar zwei eigene Doppeldecker für den Ersteinsatz.

Der Film ist natürlich eine Zumutung für die Psyche, und nur Tschechischkenner werden viel verstehen. Aber er ist ungemein interessant. Vor allem Feuerwehrleuten sei er empfohlen.

Am Ende des TV-Beitrags (nicht des Films selbst auf Youtube) kommt Tomas Salik, der Sprecher des böhmischen Nationalparks, zu Wort. Ich habe fast nichts verstanden (zumal der "Empfang" hier äußerst rucklig war - Server hing offenbar, so wie beim ZDF), aber er sah nicht glücklich aus.

Interview mit dem Feuerwehrchef von Hrensko

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Das folgende Interview des tschechischen "Security Magazins" ist zwar relativ alt (wurde offenbar kurz nach dem Brand aufgezeichnet), und viele der Leser kennen es aus einer früheren Rundmail. Aber ich finde es so bemerkenswert, dass ich es an dieser Stelle "verewigen" möchte. Jeder, der hier über "Totholz brennt ist ja auch nur eine Meinung" sinnieren möchte, sollte an dieses Interview denken. Es geht um Menschenleben, nicht wenige, und sehr viel Hab und Gut - die anderen Schäden (Natur, Tourismus, Infrastruktur) noch gar nicht erwähnt.

Das Interview findet sich hier:

https://www.securitymagazin.cz/security/velitel-sdh-hrensko-o-katastrofalnim-pozaru-ceskeho-svycarska-nesjizdne-cesty-a-chybejici-bezpecnostni-pasy-kolem-obydli-1404069276.html?fbclid=IwAR1hYpHKyjQwCHZnonrdiE-tYYgkQm1pelm6mdCpX9ehBc7dsGlSKLLLLPg

Die Übersetzung erfolgte mit Google Translate oder DeepL und wurde leicht nachgebessert.

Security Magazin präsentiert ein Interview mit Jan Košík, Kommandant der SDH Hřensko, zum Thema Erfahrungen aus dem jüngsten Großbrand im Nationalpark České Švýcarsko. Uns interessierte, wie die Feuerwehrleute die Bedingungen einschätzen, unter denen sie sich dem Brand stellen mussten, mit welchen Problemen sie zu kämpfen hatten und was für die Zukunft besser gemacht werden sollte, insbesondere in Sachen Prävention. Jan Košík spricht von lebensbedrohlichen Situationen und sieht als größtes Problem die Unpassierbarkeit der Hauptwege und vor allem das Fehlen von Sicherheitszonen um menschliche Behausungen und Dörfer.

In den Medien tauchten Informationen darüber auf, dass die Straßen, auf denen Feuerwehrfahrzeuge fahren konnten, mit Käferholz bedeckt waren. Können Sie das bestätigen?

Das stimmt natürlich, das kann ich zu 100% bestätigen, denn die Hauptwege, die wir irgendwie befahrbar haben wollten, waren gar nicht befahrbar. Die Zeit, bis wir vom Berg, wo wir operieren mussten, zum Ort des Geschehens kamen, war unglaublich lang. Es war sehr kompliziert. Unsere Jungs mit den Sägen dort sahen eher aus wie Bergleute. Es ging nicht darum, ein paar Bäume zu fällen. Es war wirklich, um es milde auszudrücken, ein Durcheinander, das nicht in zehn Minuten zu bewältigen war.

Haben Sie oder jemand aus der Gemeinde Hřensko in der Vergangenheit für einen besseren Zugang zu den Waldwegen geworben?

Ich habe mehrmals persönlich an örtliche Naturschützer appelliert, die ich bei früheren Bränden getroffen habe. Obwohl sie natürlich viel kleiner waren. Ich habe mehrmals darauf aufmerksam gemacht (obwohl ich es nicht schriftlich habe), aber ich wurde darauf hingewiesen, dass die Natur für sich selbst sorgen wird. Und als ich anfing zu beschreiben, was passieren könnte, wurde mir gesagt, dass ich zu viele amerikanische Filme schaue. Kollegen aus Krásná Lípa haben dazu auch schriftliche Unterlagen.

Zu Beginn des Feuers berichtete das Tschechische Fernsehen, dass der NP das Feuer brennen lassen und den Umkreis bewachen wollte. Haben Sie auch solche Informationen?

Was die vorherigen Brände betrifft, habe ich diese Informationen. Das kann ich bestätigen. Nicht bei diesem Feuer, denn ich war genau im Zentrum des Feuers, wo wir versuchten, das Feuer zu umzingeln und einzudämmen, damit es sich nicht weiter ausbreiten konnte. Leider breitete sich das Feuer, wie Kollegen bereits sagten, sprunghaft aus, d.h. dass brennende Partikel durch die Luft getragen wurden und es etwa zweihundert Meter von unserem Einsatzort entfernt zu brennen begann. Außerdem war das Gelände unwegsam und schlecht einsehbar, sodass wir erst nach einer halben Stunde feststellten, dass die 200 m hinter uns Feuer fingen. Das war fatal. Wenn wir keine Drohne oder keinen Helikopter haben, die uns davor warnen, ist es unmöglich, es vom Boden aus zu sehen.

Ist es das NP-Standardverfahren zur Brandbekämpfung, dh das Feuer brennen lassen und den Umkreis patrouillieren?

Wir wurden mehrmals von der NP-Verwaltung oder Naturschützern dazu aufgefordert, mit dem Argument, dass die Natur nichts dagegen habe. Allerdings sind wir gemäß unserer Vorgehensweise als Feuerwehrleute ganz normal vorgegangen, ohne deren Ratschläge zu berücksichtigen.

In einem Interview für DVTV erklärte General Vlček, dass dieser Schritt aufgrund des angesammelten brennbaren Materials und der vorherrschenden Trockenheit in keinem Verhältnis gestanden habe. Stimmen Sie ihm zu?

Unbedingt. Was uns Naturschützer und Menschen aus dem Nationalpark erzählt haben, dass umgefallenes Käferholz nicht brennt, ist völliger Unsinn. Das widerspricht dem gesunden Menschenverstand. Dort verwandelte sich das Feuer in ein Kronenfeuer, wo wir absolut hilflos waren. Außerdem stürzten neben uns Bäume um. Es war wirklich lebensgefährlich, und als Feuerwehrleute zogen wir uns ständig zurück, gerade weil wir keine Verteidigungslinie aufbauen konnten. Denn es gibt keine Sicherheitszonen. Rund um die Dörfer hinter jedem Zaun dazwischen steht trockenes Käferholz. Was aus brandschutztechnischer Sicht völlig undenkbar ist. Aber es war ihnen völlig egal.

Haben Ihnen die NP-Mitarbeiter den Ablauf der Feuerwehrarbeit in irgendeiner Weise erschwert?

Den Fortschritt der Löscharbeiten nicht. Aber in Bezug auf die Prävention waren sie kontaktlos und handelten in dem Sinne, dass sie ein großes Problem damit hatten, wenn wir einige Straßen abkürzen oder Übungsfahrten machen wollten. Als Kommandant der SDH Hřensko habe ich junge Leute unter mir, die sich Ortskenntnisse aneignen müssen. Ich muss mit ihnen durch unser Territorium reisen. Und in dem Moment, in dem ich sage, dass wir dorthin gehen, muss ich gestehen, warum ich dorthin gehe, was ich dort tun werde und ob wir dort überhaupt erlaubt sind. Das ist für mich als Kommandant undenkbar. Wir sind eine Freiwilligeneinheit. Es kann vorkommen, dass ich nicht hier sein werde, keiner meiner erfahrenen Kollegen wird hier sein, es werden die jungen Leute sein, die sich glücklicherweise für die Sache begeistern, aber nicht über solche Ortskenntnisse verfügen, und wir müssen sie hierher führen. Und ich habe schriftliche Unterlagen, dass ich einen Monat vorher Bescheid geben muss, wann und wohin ich im Nationalpark ziehe.

...

Hätten Sie also Empfehlungen, wie man sich in diesem Bereich in Zukunft verbessern könnte? Aus technischer Sicht, aus Sicht der Interventionstaktik und aus Sicht der Prävention?

Vorbeugen ist ganz einfach. Sicherheitszonen um menschliche Behausungen herum sind eine absolut klare Forderung. Dort hätte es längst fertig sein sollen. Bedenken Sie, dass 1.100 Hektar des Nationalparks abgebrannt sind und etwa 7.000 weitere noch stehen. Ob Kyjovské údolí, Doubice, Jetřichovice, wohin man schaut, um all diese Dörfer herum steht noch Käferwald. Es ist unmöglich, dass es so lange noch bleibt, ohne dass etwas dagegen unternommen wird. Hier bekamen wir einen klaren Hinweis darauf, was passieren könnte.

Es ist traurig, aber Gott sei Dank sind „nur“ drei Häuser in Anführungszeichen abgebrannt. Ich weiß, es ist verheerend für die Menschen, denen sie verbrannten. Es tut uns schrecklich leid, aber es war wirklich nichts mehr zu tun. Doch Mezna hätte komplett brennen können. Dort hätte leicht etwas Schreckliches passieren können. In diese Richtung sollte unbedingt gehandelt werden. Unmittelbar nach dem Brand das Käferholz rund um die menschlichen Behausungen abbauen und dort Sicherheitszonen einrichten. Dass es No-Hit-Zonen gibt, ist in Ordnung. Aber lassen Sie es Sicherheitskreuzungen zwischen ihnen geben, damit wir als Feuerwehrleute dort eine Verteidigungslinie aufbauen und das Feuer an einem Ort halten können, wenn es brennt.

Es ist unglaublich, dass wir irgendetwas in einem solchen, verzeihen Sie den Ausdruck, Saustall gemacht haben. Erstens ist es für uns als Feuerwehrleute lebensbedrohlich. Zweitens ist es technisch unmöglich.

Drohender Felssturz nach Waldbrand in Hrensko

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Der Stiegenfreund Roland machte auf eine wichtige Meldung des böhmischen Nationalparks aufmerksam:

https://www.npcs.cz/nestabilni-skalni-bloky-ohrozuji-silnici-ve-hrensku-sprava-narodniho-parku-iniciuje-reseni-situace

In Hrensko, gleich nach dem Abzweig der Klamm, drohen vier instabile Felsblöcke von insgesamt etwa 75m³ (das entspricht ca. 200t) auf die Straße zu stürzen, und zwar von hier. Das kommt in dieser Gegend zwar nicht zum ersten Mal vor - die 3km Schutzzäune über den Häusern sprechen für sich, und erst kürzlich wurde ein 2t schwerer Block von den Zäunen aufgefangen -, aber diesmal ist es eine andere Dimension und eine andere Ursache: Im Text heißt es

"Der felsige Abhang, an dem sich die bedrohten Blöcke befinden, wurde letztes Jahr von einem Feuer heimgesucht. Er wurde im Oktober von Geologen inspiziert, und es wurde keine unmittelbare Bedrohung festgestellt. Seitdem ist die Erosion des Hanges deutlich fortgeschritten. Leider kommt es in den vom Brand betroffenen Gebieten immer häufiger zu Situationen, in denen Felsblöcke plötzlich einzustürzen drohen", sagt Petr Kříž, Direktor der Verwaltung des Nationalparks Böhmische Schweiz.

Eine Vorstellung von der Gefahr geben zwei (skalierte) Bilder von dieser Seite:

Auf Abpfiff
zerbröckelt

Die Originale finden sich auf
https://www.npcs.cz/sites/default/files/inline-images/OBJ_3_Havarie_Hrensko_%282%29.jpg
und
https://www.npcs.cz/sites/default/files/inline-images/OBJ_4_Havarie_Hrensko_%285%29.jpg.

Entdeckt wurden die losen Blöcke bei Fällungen brandgeschädigter Bäume. Sonst hätte man die Gefahr vielleicht gar nicht erkannt.

Petr Kříž sagt weiter:

Die Hänge sind durch das Feuer abgetragen worden, und die Erosionsprozesse schreiten nun schneller voran. Wir überwachen zunehmend die Gefahren für Straßen, Wege und Häuser, damit sie so schnell wie möglich beseitigt werden können. Die Sicherheit von Menschen und Eigentum hat absolute Priorität.

Nach vorläufigen Schätzungen werden sich die Kosten für die Sanierung auf über 1 Mio. Kronen belaufen.

"Die Parkverwaltung ist bereit, die Sanierung der Felsblöcke professionell vorzubereiten und gegebenenfalls eine Vorfinanzierung dafür zu leisten. Rechtlich ist die Frage, wer die Sanierung durchführen und bezahlen soll, nicht eindeutig geklärt. Sollte es diesbezüglich Widersprüche geben, werden wir die gerechte Aufteilung der Kosten später mit den einzelnen Akteuren besprechen", ergänzt Petr Kříž.

Update1: Die Straße ist seit 3.3.23 auch für Fußgänger gesperrt; man hofft, dass es nur drei Wochen dauert. Zum Prebischtor kommt man nur über den riesigen Umweg Jetrichovice - Vysoka Lipa - Mezni Louka und ab dort zu Fuß die Straße hinab oder den verbrannten Mühlsteig ab Mezna.

Update2: Die Straße ist ab 24.3.23 erst einmal wieder befahrbar, der größte Block soll provisorisch gesichtert worden sein.

Feuerexperten schreiben oft: Die eigentlichen Probleme gehen erst nach dem Brand los. Ich erwartete Erosion an den total ausgebrannten Hängen z.B. im Gabrielen- oder Prebischgrund (in kleinem Maße hat sie bereits eingesetzt), aber lose, große Blöcke können zur Sperrung ganzer Regionen führen.

Bei uns sind zwar "nur" die toten Fichten die Hauptgefahr, doch wir sollten vielleicht daran denken, was nach so einem Brand wie in Böhmen bei uns passieren würde.

Ich bin seit gut 35 Jahren im Naturschutz aktiv, doch angesichts solcher Aussichten und dem großen Fragezeichen, wie die Brandgefahr bei uns auf ein vernünftiges Maß reduziert werden soll, bekomme ich Bauchschmerzen. Wie sagte doch Innenminister Armin Schuster im MDR-Interview im Januar:

Dass wir vielleicht leicht andere Wege gehen müssen, als sich das die Erfinder von Nationalparken vorgestellt haben ...

(zitiert bei Rolf Böhm).

Korrektur: 200t statt 300t

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## Waldbrandstatistik Sachsen 2022

Wie die "Dresdner Neuesten Nachrichten" vom 1.3.23 schreiben, wurden in Sachsen 215 Waldbrände im Jahr 2022 gemeldet. Im nässeren Vorjahr 2021 waren es nur 33. Ähnlich viele Brände wie letztes Jahr hatte es bisher nur im Extremtrocken-Jahr 2018 gegeben: über 200.

Die meisten Brände letztes Jahr registrierte man zwischen Mai bis August (obwohl die Waldbrandsaison auch schon im zeitigen Frühjahr beginnen kann): 177 Brände entfielen auf diesen Zeitraum.

Insgesamt brannten etwa 780 Hektar (das sind ungefähr 40.000 Einzelspiel-Tennisplätze). Drei der Brände hatten eine natürliche Ursache (Blitze), 154 wurden fahrlässig oder vorsätzlich entfacht. Bei 58 Bränden ist die Ursache unklar.

Pressemitteilung der Bürgerinitiative Naturpark Sächsische Schweiz und "Festungsnaturschutz"

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Die Bürgerinitiative Naturpark Sächsische Schweiz aus Hohnstein, die eine Umwandlung des Nationalparks in einen Naturpark fordert und damit inzwischen recht bekannt geworden ist, hat eine interessante Pressemitteilung herausgegeben:

https://www.naturpark-saechsische-schweiz.de/17_02_2023.html

Dort setzt sie sich mit fragwürdigen Aspekten der Stellungname von Prof.Müller zum Waldbrand auseinander (vgl. diese News vom 9.2.23), u.a.

Des weiteren - was wirklich wichtig ist - weisen sie auf die geplante Novellierung der Nationalparkverordnung hin und fragen nach der Wirksamkeit eventuell geplanter Maßnahmen.

Sie laden den Umweltminister zu einem Gespräch ein und warten noch auf Antwort.

Ich möchte an dieser Stelle noch eine andere interessante Mitteilung einfließen lassen, und zwar aus

https://www.mdr.de/wissen/cop-artenschutz-biodiversitaet-naturschuetzer-verbote-100.html

vom 15.12.22:

Es gibt im Naturschutz eine Tradition des sogenannten Festungsnaturschutzes, wo man die Menschen aus den Gebieten wirklich entfernt. Und da gibt’s auch ganz schlechte Beispiele aus der Geschichte des Naturschutzes, der Nationalparks, aber in der Zwischenzeit sind wir da viel weiter und solche Gebiete werden in der Art nicht mehr angelegt. Sondern das geht immer mit den Menschen und vor allen Dingen mit indigenen Menschen, die in den Gebieten zum Teil schon Jahrtausende leben, die oft einen nachhaltigen Umgang mit der Natur haben und die dann auch das Recht haben müssen, in diesen Regionen weiter leben zu können.

...

Und der Naturschutz hat dem ein ähnlich starkes Bild entgegengesetzt, dass Naturschutzgebiete, das Nationalparks quasi heilige Räume sind, in denen man esoterische oder spirituelle Naturerfahrungen machen kann und wo das dann nur gelingt, wenn man keinen Menschen sieht oder hört. Wir brauchen da einen dritten Weg, der dazwischenliegt. Nämlich ein Miteinander von Mensch und Natur. Solche Wildnisgebiete kann man auch nur schützen, wenn Menschen diese Erfahrungen machen können.

Katrin Böhning-Gaese, Direktorin des Frankfurter Senckenberg-Forschungszentrums

Zur Rolle des Totholzes beim Waldbrand

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Im Zusammenhang mit dem Waldbrand wird kaum eine Frage so heiß diskutiert wie die nach der Rolle des Totholzes, und immer wieder prallen Aussagen aufeinander, wie sie konträrer kaum sein könnten:

Aus der Stellungname von Prof.Müller, das Gegenstand der obigen Pressemitteilung ist, kann man Widersprüchliches herauslesen:

Die Ursache für die widersprüchlichen Aussagen liegt darin begründet, dass Prof. Müller keine Definition vornimmt, was er unter Totholz versteht. Dabei ist aus anderen wissenschaftlichen Studien und den weltweiten Erfahrungen mit Waldbränden bekannt, dass man für die Totholz-Beurteilung hinsichtlich der Rolle bei Waldbränden differenzieren muss:

Man sollte hinzufügen, dass das kein Gutachten war, sondern eine Stellungnahme im Auftrag des SMEKUL (grob: Umweltministerium). Eine gute und kritische Auseinandersetzung damit findet man auf der bekannten Webseite felsenheimat.de.

Nun gibt es zum Glück nicht nur diese Stellungnahme, sondern zahlreiche Quellen im Netz und vor allem die umfangreiche Studie zum Brand im böhmischen Nationalpark - vgl. die Meldung vom 17.1.23. Und in https://www.irozhlas.cz/zpravy-domov/pozar-ceske-svycarsko-holiny-byly-horsi-odklizene-drevo-analyzy-expertu_2301130500_tec werden deren Ergebnisse noch einmal übersichtlicher zusammengefasst.
Was wissen wir also bisher?

Während in Buchenwäldern, mit Ausnahme von Niederwäldern, keine Fälle von massiven Kronenbränden beobachtet wurden, die den gesamten Stamm betrafen, war bei abgestorbenen Fichtenbeständen in besonderen topographischen und geographischen Lagen (z. B. in schlecht befeuerten Schluchten) dieses Stadium des Brandes eher die Regel.

Letzters widerspricht auch der Aussage der deutschen Studie, dass stehende Bäume nur im unteren Bereich betroffen gewesen wären - und übrigens widerspricht sich der Autor selbst, denn er zeigt Bilder von Stammbränden ohne Bodenbrand und vermutet, dass durch Pilze geschädigtes Holz die Ursache sein könnte. Auch hier sieht er noch Forschungsbedarf.

Vor diesem Hintergrund sollte man auch die "psychologische Betrachtung" der Studie lesen - Zitat aus der Zusammenfassung:

Die liegenden Stämme hatten keine Rinde, waren verblasst und waagerecht gelegt und sahen aus wie Holz für eine Bucht. Deshalb nahmen die Menschen an, dass sie als Brennholz verbrannt werden würden. Als dann das Feuer ausbrach, glaubten die Menschen laut der Studie, dass die Parkverwaltung einen Fehler gemacht hatte, indem sie das Holz im Wald liegen ließ.

"Die Nationalparkverwaltung hat Stämme, die wie Brennholz aussehen, im Wald liegen lassen. Wenn es gebrannt hat, was könnte sonst noch brennen - und warum sollte man die Meinung akademischer Experten einholen, wenn wir alle wissen, wie Brennholz brennt?" Ein solches Konstrukt, so die Wissenschaftler, hat sich in den Köpfen vieler Menschen festgesetzt.

Dies führte laut der Studie dazu, dass einige Meinungsmacher, ohne die wissenschaftlich bestätigten Ergebnisse der Untersuchung abzuwarten, die Nationalparkverwaltung für den Brand verantwortlich machten und ihre Glaubwürdigkeit weiter untergruben.

"So hat sich in den letzten Monaten in der Region ein gesellschaftlich konstruiertes Narrativ verbreitet, das der Nationalparkverwaltung die Schuld an den verursachten Schäden gibt, unterstützt durch die bereits erwähnte visuelle Abhängigkeit, die falsche Vorstellung, dass das, was typischerweise wie Brennholz aussieht, auch wie Brennholz brennt", heißt es in der vollständigen Schlussfolgerung der Studie.

Angesichts der oben genannten Fakten (Brandschwere und Folgen), kann man dem nicht uneingeschränkt zustimmen.

In unserem Nationalpark kommt noch hinzu, dass

Fazit

Es steht außer Frage, dass dicke Stämme und Feinreisig über trockenen Humusauflagen und sicherlich auch Jungfichtenteppiche eine extreme Gefahr darstellen. Man darf nicht vergessen, dass ein Großbrand wie 2022 in unserem Nationalpark mit anderer Windrichtung auch Städte wie Sebnitz und Bad Schandau (zusammen 12.000 Einwohner) bedroht - und natürlich alle Dörfer und Infrastruktur (Straßen, internationale Bahnlinie durch das Elbtal, Gewerbegebiete).

Ebenso ist klar, dass es keine einfache Lösung gibt. Einige Gedanken dazu hatte ich mir schon in der Meldung Gedanken zur Waldbrandvorsorge - zweites Update (News vom 30.12.22) gemacht, und es scheint so, dass das die Experten ebenso sehen: Prof. Müller spricht auch von Früherkennung (auch wenn die Idee eines Fesselballons nicht sonderlich seriös erscheint), und der Innenminister hat bereits die Beschaffung von "löschfähigen Hubschraubern" angestoßen. Auch redet man schon über die "Ausdünnung" von Wäldern in Siedlungsnähe. Das wirkt zumindest bremsend - und war bis vor kurzem noch ein No-go.

Eigene Auswertung von Luftaufnahmen von 2020: Totwald-Anteil aufgeschlüsselt

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Update 9.7.23: Luftbildvergleich vom Gebiet nördlich des Bloßstocks in den Affensteinen, links ist der Nasse Grund zu sehen. Zu beachten ist, dass auch Jungfichten und Gras rot erscheinen. Man sieht, dass sich das Fichtensterben rasant westwärts ausbreitet. Noch besser zeigt sich das im vorderen Teil des NP: Wehlener und Rathener Gebiet.

Am 30.7.20 wurden u.a. beide Nationalparkteile überflogen und hochauflösende Luftaufnahmen im Infrarotbereich gemacht, die erlauben, tote Bäume von lebenden zu unterscheiden: Die lebenden erscheinen rot, die toten grau. Wenn man ausreichend hineinzoomt, kann man z.B. am Thorwalder Reitsteig sogar schon umgestürzte Fichten erkennen, und auch die Kletterfelsen sind schön deutlich zu sehen.

Die Bilder gibt es zwar auf

https://geoviewer.sachsen.de/mapviewer2/index.html?map=66ac6cc8-a9d3-46d5-a253-d5a011bfa7ec&lang=de

-- doch es ist viel Inspiration und vor allem Geduld gefragt. Ich habe es geschafft, vergrößerte Bilder einzeln herunterzuladen und sie zu zwei großen zusammengesetzt - vorderer und hinterer Nationalparkteil:

https://www.rotweinundradieschen.de/News/docs/NPhinten.png (14MB groß)
und
https://www.rotweinundradieschen.de/News/docs/NPvorn.jpg (9MB groß).

Die Beschriftungen ließen sich nach entsprechendem Probieren auch noch hineinzaubern. Leider waren Farbe und Größe nicht einstellbar. ABER:

Regionaler Totwaldanteil - die Hauptsache

So interessant das auch ist - ich wollte mehr, und zwar den Anteil der Totfichten in einzelnen Regionen bestimmen. Das ist eine knifflige Programmieraufgabe, denn die Definition, was rot und was grau sein soll, ist nicht so einfach.

Das Ergebnis ist also nicht für bare Münze zu nehmen, aber es liefert wenigstens einen Anhaltspunkt - HIER GUCKEN:

https://www.rotweinundradieschen.de/News/docs/tilesfinal.jpg (6MB)

Der Kartograph Rolf Böhm hat das Ganze noch etwas aufgehübscht:

http://www.boehmwanderkarten.de/wbk.jpg
oder bei mir lokal
https://www.rotweinundradieschen.de/News/docs/wbk.jpg

Ich habe in der Legende darunter nur Kacheln aufgeführt, in denen Bäume vorkommen. Das Bild ist sehr groß (ca. 7500x5000 Pixel), man kann und sollte kräftig hineinzoomen.

Jede Region wird alle drei Jahre überflogen, wir können also auf ein Update in diesem Sommer hoffen. Dann werden die Veränderungen interessant.

Nachtrag vom Juni 22

Vor dem Brand gab es noch eine Überfliegung, aus den Rohdaten (also ohne Markierung von lebenden und toten Bäumen) erstellte ich Bilder vom vorderen und hinteren Teil des Nationalparks (14i+6MB):

https://www.rotweinundradieschen.de/News/docs/NPhintenJun22.jpg
https://www.rotweinundradieschen.de/News/docs/NPvornJun22.jpg

Da es Rohdaten sind, finden sich noch die Vermerke zum Datum mitten im Bild. Man kann aber dennoch recht gut erkennen, wo überall schon toter Wald ist. Beim Hineinzoomen zeigen sich Details fast bis zu einzelnen umgestürzten Bäumen und den Häusern in Schmilka.

Update: Ein besserer Vergleich findet sich hier

Bemerkenswert ist der vordere Teil: Im Wehlener Gebiet sieht es oben in kaum oder nicht begangenen Gebieten schon richtig schlimm aus, ebenso in Rathen genau in den gesperrten Gebieten nördlich vom Füllhölzelweg, im Brandgebiet wird es überall braun, und im Polenztal nördlich von Hohnstein wird es umso wilder, je nördlicher man kommt.

Inzwischen sind allerdings noch deutlich mehr Bäume umgefallen. Die nächste Luftbildserie wird spannend.

Luftbilder von Mezna

Von der Website https://ags.cuzk.cz/geoprohlizec/ extrahierte ich mit einiger Mühe Luftbilder von 2013 bis 2020 von der Umgebung von Mezna (die Ortschaft, in der beim Brand einige Häuser zerstört wurden) und baute eine kleine Diashow aus 5 Bildern daraus:
https://www.rotweinundradieschen.de/mezna/
Auch ohne Zahlen sieht man hier die Zerstörung des Waldes vor dem Brand.

Disclaimer

Eine zuverlässige Erfassung des Totholzanteils ist praktisch nicht möglich und auch nicht nötig. Die Zahlen geben eine Vorstellung vom Flächenanteil des Totwalds, und das ist das, was für uns interessant ist: Größere Totwälder ändern das lokale Klima und die Sukzession (also die weitere Entwicklung der Pflanzen), bestimmen das Landschaftsbild (hallo Tourismus!) und natürlich auch mögliche Probleme mit den Wegen. In der Forstwirtschaft interessiert man sich natürlich mehr für die Bäume selbst und versucht, diese zu zählen, etwa mit folgender Methode:
https://de.wikipedia.org/wiki/Random_Forest
Aber das ist eine ganz andere Zielrichtung.

Hintergrund

Der technische Hintergrund bei solchen Infrarot-Luftaufnahmen ist einfach zu verstehen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Nahes_Infrarot
Chlorophyll reflektiert nämlich Bereiche im Infraroten 6mal stärker als im sichtbaren Licht. So kann man ganz einfach einen lebenden Baum von einem grünen Dach und natürlich auch einem verwelkten/toten Baum unterscheiden. Daher erscheint der lebende (nicht unbedingt gesunde) Wald auf den Aufnahmen rot (Falschfarbendarstellung).

Sterbende Bäume haben eher Grün- oder Blautöne auf diesen Fotos. Die erfasse ich nicht (ist zu unsicher).

Weil es Schatten und Helligkeit und Tageszeiten und Wetter und sonst noch was gibt, ist die Erkennung "was ist rot, was ist grau" nicht einfach. Ich habe die Farbwerte (RGB = rot-grün-blau) in das sog. HLS-Modell umgerechnet ( https://de.wikipedia.org/wiki/HSV-Farbraum ):

L und S liegen zwischen 0 und 255. Und aus zahlreichen manuellen Tests habe ich festgelegt:

Man kann die Parameter verbessern, man kann ganz andere Modelle verwenden, aber es wird immer sichtbare Fehler geben (natürlich bin ich offen für Verbesserungen). Doch die Zahlenwerte vermitteln durchaus einen plausiblen Anhaltspunkt, wie es wo großflächig um dem Wald bestellt ist. Und ich hoffe, die Änderungen zeigen sich später auch in diesem Modell.

Mit Bildverarbeitung, Auswahl nach Farbe etc. kommt man zu deutlich schlechteren Ergebnissen - und vor allem bekommt man keine Statistik.

Für die Freaks

Wer sich dafür interessiert und programmiert, kann sich das zugehörige Programm ansehen unter https://www.rotweinundradieschen.de/News/docs/pixelcount.go Das ist in der Sprache Go geschrieben und ist auch ohne Parallelisierung sehr schnell: Die 14MB des hinteren NP-Teils hat es in 7 Sekunden gescannt und vier Bilder gleicher Größe mit verschiedenen Darstellungen erzeugt (AMD Ryzen 7 2700). Ich wandele die RGB-Werte zunächst mit der Funktion HLS() in HLS um und ermittle empirische Werte mit einem Pythonskript und einem KDE-Tool unter Linux. Diese Werte werden dann in der Funktion Testhls verwendet, siehe oben unter "Hintergrund".

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## Die Polizei fahndet nach dem Verursacher des Brandes in der Böhmischen Schweiz

Korrektur (1.5.23): Die Feuerwehr zog sich 18.38 vom zweiten Brand zurück - ich hatte geschrieben, dass sie erst um diese Zeit ausrückte.

Auf der Webseite

https://www.idnes.cz/usti/zpravy/policie-hleda-vinika-pozar-ceske-svycarsko-ohen.A230124_144440_usti-zpravy_imst

gibt es am 24.1.23 einen Zwischenbericht:

"Ich kann mitteilen, dass wir den Kreis der Personen untersuchen, die sich zu diesem Zeitpunkt in dem Gebiet aufhielten, und aus unserer Sicht kann man sagen, dass sie unter Umständen verdächtigt werden können, in irgendeiner Weise an der Brandlegung beteiligt gewesen zu sein", sagte Zbyněk Dvořák, stellvertretender Direktor der Kriminalpolizei und des Ermittlungsdienstes.

Er wollte sich nicht dazu äußern, ob es sich um Ausländer oder Tschechen handelt. "Wenn wir heute etwas sagen können, dann mit Sicherheit, dass das Feuer im Bereich des Seitengrats des Himbeergründels (Malinovy Dul) entstanden ist", sagte Dvořák.

Der Ausbruchsort war nach den Erkenntnissen der Polizei eine Fläche von etwa 50 mal 16 Metern. "Das ist zweifelsohne der Ursprung des Feuers", fügte er hinzu.

...

"Das Ergebnis der technischen Überwachung wird sein, dass wir in der Lage sein werden, ein Modell der Brandausbreitung zu erstellen", fügte Dvořák hinzu.

...

Satelliten entdeckten den Ursprung des Feuers am 24. Juli um 2:09 Uhr morgens. Um 00:48 Uhr hatte der Satellit das Feuer noch nicht beobachtet. Die Ranger des Nationalparks Sächsische Schweiz sahen zwischen 5:45 und 6:45 Uhr dichten Rauch zwischen Hrensko und Janov aufsteigen. Kurz darauf riefen Ranger auf der tschechischen Seite freiwillige Feuerwehrleute zu Hilfe, später trafen Einheiten der Feuerwehr vor Ort ein.

Das Feuer breitete sich im Laufe des Vormittags und Nachmittags aus. Zunächst war der Kamm des Himbeergründels betroffen, später breitete sich das Feuer auf Deutschland und Richtung Klepac [Gaststätte in Hrensko, R.W.] aus. Um 14:40 Uhr kam es zu einem weiteren Ausbruch, der bis zu einem Kilometer vom ursprünglichen Feuer entfernt war. Um 18:38 Uhr mussten sich die Feuerwehrleute sich die Feuerwehrleute vom zweiten Brandherd zurückziehen. Sie waren von Flammen umgeben und hatten kein Wasser mehr.

Die Polizei hat bisher ausgeschlossen, dass das Feuer durch Witterungseinflüsse verursacht wurde. Es ist noch nicht klar, ob jemand das Feuer im Wald gelegt oder vielleicht eine Zigarettenkippe fallen gelassen hat. "Wir haben noch keiner dieser Ermittlungsversionen Priorität eingeräumt, und beide haben im Moment die gleiche Priorität", so Dvořák.

...

Die Polizei wartet nun auf das Gutachten der Feuerwehr. Auch die Zeugen des Vorfalls, von denen es mehrere hundert gibt, werden befragt. ... Die Untersuchung wird voraussichtlich mehrere Monate dauern.

Rund 6.000 Feuerwehrleute und 400 Geräte waren im Einsatz, um das Feuer zu bekämpfen. Die endgültigen Kosten des Feuerwehreinsatzes wurden auf 226 Mio. CZK geschätzt [etwa 9 Mio. €, R.W.], wobei der Nationalpark den Schaden auf rund 100 Mio. CZK beziffert. Die Bewohner von Vysoké Lípa, Hřensko und der Siedlungen Mezná und Mezní Louka wurden evakuiert. In Mezná brannten drei Häuser vollständig nieder und mehrere andere wurden von den Flammen beschädigt.

Tschechische Studie zum Waldbrand in böhmischer Schweiz

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Bereits im November 22 (angegebenes Datum auf dem Paper) kam in Tschechien eine 113-seitige Veröffentlichung mehrerer Autoren heraus, die verschiedene Aspekte des Waldbrands im Sommer 22 untersuchten:

"Welche Faktoren haben das Entstehen und die Ausbreitung des Brandes im Nationalpark Böhmische Schweiz bewirkt?"

Auf der bekannten Seite felsenheimat.de wird die Studie in größeren Teilen übersetzt, wobei natürlich an vielen Stellen noch die maschinelle Übersetzung zu spüren ist - und außerdem ist es schwer, trotz der Kommentare die interessanten Dinge herauszufiltern.

Update: Eine offizielle Übersetzung ist auf der Seite der Nationalparkverwaltung zu finden:

https://www.nationalpark-saechsische-schweiz.de/waldbrand2022/

Hier greife einige für uns besonders interessante Punkte heraus, vor allem aus dem Kapitel 4 "Feldnachweis von Brandspuren im Nationalpark Böhmische Schweiz im Sommer 2022" von Pavel Šamonil (ab S.20). Ich habe wie auf felsenheimat.de mit DeepL und Google Translate gearbeitet, aber die Sprache etwas "geglättet". Die Seitenzahlen beziehen sich auf das tschechische Original.

S.15, Brandgefahr in lebendem Wald und auf Lichtungen: (aus einer anderen Arbeit)

Durchschnittliche Tagestemperaturen auf gerodeten Flächen sind viel höher als im Wald, daher stärkere Austrocknung und Absterben besonders in Bodennähe. Lebender Fichtenwald hat niedrigere Bodenfeuchte, weil die Fichten Wasser entziehen.

Lichtungen im Sukzessionsstadium, nicht durchgehend von jungen Bäumen bedeckt, sind besonders brandgefährdet. Unterirdische Brände werden in lebenden Baumbeständen begünstigt.

S.27, Brandschwere in Nadel-, Laub- und Totholzwäldern:

Höhere Stufen der Brandschwere wurden in Nadelwäldern häufiger erreicht als in Laubwäldern und vor allem in vor dem Brand abgestorbenen Wäldern aufgrund der Borkenkäferschäden.

Über den kritischen Funkenflug ist kaum etwas zu lesen, jedoch: Die Art der Vegetation ist nicht entscheidend für Ausbreitung des Feuers, aber für die Schwere. Das erklärt die missverständlichen Aussagen wie "auf Lichtungen hat es genau so gebrannt wie im Totwald": Das Totholz spielt sehr wohl eine entscheidende Rolle beim Brandverlauf! Weiter auf S.27:

"In Buchenwäldern wurden außer in Niederwäldern keine Fälle von massivem Kronenbrand beobachtet, der auch auf den gesamten Stamm einwirkt. Im Fall von abgestorbenen Fichtenbeständen ..., z. B. in schlecht zu löschenden Schluchten, wurde diese Stufe der Verbrennung die Regel. Ursprünglich waren es 60-90 Jahre alte Fichtenbestände, die nach 2018 der Ausbreitung vom Buchdrucker und in geringerem Maße auch anderen Borkenkäfer befallen wurden. ... Auf dem Höhepunkt der Verbrennung sind nur noch verkohlte Stümpfe von stehendem Trockenland übrig."

S.31, Brennen von Kahlschlägen:

Die Kahlschläge waren überraschend stark vom Feuer betroffen, trotz ihrer "Lichtung", d.h. trotz des Fehlens stehender und Holzabfälle. Das Feuer breitete sich schnell durch die krautige Vegetation und über die Oberfläche aus. Die Baumstümpfe waren hochentzündliche Orte mit einer großen Menge an "Brennstoff", die oft als eine Art brennende Hotspots fungierten.

So kam man zu der Fehlannahme, dass Totholz keine Rolle beim Waldbrand spielen würde. In Wirklichkeit bestimmt das Totholz die Schwere des Brands und ist über die Funkenbildung (sog. Flugfeuer) sogar besonders kritisch bei der großflächigen Ausbreitung!

Weiter auf S.31:

Laubbäume, gemischte Niederwälder und Stangengewächse wurden in der Regel an der Basis verkohlt, und das Feuer ging über die Bodenoberfläche hinaus. Vor allem in der Nähe von brennenden toten Fichtenbeständen kam es jedoch zu einer vollständigen Verkohlung der Bäume bis zu ihren Wipfeln (die Bäume brannten in der Regel nicht vollständig ab). Einige der Setzlinge sind im November 2022 bereits vollständig abgestorben, anderswo überlebten noch einzelne Bäume. ... Wir rechnen mit fortgesetzter Entlaubung und dem Absterben eines erheblichen Teils der jetzt überlebenden Bäume im Frühjahr 2023.

In den Hängen breitete sich das Feuer sehr leicht aus, indem es den Stamm hinauf und in die Baumkronen vordrang und dieses Hindernis überwand. ...und erreichte dabei beachtliche Höhen von mehreren Dutzend Metern. Selbst die unzugänglichen Kiefern zwischen den Felsen waren verbrannt, und in einigen Fällen breitete sich das Feuer über sie bis zu den Gipfeln aus.

S.32, Rolle der Topografie:

Nicht zu vergessen, dass vor allem das "Fichtenmikado" den Zugang erheblich erschwerte!

S.33, uneinheitliches Bild:

Das Feuer war ungewöhnlich variabel; selbst in Schluchten mit Totalbränden gab es noch unberührte Bereiche, in denen möglicherweise Samen überlebten.

S.36/37, liegende Baumstämme:

Stehende und liegende Baumstämme versorgten das Feuer mit außergewöhnlich brennbarem Material bei außergewöhnlich hohem Volumen im Vergleich zu anderen Teilen des Ökosystems. Die Buchenstämme waren in dieser Hinsicht am wenigsten empfindlich sowie einige andere Laubbäume, während abgestorbene Fichten am empfindlichsten waren.

In den lebenden Wäldern konzentrierte sich das Feuer daher in der Regel auf die Basen der abgestorbenen Fichten, gefolgt von auf lebende Kiefern und am wenigsten häufig auf Laubbäume. Das Feuer breitete sich auch leicht über Lichtungen und Baumstümpfe aus. Bäume und Gestrüpp fungierten hier als Brennpunkte, die durch die Verbrennung von organischem Boden verbunden waren: Horizonte, krautige Vegetation und an einigen Stellen auch Baumbewuchs.

Liegende Baumstämme auf Hochebenen und in Talsohlen mit intensiver Verbrennung dienten auch als Zentren der Verbrennung, so dass in ihrer unmittelbaren Nähe die darüber liegenden Bodenhorizonte bis auf die Mineralböden verbrannt wurden. Es ist davon auszugehen, dass in diesen Gebieten die ursprünglichen lokalen Saaten vollständig zerstört wurden.

Fazit

Es deckt sich mit unseren Beobachtungen, dass gerade die liegenden (aber nicht aufliegenden) Baumstämme eine, wenn nicht die Hauptbrandlast erzeugen - natürlich Fichten, keine Laubbäume. Die Ausbreitung geschieht natürlich über extrem trockene Böden, aber der hier kaum erwähnte Funkenflug ist besonders tückisch, weil sich das Feuer so nur sehr schwer lokalisieren lässt.

Rundumschlag beim MDR in Sachen Waldbrand und Totholz

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Biwak-Moderator hat einen herrlichen, umfassenden Beitrag zu diesem Thema in den MDR-Nachrichten verfasst:

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/freital-pirna/waldbrand-saechsische-schweiz-nationalpark-expertenkommission-100.html

Möge dieser Link Flügel bekommen und in die weite, analoge und digitale Welt hinaussegeln.

Waldbrandvorsorge im "Flachwald" kontra Sächsische Schweiz

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In der Zeitschrift "AFZ Der Wald" 1/23 erschien ab Seite 28 ein Artikel "Waldbrandvorbeugung durch Anlegen von Waldstrukturen", u.a. von Prof.Müller von der TU, der auch in einer der beiden Expertenkommissionen sitzt.

Für den Fachmann sollte der Inhalt nicht so neu sein, aber er bietet einen schönen Überblick - und vor allem zeigt sich der krasse Unterschied zur Situation hier im Nationalpark. Eine Zusammenfassung des Artikels in aller Kürze:

Wund- und Schutzstreifen

Wund- und Schutzstreifen "werden angelegt, um das Übergreifen von Bodenfeuern auf die angrenzenden Flächen zu verhindern und gefahrenträchtige Objekte abzuschirmen."

Wundstreifen sind blanker Boden oder niedriges Gras; man kennt das von Eisenbahnstrecken in Kiefernwäldern (Funkenflug durch blockierte Bremsen oder Dampfloks). Sie stoppen Bodenbrände und müssen ständig freigehalten werden.

Schutzstreifen: Nicht mit dem Boden verwachsenes Material muss entfernt werden, Bäume sind bis in 4 oder besser 6m Höhe zu entasten. Damit kann ein Bodenfeuer nicht zum Vollfeuer, also inklusive Kronenbrand, werden.

Waldbrandriegel

Das sind Waldstrukturen, die ein anlaufendes Vollfeuer in ein Bodenfeuer verwandeln sollen. Besonders günstig sind Roteichen, denn sie lassen wenig Licht durch, verhindern damit übermäßige Bodenvegetation und verlangsamen Bodenbrände stark. Vollfeuer sind kaum möglich, und brandgeschädigte Bäume schneidet man einfach ab - sie treiben wieder neu aus. Rotbuchen wären auch geeignet (falls der Boden dafür taugt), müssen aber erst ein dichtes Kronendach ausbilden, bevor sie die gleiche Wirkung entfalten.

Parallel dazu richten man sozusagen "Fahrspuren für die Feuerwehr" ein, um im Brandfall vor Ort sein zu können.

Brandlast verringern

Nach dem Entfernen von niedrigeren Ästen und Fällungen von Bäumen werden die "Hiebsreste" durch Maschinen in den Boden gedrückt, wodurch sie schneller durchfeuchten und verrotten. Auch brennt dichtgepacktes Material nicht so schnell wie locker geschichtetes.

Vergleich zur Situation in unserem Nationalpark

Es zeigen sich sofort krasse Gegensätze zwischen dem möglichen Vorgehen hier und z.B. in flachen Kiefernwäldern:

Falls also Waldbrandriegel bei uns angelegt werden sollen, muss man an das Flugfeuer denken (Funkenflug). Ein Riegel vermindert die Gefahr, Häuser zu entflammen, beseitigt sie jedoch nicht. Die Ortschaften müssen sich zusätzlich selbst gegen Funkenflug schützen (keine brennbaren Dächer, kein Rindenmulch, keine Strohballen o.ä.). Feuerwehreinsatz vor Ort ist dann nicht immer möglich, wie in Mezna geschehen, wo die Feuerwehr vor den heißen Luftmassen fliehen musste.

Es bleibt dabei - die erste Hilfe ist derzeit das Entscheidende und Machbare: Brände so zeitig wie nur möglich erkennen (Patrouillien, Feuerkamera, Drohnen, Webcams) und so schnell wie möglich eindämmen (wofür sich dann doch ein kleiner Flieger wie aus der Deutschen Löschflugzeug - Rettungsstaffel anbieten könnte, auch wenn er zum Löschen selbst nicht taugt: Aber zur Begrenzung.

Schließlich wurde schon so mancher Brand von einem Förster mit Wassertonne und Gießkanne auf dem Leiterwagen gelöscht.

Gedanken zur Waldbrandvorsorge - Update

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Das ist nur eine Momentaufnahme (Dezember 22) - meine Vorstellungen, was derzeit am dringendsten getan werden müsste, um einen weiteren, noch größeren Waldbrand (mit dem man vermutlich rechnen muss) möglichst rasch einzudämmen. Um Ergänzungen und Bemerkungen wird ausdrücklich gebeten!

Nationalpark, Naturpark, Waldbrand

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Ein Beitrag in Deutschlandfunk-Kultur:

https://www.deutschlandfunkkultur.de/nationalpark-saechsische-schweiz-waldbrand-hohnstein-100.html

unter dem Titel Zu wenig Regulation für zu viel natürlichen Wald?

Hier kommen der Waldbrandexperte Prof.Müller von der TU Dresden, der Nationalparksprecher H.-P. Mayr, Mirko Göhler vom Landkreis (Brandschutz) und andere zu Wort. Es gibt einiges zu kritisieren, aber es ist ebenso Neues drin. So erklärt Prof. Müller:

"Es ist eher das feinere Material, also Äste, Zweige unter sieben Zentimetern, die Nadelstreu, die Bodenvegetation, die Humusauflage. Das ist die eigentliche Brandlast."
...
Trotzdem schlägt er vor, die Waldgebiete um Dörfer und Städte herum auf den Prüfstand zu stellen.
"Man würde dazu übergehen, dass man den Waldbestand relativ gut durchforstet, damit die Baumabstände etwas größer werden. Einzelbäume brennen nicht. Man muss dafür sorgen, dass die Streu- und Humusauflage, die Bodenvegetation gemindert wird. Denn dann gibt es kein Bodenfeuer und damit gibt es keine Vollfeuer und auch keine Flugfeuer."

Der erste Absatz stimmt in unserem Fall definitiv nicht: Die größte Brandlast im Sinne eines ausdauernden Feuers kam von liegenden Stämmen, und von dort offenbar auch die meisten Funken, die für die anfänglich kaum kontrollierbare Brandausbreitung sorgten.

Aber der Idee des Durchforstens wurde doch noch vor einigen Wochen krass widersprochen: Prozessschutz, hier darf keinesfalls eingegriffen werden, und es sei ja alles nicht so schlimm. So war es immer wieder zu hören. Ich bin sehr gespannt, wie sich das weiterentwickelt. Man wird den Prozessschutz für nicht so kleine Gebiete aufheben müssen. Wie darin allerdings die Brandlast im Boden reduziert werden soll, ist eine interessante Frage.

Neu ist die Forderung, Stellen zu definieren, an denen mobile Wasserbehälter aufgestellt werden könnten. Das habe ich gleich unter dem Punkt "Zisternen" in den Gedanken zur Waldbrandvorsorge in diesen News ergänzt.

Weiteres Zitat von Prof.Müller:

"Für Waldbrände, insbesondere größerer Ausprägung ist es das, wohin wir wieder zurückkehren sollten, dass man tatsächlich außenrum sichert und innendrin solche schwer löschbaren Bereiche nur sichert, bis sie von selbst ausgehen. Denn kein Hektar Wald, egal ob im Nationalpark oder woanders, ist es wert, Menschenleben zu riskieren."

Letzterem ist auf jeden Fall zuzustimmen, der erste Teil ist die Kapitulation, die man möglichste vermeiden sollte - zumindest sind ist der Funkenflug einzudämmen. Hier ist hoffentlich Luftunterstützung hilfreich. Nicht ohne Grund sagt er gleich zu Anfang:

"Und in solchen steilen Hanglagen, die auf der tschechischen Seite vor allem waren, wo auch Kamineffekte entstehen, kann man im Grunde nicht angreifen. Das wäre lebensgefährlich, und es gibt auch keine Technologie, die das gewährleisten würde."

Zur Früherkennung von Bränden - angesichts der Lage in den nächsten Jahren meiner Meinung nach der dringendste Punkt - erwähnt er nur den frommen Wunsch eines flächendeckenden Funknetzes. Hier ist wohl eher neue Technik gefragt: Z.B. Feuerkameras mit sicherer Branderkennung, autonom und über Funk angebunden - vielleicht gibt es das alles schon, mal in anderen Ländern nachfragen.

Man hat auch begriffen, dass die 15 Kilo schwere Schutzkleidung von Feuerwehrleuten für Waldbrände nicht geeignet ist. Außerdem sollen "Hacken und Spaten für die Bodenbearbeitung angeschafft werden" - ???

Kurzum: Man hat immerhin erkannt, dass es so nicht weitergeht und eine akute Bedrohung besteht. Sicherlich ist den Verantwortlichen klar, dass ein noch größerer Brand dann nicht mehr beherrschbar ist - und vor allem ist er möglich, denn wir hatten diesmal relatives Glück durch das Drehen des Windes in Richtung Tschechien.

Natur machen lassen: Was passiert in Deutschlands einzigem Rewilding-Projekt?

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Der Artikel https://www.heise.de/hintergrund/Mehr-Wildnis-wagen-7165482.html ist sehr lang, aber interessant. Es gibt neben all den abgegrenzten Schutzgebieten mit festen Auflagen auch noch ein neues, dynamisches Konzept, das sog. Rewilding. Ich zitierte hier einmal aus der Wikipedia:

Die Vorstellungen der Rewilding-Konzepte korrespondieren meist mit den Vorstellungen einer Umwelt, wie sie vor dem Anthropozän aussah, oftmals wird aber nicht eine Rückentwicklung, sondern eine Adaption für die Zukunft anvisiert.

Das Konzept ist mehr eine Richtung, nicht starr, und bezieht die Menschen ausdrücklich mit ein. Auszugsweise hier ein paar Splitter daraus:

Fitter Wald für die Zukunft

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Auf https://www.heise.de/hintergrund/Fitter-Wald-7165472.html erschien ein langer, lesenswerter Artikel

Buche, Eiche, Lärche: Die gute Mischung für einen klimatoleranten Forst

Obwohl eigentlich eine IT-Seite, "wildert" sie öfters z.B. in Astronomie und Quantenphysik, jetzt eben auch in Forstwirtschaft. Weil das viel zu lesen ist und nicht alle Lust und Zeit haben, das durchzuarbeiten, hier ein paar Stichpunkte daraus:

ZEIT-Artikel über Nationalparkstatus in Harz und Sächsischer Schweiz

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Auch die ZEIT greift nun schon den Streit um Totholz und Nationalpark auf:

https://www.zeit.de/2022/51/nationalpark-harz-saechsische-schweiz-abschaffung

Falls der Artikel hinter der Paywall verschwindet, für die Newsleser hier

Die Kommentare zeugen vorwiegend von Unkenntnis, nur Sir-Waldschrat auf Seite 7 stellt es richtig und nennt auch die Thesen des SBB - aber er kommt aus Schöna :-)

Beobachtungsfelder zur Waldentwicklung

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Die weitere Entwicklung des Walds im Nationalpark ist angesichts des Brands, des Klimas und des Fichtensterbens ein Thema mit vielen offenen Fragen. Wir müssen einfach beobachten. Mich persönlich interessieren vor allem folgende Punkte:

Nabu stoppt Totholzberäumung im Harz

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Der Nationalpark Harz erschien uns ja voraus zu sein, weil man dort vor allem rund um Schierke herum bereits mit der Beräumung von Totholz begonnen hatte, während bei uns noch erste Empfehlungen einer Expertenkomission abgewartet werden.

Nun hat der Nabu dort mit einer Klage die Beräumung vorerst gestoppt:

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/magdeburg/harz/gericht-stopp-totholz-beraeumung-104.html

Der Ausgang ist offen, aber für uns sehr interessant, denn ein endgültiger Stopp wäre Oberwasser für das militante Auftreten des BUND in Sachsen.

Weiter unten auf der Seite wird wieder der bekannte Feuerökologe Prof.Goldammer interviewt:

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/freital-pirna/waldbrand-totholz-feuer-experte-interview-100.html

Wenn das hier so weitergeht, kann es sein, dass die Natur in der nächsten Trockenperiode "einfach macht", statt Entscheidungen abzuwarten (die dann erst einmal realisiert werden müssen - siehe Beispiel Löschwasserzisternen: Von sieben geplanten haben gerade erst zwei überhaupt die Genehmigung).

Begehung im Gabrielengrund am 11.11.22

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Auf einer Radtour machte ich einen Abstecher von Hrensko nach oben und schob mein Rennrad den Gabrielengrund hinter bis vor den Knick. Das sind die Bilder aus der interaktiven Karte:

35874_gabrieleErosion.jpg
35875_gabrieleBlick.jpg
35876_gabrieleErosionFarn.jpg
35877_+gabrieleErosion2.jpg
35878_gabrieleSandreisse.jpg
35879_+gabrieleHinten.jpg
35880_gabrieleHangverbau.jpg
35882_+gabrieleBlickvorn.jpg
35883_gabrieleHangverbau2.jpg

Beobachtungen

Hier war also Totalbrand (Boden und Kronen) und offenbar tiefreichender Bodenbrand wegen des vielen Totholzes. Wie Feuerökologe Goldammer in so einem Fall sagt: Das macht 100% Verlust. Und die Brandexperten weisen darauf hin, dass der Hauptschaden erst hinterher kommt - Erosion, Artenverlust.

Auffällig waren viele Besucher an diesem kühlen, nicht so sonnigen Werktag, sehr viele aus Polen. Es ist offenbar die Neugier, die Brandfolgen mit eigenen Augen zu sehen - das trieb mich ja auch an. Das sollte man bei Prognosen zu zukünftigen Besucherströmen bedenken. Es wird nachlassen, denn schön war das keinesfalls, was ich heute zu Gesicht bekam, ebenso wie das Fichtenmikado bei uns.

Antrag auf dem CDU-Landesparteitag am 5.11.22 zum Nationalpark

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Auf dem besagten Parteitag hat der Kreisvorstand der CDU Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zwei Anträge gestellt - einen zum Brandschutz (A-7) im Nationalpark und einem zum Status (A-8), der angesichts der zahlreichen Probleme überprüft werden sollte:

Anträge als PDF

(Quelle: https://www.cdu-sachsen.de/Dateien/antraege/16404804 )

Letzterer spricht viele Probleme an, die wir auch schon bemängelten, bezweifelt aber zusätzlich noch, ob es überhaupt sinnvoll war, hier einen Nationalpark auszuweisen. Recht kühn ist auch, auf den vorderen NP-Teil ganz zu verzichten.

Mir ist derzeit (6.11.) nicht bekannt, ob der Antrag zugelassen und besprochen wurde. Wir sollten Ohren und Augen offenhalten.

Nationalpark Harz versucht auch, OpenStreetMap "auf Linie" zu bekommen

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Wer um den sog. "edit war" zwischen unserer Nationalparkverwaltung und "Mappern" bei OpenStreetMap weiß (Mapper sind Leute, die dort mitarbeiten), weiß um den Kampf an der Digitalfront: Die Nationalparkverwaltung (in Gestalt des Users "Nationalpark Sächsische Schweiz" alias Dr.Anne Seltmann und des Helfers DD1GJ) macht Wege unsichtbar, die wir nicht laufen sollen, andere tragen wiederum gelaufene Wege ein oder machen sie wieder sichtbar (das geschieht durch tagging - man weist Objekten entsprechende Attribute zu). Und die Verwaltung "löscht" sie wieder (macht sie unsichtbar).

Unzählige Webseiten und Apps basieren auf OpenStreetMap (OSM), und ich denke, das wird (oder ist es schon) die zentrale Referenz für Kartendaten. OSM geht über eine gedruckte Karte weit hinaus: Sie wird zeitnah korrigiert und enthält weitaus mehr Daten als eine gedruckte Karte. Diese Daten kann man einsehen, wenn man von openstreetmap.org ausgeht, auf den Kartenstapel rechts klickt und dann "Kartendaten" aktiviert - vorher aber entsprechend hineinzoomen! So erfahre ich die Öffnungszeiten des Schusters um die Ecke.

Der Trugschluss bei diesem edit war ist, dass die Behörde denkt: Wenn wir die Ausgangsdatenbasis einschränken, laufen Leute auch keine Wege mehr, auf denen wir niemand sehen wollen.

Aber so läuft es nicht. OSM ist ein Community-Projekt, dort kann jeder mitmachen. Alles ist öffentlich und sichtbar, sogar jede Änderung in der Vergangenheit (und wer sie vornahm). Auch ist der verbotene Weg vielleicht noch auf dem Navi, weil dort die Karte etwas älter ist. Da kann die Verwaltung nix machen.

Vor dem totalen Chaos bewahren uns vereinbarte Anstandsregeln, analog zur "Netiquette" in anständigen Foren (es sind nur wenige Netzwerke wirklich asozial). OSM kann nicht von einer Behörde verwaltet werden.

Wer es nicht glaubt - erinnert Ihr Euch noch an das Duell Wikipedia gegen Brockhaus? Brockhaus hat verloren. Das glaubte anfangs niemand, am wenigstens wohl Professoren, die an der Uni heftig gegen Wikipedia wetterten. Nun ja, diese Professoren hatten Bücher geschrieben, die teils durch Wikipedia hinfällig wurden ...

Und außerdem wird praktisch nie ein Weg gelöscht, er bleibt nur als "unsichtbar" in der Datenbank und kann jederzeit mit einem anderen Darstellungsprogramm (sog. Renderer) sichtbar gemacht werden oder auch extrahiert und als GPX-Track in jedes Navi geladen werden. Wer also die Praxis des Querfeldeinlatschens verhindern will, erreicht mit dem tagging bei OSM zwar etwas, aber wenig. Komoot zum Beispiel lebt in seinem eigenen Universum, es nutzt nur OSM.

Lustig ist nun, dass im Harz genau dasselbe abläuft wie hier:

https://www.heise.de/news/Digitale-Wanderwege-Nationalpark-Harz-forciert-Loeschungen-im-Internet-7329881.html

Nach meiner Ansicht ist die Wurzel allen Übels, dass Verwaltungen zentralistisch denken und diese neue, "flache" Welt der Community-Projekte immer noch nicht begriffen haben (#Neuland). Und wenn man Komoot wirklich etwas vorschreiben könnte, dann macht eben der Nächste sein Projekt auf.

Drastisches Beispiel: Noch während der große Brand wütete, taggte unsere Nationalparkverwaltung illegale Wege wie (den in der Praxis häufig begangenen) Thorwalder Gratweg und den Auerhahnsteig in den Partschenhörnern unsichtbar. Als Symbolik verheerend! In einem Forum regte man sich auf, dass diese Wege ja gerade für einen Feuerwehreinsatz vor Ort wichtig wären. Stimmt, "aber Feuerwehr wie Bergwacht erhalten andere Karten". Doch die Zeit des Herrschaftswissens ist vorbei, meine Damen und Herren!

Wie es weitergeht, kann ich auch nicht sagen. Aber ich bin seit etwa einem Vierteljahrhundert in der Open-Source-Szene zu Hause und weiß, dass am Ende immer die Community siegt, keine Zentralmacht, wenn das Thema von starkem allgemeinem Interesse ist. Regeln müssen anders durchgesetzt werden, nicht einfach durch Wissensbeschränkung - das funktioniert nicht mehr.

Bei all dem Gejammere über Leute auf verbotenen Wegen mit Smartphone in der Hand: Wir sollten auch mal das Positive sehen. Gute Karten, die auf der Beobachtung vor Ort basieren (und das zeichnet OSM aus!), verhindern vor allem das Umherirren im Gelände und erlauben sehr viel bessere Planung als mit mäßig guter gedruckter Karte, sofern man eben gelernt hat, die Online-Karte richtig zu deuten (und nebenbei auch noch ins Gelände schaut). Ich selbst habe einen Qualitätssprung regelrechten bei meinen Touren erlebt, nachdem ich mit vorher recherchierter Route auf meinem Navi laufe. Man traut sich ganz andere Touren und lernt mehr Neues kennen.

Ich bin Optimist: Die Umstellung auf diese neue Welt braucht ihre Zeit, aber der Gewinn ist viel größer als der Schaden.

Und es gibt übrigens auch heute noch Leute, die nicht mal eine Karte lesen können :-) Oder nicht mit haben, so wie die zwei, die unter dem Kleinen Winterberg nach Osten liefen und zu Idagrotte und Lichtenhainer Wasserfall wollten. Wegweiser nicht deuten können.

P.S.: Ich gebe zu, ich habe einen Weg in OSM gelöscht. Aber dieser Weg war ein nicht existierender Bergpfad in der Nähe des Portalturms (Großer Zschand), wo letzte Woche schon Verirrte in absturzgefährdetem Gelände gesehen wurden. Für nicht existierende Wege gibt es kein geeignetes Tagging.

taz-Artikel zu Hohnstein kontra Nationalparksprecher

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Heute erhielt ich diesen Artikel aus der taz vom 25.10.22 über den Streit zwischen Hanka Owsian (Bürgerinitiative Hohnstein) und Hans-Peter Mayer (Nationalparksprecher). Na gut, nicht ganz, denn die beiden haben nicht miteinander geredet. Leider kommt Hohnstein da nicht gut weg für den unwissenden Außenstehenden. Und grinsend muss ich feststellen, dass H.-P.Mayr zwischen grünen Farnwedeln sitzt und stolz auf die Renaturierung ist. Wir wissen es besser.

Und es gibt gleich Widerspruch:

http://www.boehmwanderkarten.de/neuigkeiten/is_neu.html

Stimmt, der Grenzweg ist nie aufgegeben worden.

Originalartikel: https://taz.de/Waldbraende-in-der-Saechsischen-Schweiz/!5887011&s=s%C3%A4chsische+schweiz/

In Sachen vernünftiger Waldentwicklung habe ich momentan wenig Hoffnung. Aber die Brandgefahr ist etwas, wo wir keinen Zoll nachgeben dürfen.

Wegeexkursion Weber/Richterschlüchte am 26.10.22

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Zu dritt liefen wir von Neumanmühle und Großen Zschand in die Weberschlüchte, auf Kletterzustieg hoch zum Jortanshorn und weiter bis in die Richterschlüchte, hoch auf das Plateau (Kletterzugang zum Grottenwächter) und zurück durch die Richterschlüchte. Am Ende erkundeten wir noch einen möglichen alternativen Abstieg vom Kleinen Lorenzstein hinab zum Flößersteig, der aber schwer zu finden und an einer Stelle erosionsgefährdet ist.

Viele Bilder sind in der interaktiven Karte eingetragen, eine vollständige (meist unkommentierte) Bildergalerie, auch mit schönen Herbstfotos, ist unter https://www.rotweinundradieschen.de/Pathpics/schwarzweberrichterlorenz/ zu finden.

Was haben wir gesehen?

Auswirkung von exzessivem Stickstoffeintrag auf den Wald

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Hier ist ein schöner, sehr verständlicher und interessanter Artikel, was Stickstoffverbindungen im Übermaß mit unseren Wäldern machen:

https://taz.de/Auswirkungen-auf-Waelder/!5885964/

Da habe ich auch gleich eine Menge Neues gelernt, obwohl ich vor Jahren dachte, es wäre einfach: viel Stickstoff an Oberfläche -> Fichten wurzeln flach -> mehr gefährdet bei Trockenheit und fallen bei Sturm eher um.

Das stimmt zwar, aber es kommt ja noch viel mehr: Moose gehen ein, Brombeeren machen sich breit, Bäume wachsen zu schnell, Böden versauern und so weiter. Die Kausalketten sind sehr verständlich erklärt, dazu braucht man nicht studiert zu haben.

Und es zeigt sich wieder einmal: Der Hauptübeltäter ist die Landwirtschaft. Aber das ist ein mächtiger, sehr mächtiger Gegner. Deswegen legt sich der BUND lieber mit den paar störenden Besuchern im Nationalpark an, die sind doch viel schlimmer :-(

Biosphärenreservate sind schwächer als Nationalparks, aber wenn man vor Direktlink zu diesem Beitrag

allem das Ende liest, zeigen sich ganz analoge Probleme, mit denen wir hier kämpfen:

Naja, und die Rotmilane - auch ohne jedes Schutzzone sehe ich immer mehr von diesen, sie verdrängen vielerorts sogar die Mäusebussarde.

Text aus: https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/sued-thueringen/schmalkalden-meiningen/unesco-naturschutz-wald-biosphaerenreservat-roehn-kritik-100.html

Unesco-Titel: Neue Pläne für Biosphärenreservat Rhön stoßen auf Kritik

von Marlene Drexler, MDR THÜRINGEN

Stand: 21. Oktober 2022, 14:51 Uhr

Seit mehr als 30 Jahren bilden große Teile der Rhön in Thüringen, Bayern und Hessen ein länderübergreifendes Biosphärenreservat. Damit die Unesco diesen Status weiter anerkennt, muss der Anteil der Schutzzonen deutlich erweitert werden. Pläne, die den Kommunen und vielen Grundstücksbesitzern Sorgen bereiten. Das Thüringer Umweltministerium verweist dagegen auf den Bestandsschutz.

Bei einer Informationsveranstaltung zu den neuen Plänen für das Unesco-Biosphärenreservat Rhön platzt das Bürgerhaus in Kaltennordheim im Landkreis Schmalkalden-Meiningen fast aus allen Nähten. Eingeladen hat Erik Thürmer (CDU), Bürgermeister der Stadt Kaltennordheim und gleichzeitig Vorsitzender der Verwaltungsgemeinschaft Hohe Rhön.

Das Thema an diesem Mittwochabend: der neue Entwurf der Verordnung für das Biosphärenreservat. Darin sind die Regeln und Verbote für das unter Schutz stehende Mittelgebirge in Bayern, Hessen und Thüringen festgeschrieben.

Die Gebietskulisse umfasst insgesamt über 2.400 Quadratkilometer, eine Größe, die etwa dem Saarland entspricht, wobei gut 20 Prozent dieser Fläche in Thüringen liegen.

Zehn Jahre für Überarbeitung der Schutzzonen

Nach der Wende hatte die Unesco die Drei-Länder-Rhön zum Biosphärenreservat geadelt. Um diesen Titel, der immer nur auf Zeit verliehen wird, behalten zu können, müssen mehr Schutzzonen ausgewiesen werden. So fordert es die Unesco. Die letzte Evaluierung war 2013 vorgenommen worden.

Für die Überarbeitung der Zonen hat die Unesco den Regierungen in Bayern, Hessen und Thüringen zehn Jahre Zeit gegeben. Nach jahrelanger Vorbereitung ist der neue Entwurf nun veröffentlicht worden.

Laut Ulrike Schade, Leiterin des Biosphärenreservats, wurde die Bevölkerung in diesen Prozess einbezogen: "In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Gespräche mit den Akteuren vor Ort geführt". In der derzeitigen Auslegungsphase können alle Betroffenen - die Kommunen, private Grundstückseigentümer und weitere Träger öffentlicher Belange, wie zum Beispiel Naturschutzverbände, Einwände gegen das Papier formulieren.

Rhön an Unesco-Fördermittel gebunden

Konkret beinhaltet der neue Entwurf der Verordnung eine neue Nutzungsbestimmung der Flächen, die Gesamtfläche wächst dadurch nicht. Ziel ist es, den Anteil sogenannter Kernzonen von 1,53 auf mindestens drei Prozent und die Fläche der Pflegezonen von 9,6 auf mindestens 17 Prozent zu erhöhen.


Was sind Kern- und Pflegezonen?

In einer Kernzone soll sich die Natur ohne den Einfluss des Menschen entwickeln können. Sie dient der Sicherung der in ihr beheimateten Lebensräume und Landschaften und der dort erhaltenen biologischen Vielfalt. Das Betreten ist in der Regel nur für Forschung und Umweltbeobachtung gestattet.

Ausgewählte Bereiche können aber für das ruhige Naturerleben und die Umweltbildung zugänglich gemacht werden. Die verschiedenen Kernzonen in einem Schutzgebiet müssen zusammen mindestens drei Prozent der Gesamtfläche ausmachen.

Pflegezonen müssen laut Unesco Kernzonen umgeben, um diese abzuschirmen und somit zu schützen. In ihnen stehen pflegliche und besonders naturbetonte Bewirtschaftungen der Wälder und Wiesen im Mittelpunkt. Gleichzeitig sollen sie die Lebensräume für zahlreiche bedrohte Tier- und Pflanzenarten erhalten und sichern. In den Pflegezonen sind schonende Freizeitaktivitäten wie etwa Wandern, Rad fahren oder Skilanglauf möglich.


Kommt das Land Thüringen dem nicht nach, würde die Rhön den Status als Unesco-Biosphärenreservat verlieren. An den Unesco-Titel sind für die Rhön Fördermittel gebunden. Laut Ulrike Schade vom Biosphärenreservat sind seit 2021 rund 670.000 Euro in die Thüringer Rhön geflossen.

Bei der Bewilligung von Fördermitteln habe der Unesco-Titel eine große Rolle gespielt. "Der Titel ist ein wertvolles Alleinstellungsmerkmal für die Region, die ein Vorbild dafür ist, wie nachhaltige Entwicklung funktionieren kann", so Schade.

Landwirte und Waldbesitzer fürchten zusätzliche Auflagen

Ein Argument, das viele der Landwirte und privaten Waldbesitzer, die unter den rund 100 Teilnehmern zu der Informationsveranstaltung gekommen sind, nicht überzeugt. Sie fürchten durch die Ausweitung der Schutzzonen zusätzliche Auflagen, das heißt neue Regeln und Pflichten für sie als Grundstückseigentümer, die die Bewirtschaftung ihrer Flächen erschweren könnten. Dabei geht es zum Beispiel um den Einsatz von Chemikalien oder den Bau neuer Wege.

Auch Bürgermeister Erik Thürmer sieht den neuen Entwurf der Verordnung kritisch. Seinen Angaben sind von den geplanten neuen Schutzzonen auch kommunale und private Flächen betroffen - zahlreiche Grundstücke sollen zu Pflegezonen, einige auch zu den noch strenger geschützten Kernzonen umdefiniert werden. Allein für das Gebiet der VG Hohe Rhön kann Thürmer dafür mehrere Beispiele geben. Er hat Sorge, das die Entwicklung der Region dadurch gehemmt werden könnte.

Nach Angaben des Thüringer Umweltministeriums sind die konkreten Folgen für die Eigentümer aber gering. Es sei berücksichtigt worden, dass Flächen, die künftig Pflegezonen werden sollen, schon jetzt naturnah genutzt werden.

Auch gebe es einen Bestandsschutz, das heißt, bestehende Nutzungsformen werden nicht angefochten. Die Biosphärenreservatsleiterin Schade verwies außerdem darauf, dass die Verbote in dem neuen Entwurf gemeinsam mit den Ausnahmen gelesen werden müssten.

Großer Aufwand für Ausnahmen

Bürgermeister Thürmer sagte dazu, seiner Erfahrung nach sei es mit großem Aufwand verbunden, solche Ausnahmen geltend zu machen. Auch sei ein Bestandsschutz nicht immer sinnvoll und unflexibel. Als Beispiel nannte er Schneeloipen. So sei es denkbar, dass Loipen in Zukunft aufgrund anderer Schneelagen versetzt werden müssten.

Auch sehe er den Waldumbau in Gefahr. Der Bestandsschutz schreibe etwa vor, nur heimische Baumarten nachzupflanzen. Die veränderten klimatischen Bedingungen würden es jedoch erforderlich machen, nach neuen Arten zu suchen, die hitzeresistenter sind.

Auch Vorschriften zum Umgang mit Totholz sieht Thürmer nach eigenen Angaben kritisch. In streng geschützten Zonen darf Totholz nicht abtransportiert werden. Das wiederum steigere in trockenen Sommern die Waldbrandgefahr, so der Bürgermeister.

Verbot von Windkraftanlagen aufgehoben

Ein weiterer Knackpunkt ist für Thürmer das Thema Windräder. Das bisherige Verbot, Windkraftanlagen in der Rhön zu bauen, steht in der geänderten Verordnung nicht mehr drin. Windräder würden dem originären Ziel des Biosphärenreservats, Flora und Fauna zu schützen, widersprechen, so Thürmer.

So gilt die Rhön zum Beispiel als Schutzgebiet für Rotmilane, die dort ihren Hauptbrutort in Deutschland haben. Dank eines länderübergreifenden Hilfsprojekts hat sich die bedrohte Greifvogelart in den vergangenen Jahren in der Region gut entwickelt. Auch für den Sternenpark in der Rhön seien die blinkenden Lichter von Windkraftanlagen nicht produktiv.

Überarbeitung bis 4. November

Die Auslegungsfrist der überarbeiteten Verordnung endet am 4. November. Bis dahin können alle Betroffenen ihre Meinung zu dem neuen Entwurf äußern. Die Stellungnahmen müssen begründet und schriftlich eingereicht werden. Biosphärenreservatsleiterin Schade hat den Grundstückseigentümern Hilfe angeboten.

Jeder könne einen individuellen Beratungstermin ausmachen, um den eigenen Fall zu prüfen. Ihrer Erfahrung nach, haben sich viele Ängste schon zerstreut, nachdem man sich gemeinsam die tatsächlichen Folgen konkret und im Detail angeschaut hatte.

Warum unsere Wälder wirklich brennen

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Toller Tipp von Rainer: Prof. Irslinger hat einen Artikel über Waldbrände, Totholz, CO2-Bilanz und Waldbewirtschaftung geschrieben, der voll ins Schwarze trifft:

https://www.das-marburger.de/2022/08/warum-unsere-waelder-wirklich-brennen/

oder gleich hier als PDF.

Nur zwei Seiten, und sehr gute Hintergrundinformation!

Kletterzugänge Frühlingswand/Vorderes Pechofenhorn

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Ein Stiegenfreund berichtete:

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Experte: Europa braucht gemeinsame Waldbrand-Strategie

Europa wurde in diesem Jahr von zahlreichen Waldbränden heimgesucht. Anders als früher sind nun auch Gebirgsregionen wie die Sächsische Schweiz betroffen. Mit Blick auf Klimaprognosen ist entschlossenes Handeln dringend nötig.

Dresden. Europa muss sich nach Einschätzung von Experten künftig auf eine Zunahme von Waldbränden vorbereiten und die Vorsorge und Bekämpfung verbessern. "Die Entwicklung zwingt dazu, Dinge nicht im Kleinen zu regeln, sondern mit nationalen Strategien und einem europäischen Brandmanagement zu reagieren", sagte der Forscher Matthias Forkel von der Technischen Universität. Unter seiner Leitung hatten in den vergangenen Tagen 70 Fachleute aus mehreren Ländern über eine ganzheitliche Strategie für das Brandmanagement beraten. Die Teilnehmer kamen unter anderem aus Griechenland, Portugal, Spanien und Österreich.

Forkel zufolge gibt es bereits Ansätze für ein gemeinsames Agieren, beispielsweise über den sogenannten European Civil Protection Mechanism. Er regelt gegenseitige Hilfe auch bei verheerenden Waldbränden.

Allerdings sei die Brandbekämpfung in Europa sehr verschieden geregelt, in Deutschland sind etwa zunächst die Kommunen mit ihren Feuerwehren zuständig. Erst wenn der Katastrophenfall eintrete, komme der Landkreis, das Land oder später der Bund zum Zuge. Dann bestehe die Möglichkeit, Hilfe aus anderen EU-Ländern anzufordern. "Tschechien hat das bei dem Waldbrand in der Böhmischen Schweiz im Sommer gemacht und bekam Hilfe aus Schweden und Italien."

Kein ausreichendes Monitoring in Sächsischer Schweiz

Auch ein Monitoring-System zur Abschätzung von Waldbrandgefahren existiert bereits, sagte Forkel. Das European Forest Fire Information System gebe Informationen zur Waldbrandgefahr. "Es ist aber nicht sehr genau." Es gehe darum, die Gefahr von Waldbränden kleinräumig zu erkennen.

Anders als früher seien bei den Bränden dieses Jahres auch Gebirgsregionen betroffen gewesen, darunter die Alpen, der Harz und die Sächsische Schweiz. "In solchen Gebieten gibt es bislang kein ausreichendes Monitoring. Da sind wir tatsächlich unvorbereitet."

Forkel ist überzeugt, dass Nord- und Mitteleuropa von Erfahrungen der Mittelmeerländer lernen können - vor allem in praktischen Dingen. Da gehe es weniger um das Anpflanzen von robusteren Baumarten, weil die Ökosysteme zu unterschiedlich sind.

Portugal europaweit Vorbild bei Waldbrandbekämpfung

Entscheidend sei, wie man Brandbekämpfung auf einem höheren Level koordinieren kann. "Portugal ist aus leidvoller Erfahrung heraus ein Vorbild geworden. 2017 starben dort bei Waldbränden mehr als 60 Menschen. Das hat viel im Umgang mit den Bränden geändert", betonte der Forscher. Selbst die Ausbildung von Feuerwehrleuten für die Waldbrandbekämpfung werde dort national organisiert.

"Vom Mittelmeerraum kann man zudem das Konzept des Wildland Urban Interface lernen - die Schnittstelle zwischen Wildnis und Wohnbebauung. Das ist auch ein großes Themen in Australien und den USA", erklärte Forkel. Heute seien Siedlungen oft stark mit dem Wald verwachsen, Gärten und Häuser grenzten häufig direkt an die Natur. Wenn dann ein Waldbrand entstehe, könne er schnell auf Wohngebäude übergreifen. "In Portugal entwickelt man Konzepte, wie das verhindert werden kann - beispielsweise indem der Garten als natürliche Brandschneise dient oder Sprinkleranlagen die Gefahr minimieren."

"Es gibt in Portugal auch Modellstudien, in gefährdeten Dörfern Schutzräume mit Küchen und der Möglichkeit zu medizinischer Versorgung zu etablieren. Im Falle eines Waldbrandes können sich die Bewohner dorthin zurückziehen, weil dieser Raum etwa durch einen Wassergraben geschützt ist." Inzwischen ließen sich in Mittel- und Nordeuropa Parallelen zum Mittelmeerraum ziehen. "Wir müssen uns darauf einstellen. Besser wird es in Zukunft nicht." Technik könne zwar helfen, Waldbrände früher zu erkennen: "Viel wichtiger ist aber, sie gar nicht erst entstehen zu lassen." (dpa)